Der Tod der schwulen Pornostars – was steckt dahinter?

Die schockierenden Schlagzeilen aus der Branche reissen derzeit einfach nicht ab

Cover zum Film «Blue Movie»
Symbolfoto (Bild: Falcon Studios/Archiv Bruno Gmünder Verlag)

Zuletzt machten Todesmeldungen von Stars aus der Welt des Schwulenpornos in immer engerer Taktung Schlagzeilen. Man konnte den Eindruck bekommen, unsere viel bewunderten Sexgötter sterben aktuell im Wochenrhythmus. Eine Annäherung mit Insider-O-Tönen.

Das letzte Mal, dass es solch eine gehäufte Zahl von Nachrufen auf Pornostars gab, war vermutlich in den 1980er- und 90er-Jahren, als die Aidskrise viele prominente Darsteller von uns nahm. Damals erschienen Meldungen über J. W. King (bekannt aus Filmen wie «Brothers Should Do It»), zu «Boys in the Sand»-Star Casey Donovan, zu Lance, Al Parker, Tim Kramer oder Chris Williams in US-Publikationen wie The Advocate.

Ausserhalb eines sehr kleinen Leser*innenkreises wurde davon kaum Notiz genommen. Viele wollten in jenen Aidstagen auch gar nichts davon wissen – weil solche Nachrichten nur eine Erinnerung an die Gefahr rund um HIV waren und Porno eine Art Eskapismus darstellte, wo man genau daran nicht denken wollte, also an den omnipräsenten Tod.

Das blonde Dream-Team Leo (r.) und Lance in dem William-Higgins-Film «Leo and Lance», 1983 (Foto: Laguna Pacific/Catalina, aus dem Buch «Porn: From Andy Warhol to X-Tube»)
Das blonde Dream-Team Leo und Lance (l.) in dem William-Higgins-Film «Leo and Lance», 1983 (Bild: Laguna Pacific/Catalina, aus dem Buch «Porn: From Andy Warhol to X-Tube»)

Zeitalter des Internets und sozialer Medien

Seither ist viel Zeit vergangen. Und die Pornowelt mit ihrem einstigen Studiosystem hat sich fundamental verändert. Einst kontrollierten die Chefs von Studios wie Catalina oder Falcon, welche Meldungen (inklusive Todesmeldungen) an einschlägige Presseorgane weitergegeben wurden. Heute – im Zeitalter des Internets und von sozialen Medien – interagieren Pornodarsteller*innen sehr unmittelbar mit Fans, posten zu allen möglichen Themen von Politik über Entertainment bis zu ihren Restaurants.

Dadurch scheinen sie näher, sind nicht mehr entrückte Superstars in unerreichbarer Ferne. Und Neuigkeiten über sie können schneller als je zuvor die Runde machen. Das heisst, wir bekommen heute viel mehr mit über Details aus der Pornowelt.

Solche Details, die entweder von Einzelpersonen gepostet werden oder auf Branchen-Portalen auf X geteilt werden und dann von LGBTIQ-Nachrichten-Outlets mit „Klatsch“-Fokus wie Queerty oder Edge Media Network rasend schnell Verbreitung finden, indem die hundertfach kopiert werden, sorgten zuletzt für immer neue Schocks: Tim Kruger bei einem Unfall im Haushalt überraschend gestorben («keine Drogen im Spiel»), Colton Ford beim Wandern in Kalifornien tödlich verunglückt, Koby Falks verstorben, Hastag #MentalHealth, Roman Mercury «unerwartet» tot, «Todesursache nicht bekannt». Die Liste könnte endlos weitergehen.

Der junge Colton Ford, als seine Pornokarriere startete
Der junge Colton Ford, als seine Pornokarriere startete (Bild: Falcon Studios/Archiv Bruno Gmünder Verlag)

Zwischen den Zeilen

In vielen Fällen machte dabei zwar die Todesmeldung schnell die Runde, aber es fehlten jegliche Hintergrundinformationen. Man musste oft genau zwischen den Zeilen lesen, auch bei den Posts von Freund*innen und Kolleg*innen der Pornostars, um zu erahnen, was passiert sein könnte. Depressionen? Drogen? Pillen wie Viagra kombiniert mit Poppers (MANNSCHAFT berichtete)? Schädliche Ernährungszusätze bzw. Muskelaufbaustoffe? Alkohol?

