«Mutiger und kämpferischer» soll der Berliner CSD werden
Unter dem Motto «Nie wieder still» ziehen 80 Trucks am 26 Juni durch die Hauptstadt
Mit einer lauten und schrillen Demonstration zum Christopher Street Day (CSD) in Berlin will sich die queere Gemeinschaft gegen zunehmende Anfeindungen und politischen Gegenwind zur Wehr setzen.
Unter dem Motto «Nie wieder still» ziehen am 26. Juli 80 Trucks sowie 100 unterschiedliche Gruppen durch die Stadt, um für Vielfalt, Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten zu demonstrieren – und um gemeinsam zu feiern. Hunderttausende Zuschauer werden entlang der Strecke erwartet, wie die Veranstalter*innen mitteilten.
Der CSD in Berlin werde kämpferischer und mutiger sein als in den Jahren zuvor: «Wir werden bunt und lautstark auf der Strasse sein und ein klares Zeichen setzen», sagte Marcel Voges vom Vorstand des Berliner CSD. Das sei in diesem Jahr besonders wichtig, denn in den letzten Wochen habe es regelmässig organisierte Aktionen gegen die queere Community gegeben, und es herrsche eine enorme Unsicherheit. Auch von politischer Seite lasse die Unterstützung nach, beklagte Voges.
Die Strecke der Parade führt wie in den Vorjahren vom Leipziger Platz in Mitte über den Potsdamer Platz nach Schöneberg und von dort zur Strasse des 17. Juni und zum Brandenburger Tor. Am Ende der Strecke im Tiergarten findet eine grosse Abschlusskundgebung statt.
Auf der Auftaktkundgebung in Mitte reden Politiker wie die Bundestagsvizepräsidenten Josephine Ortleb (SPD) und Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen). Zur grossen Abschlusskundgebung nahe dem Bundestag ist auf sechs Bühnen ein bunter Mix aus Live-Musik und politischen Statements geplant.
Für Sicherheit sollen die Polizei mit einem grösseren Einsatz und etwa 1000 zusätzliche Kräfte privater Unternehmen sorgen. Hinzu kommen unter anderem 280 Ärzt*innen und Sanitäter*innen. Finanziell ist der Berliner CSD, der auf Sponsoren und Spenden angewiesen ist, nicht auf Rosen gebettet. Zuletzt hätten sich – wohl wegen der politischen Lage unter dem neuen Präsidenten Donald Trump und der Angst vor Konsequenzen – gerade einige US-Sponsoren zurückgezogen, so die Veranstalter*innen.
Sie machten deutlich, dass es beim CSD darum gehe, ausgelassen zu feiern und gemeinsam Spass zu haben. Das politische Motto «Nie wieder still» werde aber in dem Trubel überall und sehr laut vorgebracht. «Wir wollen uns unseren Platz, den wir in Jahrzehnten erstritten haben, nicht wieder streitig machen lassen», unterstrich Voges. Es gelte, Menschenrechte, Demokratie und das Grundgesetz zu verteidigen.
«Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt»
Friedrich Merz über die Regenbogenfahne am Reichstag
In der jüngsten Vergangenheit hatten in Deutschland mehrfach Rechtsextreme gegen CSD-Veranstaltungen mobil gemacht. Kürzlich hatte zudem eine Aussage von Kanzler Friedrich Merz (CDU) zum Hissen der Regenbogenfahne – ein Symbol der queeren Community – auf dem Bundestag Kritik ausgelöst.
«Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt» hatte er in der ARD gesagt und damit die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) verteidigt, während des CSD in Berlin nicht die Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude zu hissen. Klöckner hatte entschieden, die Regenbogenfahne aus Neutralitätsgründen nur noch zum Internationalen Tag gegen Homophobie (17. Mai) auf dem Bundestag hissen zu lassen.
Merz und Klöckner zogen viel Kritik auf sich. In einer Online-Petition fordern mehr als 230'000 Unterzeichner*innen, dass zum Christopher Street Day in Berlin doch die Regenbogenfahne am Bundestag wehen soll. Das Berliner CSD-Team erklärte zur Flaggenfrage: «Es trifft uns in dieser Zeit sehr stark, wenn uns die Solidarität entzogen wird.»
Berlins Queerbeauftragter Alfonso Pantisano postete bei Facebook, die Regenbogenflagge sei ein Zeichen, dass der Staat seine Schutzpflicht ernst nehme. «Wenn queere Menschen strukturell gefährdet sind, dann ist es nicht neutral, sich wegzudrehen – es ist fahrlässig.»
Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, meint, dass LGBTIQ anderen ihre Identität «aufdrängen» wollten und «aggressive Forderungen nach permanenter Sichtbarkeit» stellten. Die Vereinigung Better Police nennt Wendt einen «ewig gestrigen Populisten». Es gibt noch mehr Kritik (MANNSCHAFT berichtete).
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