Ist diesbezüglich die Lage heute bei omnipräsentem Chemsex in der queeren Szene anders als früher – und lassen sich dadurch die vielen Todesfälle in den Nachrichten erklären? In einer Reportage über «sexualisierten Substanzkonsum» schrieb Sören Kittel kürzlich: «Im Jahr 2023 gab es in Berlin einen Rekord: 271 Menschen waren an Drogenkonsum gestorben, doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor, die meisten davon Männer» (MANNSCHAFT berichtete).

Viele der Konsument*innen wollten ihr Sexerlebnis «optimieren», heisst es. Sie nahmen demnach Drogen aufgrund von «Leistungsdruck, Selbstoptimierung, Eskapismus oder Eskalation», alles Dinge, von denen Pornodarsteller*innen in ihrem Berufsalltag nonstop betroffen sind.

Der bekannte Pornoregisseur Lucas Kazan erinnert im Gespräch mit MANNSCHAFT an jemanden wie Christian Fox, der sich mit 22 Jahren das Leben nahm, weil er das Gefühl hatte, seine Karriere sei vorbei, weil neue Gesichter (und Schwänze) nachgerückt waren. Er glaubte, seine «besten Tage» lägen hinter ihm, bevor sie so echt begonnen hatten.

Regisseur und Opernfan Lucas Kazan bei den Dreharbeiten zu «School For Lovers», seiner Porno-Adaption von Mozarts «Così fan tutte» (Foto: lucaskazan.com)
Regisseur Lucas Kazan (r.) bei Dreharbeiten

Cycles of Porn

Eine Regisseurin wie Mr. Pam erzählte mir vor Jahren für mein Buch «Porn: From Any Warhol to X-Tube», dass sie solche Kreisläufe immer wieder beobachte: junge, fantastisch aussehende Männer werden mit einem Schlag berühmt, geniessen einen flüchtigen Moment des Ruhms als neue It-Boys der Branche und werden dann genauso schnell beiseitegeschoben, als «alt» und «verbraucht» gebrandmarkt. Viele nehmen das sehr persönlich und können nicht verstehen, warum sie plötzlich nicht mehr begehrt werden. Sie glauben, es habe etwas mit ihrem Körper zu tun – und fangen an, wie verrückt Muskeln aufzubauen, mit allen (schädlichen) Mitteln, die ihnen zu Verfügung stehen. Trotzdem können sie auf Dauer die «Cycles of Porn» (wie Jochen Hick seine Doku zum Thema einst nannte) nicht aufhalten. Im Idealfall finden sie ihren Weg zurück in einen Alltag jenseits von Porno – oder sie zerbrechen.

Das Buch «Porn: From Warhol to X-Tube» von Kevin Clarke
Das Buch «Porn: From Warhol to X-Tube» von Kevin Clarke (Bild: Bruno Gmünder Verlag / Salzgeber)

Kazan weist darauf hin, dass es solche Fälle auch im Heteroporno gibt – und gab. Er erinnert an Superstar Savannah, die 1994 Selbstmord beging, nachdem ein Autounfall sie verletzt zurückgelassen hatte. Ihr Suizid sei damals zusammen mit den Selbstmorden von Shauna Grant und Megan Leigh einer der schlagzeilenmachensten der Ära gewesen.

Der deutsche Pornodarsteller Florian Klein, bekannt als «Hans Berlin», ist einer der wenigen, der u.a. auf Facebook öffentlich über seine depressiven Phasen informierte und Follower*innen die Chance gab, an seinem Kampf mit Depressionen teilzunehmen bzw. ihm soweit wie möglich auch zu helfen.

MANNSCHAFT-Autor Kevin Clarke (r.) mit Florian Klein beim Interviews in Los Angeles (Foto: Privat)
Florian Klein (l.) mit MANNSCHAFT-Autor Kevin Clarke (nach 18 Stunden Flug) beim Kaffee in Los Angeles

Wie ein Stück Fleisch behandelt

Aber wollen Fans das wirklich wissen, könnte man fragen? Interessiert die Mehrzahl von Follower*innen, wie es Sexfluencer*innen geht, jenseits von Sex? Ein erfolgreicher Star wie Charlie Cherry erzählte mir kürzlich im MANNSCHAFT-Interview, dass er täglich tausende von Nachrichten bekomme, die meisten davon jedoch keine echten Messages, sondern Kommentare wie «Ich will von dir gefickt werden», «Dein Riesenschwanz ist so geil – steck ihn in mich rein» usw. usf. In sozialen Medien werde er von der übergrossen Zahl seiner «Fans» wie ein Stück Fleisch behandelt. Damit umzugehen – als Teil seines Berufsalltags – musste er erst lernen. Er sagt, das sei schwer gewesen. Und täglich eine neue Herausforderung. Besonders wenn ihn solche Kommentare in seinen Alltag verfolgten, also sein Privatleben.

Charlie Cherry, wie man ihn aus vielen seiner Filme kennt
Charlie Cherry, wie man ihn aus vielen seiner Filme kennt (Bild: Charliecherry.com)

Andere berichten immer wieder davon, wie schwierig es für Pornodarsteller*innen und Onlyfans-Persönlichkeiten ist, einen Lebenspartner bzw. eine Lebenspartnerin zu finden, die mit der speziellen Lebensrealität von Sexarbeitenden umgehen können ohne eifersüchtig zu werden. Florian Klein hat öfters davon erzählt, dass es nicht nur die Partner*innen selbst sind, sondern auch deren Familien und Kolleg*innen, die nicht unbedingt unterstützend reagieren, wenn rauskommt, dass jemand mit einem Pornodarsteller liiert ist. Etliche von Kleins Beziehungen sind daran zerbrochen (MANNSCHAFT berichtete).

Gay for Pay

Auch Charlie Cherry berichtet, dass er heute mit seiner Mutter und seinem Kind zusammenlebe, ohne Partner*in, weil die Eifersuchtsszenen ihm irgendwann zu viel wurden. Aber nicht jeder hat eine derart unterstützende Familie, um Halt zu finden.

Pornodarsteller Andy Lee (Mitte) mit seinen Kollegen Dean C Brne (l.) und Paul the Plumber in «Only Andy»
Pornodarsteller Andy Lee (Mitte) mit seinen Kollegen Dean C Brne (l.) und Paul the Plumber in «Only Andy» (Bild: Amazon Prime)

Wieder andere, wie die heterosexuellen Männer, die für Andy Lee und sein Studio als supermaskuline «Bauarbeiter» unterwegs sind, erzählen in der Amazon-Prime-Doku «Only Andy», wie viele Hasskommentare sie in «asozialen» Medien aushalten müssen – von Menschen, die es verächtlich finden, was sie als «Gay for Pay»-Darsteller machen. Auch hier ist die Rede davon, dass man eine harte Haut entwickeln müsse, um das auszuhalten und nicht an sich heranzulassen (MANNSCHAFT berichtete).

Ich erinnere mich auch an eine Jubiliäumsfeier von Bel Ami in Prag, wo etliche prominente Gay-for-Pay-Darsteller mit ihren Ehefrauen und Freundinnen als Gäste anwesend waren. Sie wurden von den gleichfalls anwesenden schwulen Fans teils sehr unverschämt und aggresiv angemacht, nach dem Motto «Stell dich nicht so an, du bist doch Pornodarsteller». Es kam dabei zu Schlägereien im Restaurant, weil sich die Stars vor ihren Frauen/Freundinnen kompromittiert fühlten und die stark alkoholisierten Fans einfach nicht aufhörten mit ihrer Anmache. Das hautnah zu beobachten war damals: verstörend.

Pornosex als Performance

Viele sind in der Branche wegen des schnellen Geldes. Andere suchen Bestätigung, dass sie begehrlich sind. In einer Umfrage von Men’s Health hatten schon vor 20 Jahren die meisten Männer angegeben, ihr Traumjob sei es, Pornodarsteller zu sein – unendlicher Sex mit fantastisch aussehenden Partner*innen, begehrt von allen, die zuschauen.

Aber: Pornosex ist eine Performance, selten handelt es sich um emotional erfüllenden Sex, der irgendetwas mit persönlicher Befreiung und Selbstverwirklichung zu tun hat. (Auch wenn das gern behauptet wird, MANNSCHAFT berichtete.) Viele, die in die Pornowelt einsteigen, bringen «schweres psychologisches Gepäck» mit, sagt Kazan zu MANNSCHAFT.

«Viele, die in die Pornowelt einsteigen, bringen schweres psychologisches Gepäck mit»

Lucas Kazan, Pornoregisseur und Produzent

«Es gibt ein Missverständnis da draussen», so Kazan. «Es wurzelt in den gesellschaftlichen Vorurteilen gegenüber Sexarbeitern. Aber es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Pornografie und erhöhten Todesraten. Stattdessen bringen Menschen ihr Gepäck mit in die Branche – und dieses Gepäck ist oft schwer.»

Pornostar Joey Stefano
1990er-Jahre-Pornoikone Joey Stefano (Bild: Falcon Studios/Archiv Bruno Gmünder Verlag)

Laut Kazan sei aktuell kein besonderer «Trend» zu beobachten in der Häufung von Todesmeldungen. Er erinnert daran, dass schon in den 90ern die Todesfälle von Leuten wie Joey Stefano Schlagzeilen machten, der an einer Überdosis starb, ebenso gab es damals schon viele Suizide und Aidstote in der Branche. Kazan nennt Stefano eine «zerbrochene Seele», die an ihren mentalen Problemen zugrunde ging, nicht am Pornogeschäft. Heute sei es nicht viel anders als damals.

Kazan sagt aber auch, dass heute soziale Medien und Blogs derartige Fälle auf eine Weise sichtbar machen, die im Vor-Internetzeitalter undenkbar gewesen sei.

Mehr Darsteller = mehr Tote?

«Man hört mehr darüber», meint auch Florian Klein zu MANNSCHAFT. Er würde nicht sagen, dass es «krasser» geworden wäre, aber dadurch, dass es durch Onlyfans heute mehr Darsteller*innen gibt, würden wir auch mehr Fälle wahrnehmen, wenn etwas aus dem Ruder läuft.

Florian Klein als Pornostar «Hans Berlin» in einem typischen Glamour-Shot
Florian Klein als Hans Berlin in einem Glam-Shot (Bild: Ed Olen Photography)

Klein selbst hat ein Musical über die schwule Pornoindustrie geschrieben. Titel: «Shooting Star», Musik von Thomas Zaufke. Es feierte 2019 in Los Angeles Premiere und kam nach New York 2024 auch nach London (MANNSCHAFT berichtete). Im Stück kommt ein in die Jahre gekommener Pornostar vor, der schliesslich bei einem Dreh brutal abserviert wird als zu alt und nicht mehr vermarktbar. Da er keine Alternative zu seinem Pornodasein hat, entscheidet er sich in seiner Verzweiflung für den Selbstmord. Weil er mit den sich ständig verändernden Realitäten der Pornobranche nicht mehr klarkommt. Was zu einem bewegenden Moment des Nachdenkens im Musical führt – bis sich auch dort die Welt einfach weiterdreht.

Das «Shooting Star»-Ensemble rund um Taubert Nadalini (Mitte)
Das «Shooting Star»-Ensemble in Los Angeles 2019 (Bild: Ed Krieger)

Stigmatisierung und Sensationslust

Der 1970er-Jahre-Pornostar Casey Donovan hatte einmal in einem Interview gesagt: «Mein Sexleben ist mein Sozialleben ist mein Berufsleben ist mein Sexleben.» Das gilt für Onlyfans-Kreatoren heute genauso. Nicht jeder kann mit dem schnellen Ruhm und der ebenso schnellen Ausgrenzung und Stigmatisierung umgehen, die mit Sexarbeit und Porno immer noch verbunden ist in der heteronormativen Mainstreamgesellschaft.

Casey Donovan als Star des bahnbrechenden Films «Boys in the Sand»
Casey Donovan als Star des bahnbrechenden Films «Boys in the Sand» von 1971 (Bild: Wakepield Poole/Poolemar )

Kazan meint: «Pornostars sind nicht anders als andere Stars – sie müssen immer fürchten, dass jemand jüngeres und heisseres daherkommt. Sie sind wichtig für die Generation, zu der sie sprechen. Aber sie werden auch von der nächsten Generation schnell wieder vergessen.» Natürlich gibt es «Vintage» als Kategorie auf diversen Pornoportalen, wo man heute noch einstige Stars wie Joey Stefano, Colton Ford oder Al Parker sehen kann (oder J. W. King, Casey Donovan, Lance und Chris Williams) sehen kann. Aber für die meisten jungen Queers bedeuten ihre Namen nichts. Und auch die Todesmeldungen von Leuten wie Colton Ford – lange aus dem Geschäft zurückgezogen – bedeuten vielen nichts, ausser dass eine gewisse Sensationslust befriedigt wird.

Bedauerlich daran ist, dass bei aller Sensationsgier selten seriös nachgehakt wird, was hinter den Todesfällen steckt, zum Beispiel, dass Colton Ford nicht einfach «beim Wandern» gestorben ist, sondern bei einer Tour durch den Joshua Tree Park bei Palm Springs. Wer den Park kennt, mit seinen imposanten Felsenformationen, weiss, dass man da sehr leicht stürzen kann. Keines der Nachrichtenportale, das über Koby Falks‘ Tod berichtete, fragte nach, was genau hinter dem Hashtag #mentalhealth für eine Geschichte steckte. Weil es Mühe macht, Angehörige und Kolleg*innen zu erreichen und inzwischen schon die nächste Klick-Bait-Story wartet.

Auch LGBTIQ-Nachrichtenportale müssen sich hier selbstkritisch eingestehen, dass sie keine Ressourcen haben, um echte Recherche zu unternehmen. Nachzuhaken. Detaillierter zu berichten.

Verlorene LGBTIQ-Geschichte

Und Insider wie Lucas Kazan halten sich mit öffentlichen Äusserungen zurück. So dass viel LGBTIQ-Geschichte einfach verloren geht. Bis vielleicht jemand wie Jeffrey Escoffier, Autor von «Bigger Than Life: The History of Gay Porn Cinema from Beefcake to Hardcore» mal wieder ein neues Buch veröffentlicht oder Sammelbände wie «Male Sex Work and Society» auch Kapitel zu Themen wie «mental health» enthalten. (Die Ausgabe von 2014 hat dazu keinen gesonderten Beitrag.)

Das Buch «Bigger Than Life: The History of Gay Porn Cinema from Beefcake to Hardcore» von Jeffrey Escoffier aus dem Jahr 2009
Das Buch «Bigger Than Life» von Jeffrey Escoffier aus dem Jahr 2009 (Bild: Running Press)

So bleibt am Schluss das Paradoxon bestehen, dass «wir» vermeintlich supergesunde, supervirile, superattraktive Männer als Sexgötter im Porno und bei Onlyfans, auf Instagram oder sonst wo bestaunen und schwer verstehen können (oder wollen), dass sie Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl haben könnten, teils unglücklich sind mit ihrer Situation, sich einsam fühlen, trotz all der Fans, in Depressionen verfallen oder aus Leistungsdruck zu Substanzen greifen, die eine Spirale in Gang setzen, an deren Ende dann … eine weitere Todesmeldung steht.

Die übergrosse Mehrzahl der Pornodarstellenden verschwindet jedoch im Nirwana des Vergessens, weil neue Namen nachrücken für neue Konsument*innen. In «Cycles of Porn» besuchte Regisseur Hick vor 20 Jahren einige Ex-Stars nach ihrem Karriereende. Es war faszinierend zu sehen, wie sie sich neu im Leben eingerichtet hatten, teils mit ganz «banalen» Jobs im Supermarkt oder als Friseure, Jobs, die man zuvor mit ihrem Hochglanz-Image nicht unbedingt assoziiert hätte. Aber eine umfangreiche Doku (oder ein Buch) zu diesem Thema gibt es bislang nicht. Eine Ausstellung ebenfalls nicht.

Jochen Hicks zweiteilige Doku «Cycles of Porn»
Jochen Hicks zweiteilige Doku «Cycles of Porn» (Bild: Galeria Alaska Productions)

Scheinbar geht das Interesse der meisten Pornokonsument*innen dann doch nicht weit genug. Weil Pornostars für sie letztlich ein Stück Fleisch bleiben, zu dem sie keine Hintergründe interessieren, solange die Sexszenen «geil» aussehen. Oder ist das eine unfaire Fehlinterpretation?

Die Plattform Pornhub hat ihre Datenstatistik «Year in Review» für 2024 veröffentlicht, mit einer Sonderrubrik für «Pornhub Gay»: mit den beliebtesten Stars und Schlagworten (MANNSCHAFT berichtete).

Unterstütze LGBTIQ-Journalismus

Unsere Inhalte sind für dich gemacht, aber wir sind auf deinen Support angewiesen. Mit einem Abo erhältst du Zugang zu allen Artikeln – und hilfst uns dabei, weiterhin unabhängige Berichterstattung zu liefern. Werde jetzt Teil der MANNSCHAFT!

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare