«Ja, ich will …»: Diese LGBTIQ-Paare haben 2024 geheiratet
In der Antarktis, am Pornoset und im Dolce-Vita-Stil: Es gab dieses Jahr überraschende queere Trauungen
Wenn bekannte Personen aus der Welt der Politik, des Sports oder des Showbusiness sich öffentlich das Ja-Wort geben, dann sorgt das für Schlagzeilen und kreiert Sichtbarkeit – für einen bestimmten Teil queeren Lebens.
#Politik
Um mit der Politik anzufangen: Die Schlagzeilen müssen nicht immer nur positiv und unterstützend sein. Das erlebte beispielsweise Luke Pollard, Mitglied der neuen britischen Labour-Regierung als Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Nach der Hochzeit im Sommer mit seinem Langzeitpartner Sydney postete er ein Foto von der Zeremonie in Cornwall und bekam neben vielen «Likes» vor allem auch die volle Breitseite von abfälligen Kommentaren ab. Die fokussierten sich vor allem auf den Altersunterscheid, den Social-Media-User*innen als «unpassend» und «anstössig» empfanden, was ihnen als Rechtfertigung für homophobe Beleidigungen diente (MANNSCHAFT berichtete).
Das Nachrichtenportal Queerty zitiert jedoch einen X-User, der meinte, der Altersunterschied scheine niemanden zu stören bei Donald Trump und seiner Ehefrau Melania, wieso also hier solch ein Drama daraus machen? «Wen interessiert das Alter? Und warum?»
Ebenfalls im Sommer heiratete in Deutschland Ricarda Lang ihren Partner Florian Wilsch. Beide gaben sich in Berlin das Ja-Wort. Die bisexuelle damalige Grünen-Chefin und der Mathematiker und ehemalige Sprecher der Grünen Jugend Bayern feierten laut Bild-Zeitung «umgeben von Freunden, Familie und Kollegen».
Lang muss sich vor allem wegen ihrer Körperformen immer wieder beleidigende Kommentare anhören, die zeigen, dass Bodyshaming auch in der LGBTIQ-Community ein grosses Thema ist – wo ausserdem von vielen Bisexualität nicht ernst genommen wird (MANNSCHAFT berichtete).
In München wiederum gab der OB-Vize Dominik Krause (Grüne) seinem Lebensgefährten Sebastian Müller das Ja-Wort – nachdem beide bereits seit 16 Jahren ein Paar waren. In der Zeit hätten sie schon ein einige Male übers Heiraten gesprochen, sagte der 33-jährige Krause, unter anderem als der Bundestag 2017 die «Ehe für alle» beschlossen hatte. Doch damals hätten sie beide noch studiert und es noch als zu früh empfunden. «Jetzt fühlen wir uns so gesettelt, dass wir es amtlich und offiziell machen wollen», sagte Krause, der im Oktober 2023 als erster offen schwul lebender Mann in München Zweiter Bürgermeister geworden war.
Auch Sven Lehmann von den Grünen gab 2024 seinem Langzeitpartner Arndt Klocke das Ja-Wort im engsten Familien- und Freundeskreis in Berlin. Beide erklären in einer öffentlichen Mitteilung: «Seit 20 Jahren sagen wir jeden Tag Ja zueinander. Nun auch auf dem Standesamt. Wir freuen uns auf die gemeinsame Zukunft!»
Klocke ist direkt gewähltes Mitglied des Landtags NRW. Er war Partei- und Fraktionsvorsitzender in NRW und ist seit 1991 Mitglied der Grünen. Lehmann ist direkt gewähltes Mitglied des Bundestags. Er war Queer-Beauftragter der Bundesregierung (MANNSCHAFT berichtete) und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfamilienministerium.
#Sport
Im Sport schaffte es die Trauung des Vorstandsvorsitzenden des VfB Stuttgart in die Nachrichten, als Alexander Wehrle seinem langjährigen Freund Thomas Kugler in Konstanz am Bodensee das Ja-Wort gab. Angesichts der anhaltenden Diskussion(en) um Homosexualität im Profi-Fussball und nach dem ausgebliebenen Gruppen-Coming-out von Spielern (MANNSCHAFT berichtete), setze Wehrle damit indirekt ein gewichtiges Zeichen, was selbstverständlich und offenen gelebte Homosexualität in diesem Umfeld angeht.
Steffi Jones, die deutsche Ex-Fussballnationalspielerin, gab ihrer Ehefrau Nicole anlässlich des zehnten Hochzeitstages erneut das Ja-Wort, bei einer kirchlichen Trauung. Wie die Zeitschrift Bunte berichtete, fand die Trauung am 7. Juni auf Sylt statt. Anschliessend wanderte das Ehepaar mit seinen Gästen zum Wattenmeer, wo es die Korken knallen liess. «Unseren Champagnerempfang gab es mit Füssen im Wasser oder im Sand. Es war herrlich romantisch», verriet Jones, die bis zum Jahr 2007 in der Fussballnationalmannschaft der Frauen und Frauen-Bundesliga spielte.
Bei den Paralympischen Spielen in Paris hat es derweil im Sommer einen überraschenden Hochzeitsantrag gegeben: Die lesbische Triathletin Brenda Osnaya Alvarez aus Mexiko hat ihrer Partnerin Jessie González einen Heiratsantrag gemacht, nachdem sie die Ziellinie überquert hatte. Nachdem sie den Frauen-Triathlos für Rollstuhlfahrerinnen absolviert hatte, hielt die queere Athletin ein Schild auf Spanisch hoch, auf dem stand: «¿Te quieres casar conmigo?» – also «Willst du mich heiraten?». González schrieb in einem eigenen Social-Media-Posting: «Ich bin stolz, deine Trainerin zu sein. Ich fühle mich geehrt, Teil deines interdisziplinären Teams zu sein. Und ich bin stolz darauf, deine zukünftige Ehefrau zu sein!»
Der Olympionike und bisexuelle Feldhockeyspieler Nico Keenan gab seinerseits in Paris bekannt, dass er sich mit dem niederländischen D66-Politiker Rob Jetten verlobt habe. Auf Instagram zeigten die beiden ihre Verlobungsringe an den Fingern und teilten einen «energischen Kuss» mit ihren Follower*innen. Darunter konnte man lesen: «Soon to be Mr&Mr.» Der Argentinier Keenan ist Teil der argentinischen Nationalmannschaft, spielt sonst aber in den Niederlanden für den Verein HC Klein Zwitserland in Den Haag.
#Polarforschung
Was den ungewöhnlichsten Ort für eine Hochzeit angeht, so verblüfften die Briten Stephen Carpenter und Eric Bourne als erstes gleichgeschlechtliches Paar, das sich in der Antarktis das Ja-Wort gab. Kapitän Will Whatley vermählte die beiden Stewards an Bord des Forschungsschiffs «RRS Sir David Attenborough». Das Paar hatte sich an Bord eines anderen Schiffs kennengelernt.
«Wir sind seit 20 Jahren liiert, und der gemeinsame Aufenthalt in der Antarktis fühlte sich für uns wie der perfekte Ort an, um endlich den Bund fürs Leben zu schliessen», sagte Carpenter. «Beide liesse sich die Koordinaten des Hochzeitsortes in ihre Ringe eingravieren. Carpenter trug bei der Vermählung einen Schottenrock, Bourne kam im Anzug. Eine Schlagzeile lautete: «Ihr grosser Tag markiert einen historischen Schritt für Diversität und Inklusion in der Polarforschung» (MANNSCHAFT berichtete).
#Fernsehen
In den USA gab es ein riesiges Medienecho, also der langjährige CNN-Ancor Don Lemon («The Don Lemon Show») seinem Partner Tim Malone in New York City das Ja-Wort gab. Die Trauung in der Fifth Avenue Presbyterian Church wurde von Linda Thomas-Greenfield durchgeführt, der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen.
Beide waren seit fünf Jahren verlobt und sagten, dass ihnen eine «grosse, traditionelle Hochzeit» wichtig sei. Malone komme aus einer irisch-katholischen Familie, Lemon sei Baptist. Sie hätten beide eine «religiöse Zeremonie» gewollt, hiess es.
#Königshaus
Malerisch war es bei der Hochzeit der ältesten Tochter des norwegischen Königspaares, die ihrem bisexuellen Verlobten aus den USA das Ja-Wort am Geirangerfjord gab. Prinzessin Märtha Louise und Durek Verrett wurden von Pfarrerin Margit Lovise Holte getraut, einer langjährigen Freundin von Märtha Louise. Verrett ist nach eigenen Angaben Schamane in sechster Familiengeneration, auf spirituelle Weise will er Menschen zu ihrer wahren Stärke verhelfen.
Unter den rund 350 eingeladenen Hochzeitsgästen waren verschiedene Royals, u.a. die schwedische Thronfolgerin Kronprinzessin Victoria mit ihrem Mann Prinz Daniel sowie ihr Bruder Prinz Carl Philip und seine Frau Prinzessin Sofia (MANNSCHAFT berichtete).
#Showbusiness
Man könnte Bill Kaulitz (wohlwollend) als so etwas wie einen deutschen Showbusiness-Royal nennen, der dieses Jahr mit seiner Beziehung zum Model Marc Eggers wiederholt für Aufregung in den Boulevardmedien gesorgt hatte. Aber kaum war die Beziehung der beiden offiziell bestätigt, war sie – allem Anschein nach – auch schon wieder vorbei, noch lange bevor es zu Eheschliessungen oder ähnlichem kommen konnte. Kaulitz entfolgte Eggers auf sozialen Medien. Und – das war’s dann vorerst.
Anders als Kaulitz hat der Entertainer Riccardo Simonetti die Identität seiner Partners Steven immer geschützt. Er verkündete dennoch im Sommer – neun Monate nachdem er die Verlobung bekannt gegeben hatte – dass er «den wunderbarsten Mann» geheiratet habe. Und zwar in Palma, der mallorquinischen Insel-Hauptstadt.
«Was für ein surreales Gefühl», schrieb Simonetti auf Instagram. Schliesslich habe er immer gedacht, er würde ein Leben lang allein bleiben. Und weiter: «Steven, du bist ein Geschenk für jeden Raum, den du betrittst, sorgst dafür, dass sich jede einzelne Person in dich verliebt, die dich kennenlernt, und du hast mich als deinen Ehemann ausgewählt? Was für ein Privileg!»
Auf dem Post – mit Fotos, die fürs Magazin Vogue entstanden – konnte man erstmals auch das Gesicht von Steven sehen.
Den grössten Teil seines Lebens habe Simonetti gedacht, dass eine Ehe keine Option für ihn sei, «weil ich nicht mit vielen schwulen Paaren in meiner Umgebung aufgewachsen bin», sagte er. Das habe sich geändert, als er Steven getroffen und schliesslich erkannt habe, dass bedingungslose Liebe existiere und Menschen wie sie diese genauso verdienten wie alle anderen auch.
Die australische Schauspielerin Rebel Wilson hat ihre Partnerin Ramona Agruma in Porto Cervo auf Sardinien geheiratet und anschliessend Bilder ihrer «Dolce Vita»-Hochzeit (wie Vogue meint) auf Instagram gepostet – von den beiden Bräuten in weiss. Beide sind seit 2022 offiziell ein Paar (MANNSCHAFT berichtete).
Etwas unerwarteter kam die Liebeserklärung des Dirigenten Justus Frantz, der sein Privatleben ebenso wie seine sexuelle Orientierung lange vor der Öffentlichkeit geheim hielt und sich erst kürzlich in seiner Autobiografie zu Beziehungen mit Männern bekannte (MANNSCHAFT berichtete). Der inzwischen 80-jährige Musiker erklärte gegenüber der Bunten, dass er sich verliebt habe in seinen 53 Jahre jüngeren Manager Sebastian Kunzler.
Aber: Eine Heirat käme für ihn nicht in Betracht. Denn: «Eine Ehe würde die gute Arbeitsbeziehung zwischen uns sicherlich beeinträchtigen. Da sind wir uns einig.» Ähnlich wie im Fall des britischen Labour-Politikers gab es auch hier viele negative und abfällige Kommentare zum Altersunterschied des Paares, das viele in der LGBTIQ-Community meinten, negativ bewerten zu müssen, u.a. auf der Facebook-Seite von MANNSCHAFT. Leider.
Eigentlich war auch der britische Schauspieler Rupert Everett ein erklärter Gegner der Ehe, heiratete dann dennoch im Sommer – heimlich! – seinen Partner Henrique, einen Buchhalter aus Brasilien. Das Paar soll sich nach Medienberichten in der Camden Town Hall in Nord-London das Ja-Wort gegeben haben (MANNSCHAFT berichtete).
Everett war seit 15 Jahren mit seinem Partner liiert und hatte immer wieder betont, dass er nichts vom Bund der Ehe halte. «Ich habe Hochzeiten immer gehasst, obwohl ich Beerdigungen liebe. Aber wenn man älter wird … Ich habe so viele Probleme gesehen, mit denen homosexuelle Paare konfrontiert sind», erklärte Everett. «Und ich weiss ja nicht, wie lange ich noch durchhalte. Ich bin ein grosser Mann und bin noch nie einem 95-jährigen, 1,80 Meter grossen Menschen begegnet. Also, man weiss einfach nie, was passieren wird.»
Derweil räumte er mit den Vorwürfen auf, dass er ein Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe sei: «Es wird immer behauptet, dass ich gegen die Ehe für alle bin, aber das bin ich eigentlich gar nicht. Ich bin nicht gegen irgendeine Art von Ehe, ich glaube nur nicht, dass es der beste Weg ist, um eine Beziehung zu führen», so Everett.
Auch der Schauspieler Ben Platt (u.a. bekannt aus der Netflix-Serie «The Politician») heiratete - ganz und gar nicht heimlich! - seinen Partner Noah Galvin, ebenfalls Schauspieler und Musicaldarsteller. «Mission accomplished» posteten sie nach der aufwändig gestaltete Zeremonie nach jüdischem Brauch in Brooklyn. Höhepunkt ihrer Feier war, als alle Gäste anfingen, gemeinsam Musicaltitel zu singen.
Galvin ergatterte seine erste Hauptrolle in der Coming-out-Serie «The Real O’Neals» (2016/2017), in der es darum ging, sich gegen irisch-christliche Fundamentalist*innen durchzusetzen. Später übernahm Galvin die Rolle des Dr. Asher Wolke in der Krankenhausserie «The Good Doctor». Platt ist auch aus Filmen wie «Dear Evan Hansen» (2021) bekannt. Zuletzt war er am Broadway zu sehen in dem Musical «Parade» von Jason Robert Brown, über die Ausgrenzung (und Tötung) eines jüdischen Mannes in den US-Südstaaten 1913, als Folge eines fragwürdigen Gerichtsverfahrens. Davon ist kürzlich ein neues Cast-Album erschienen.
#Porno
Und zum Schluss: Der bekannte deutsche Pornodarsteller Florian Klein aka Hans Berlin hatte dieses Jahr wiederholt auf Facebook verkündet, endlich die grosse Liebe mit dem App-Entwickler Jordan R. gefunden zu haben. Nachdem beide ihr Glück über viele Monate öffentlich zelebriert hatten, kam es im November dann zur plötzlichen Trennung – während Klein in London sein autobiografisches Musical «Shooting Star» auf die Bühne brauchte, über die Beziehung von zwei schwulen Pornostars, die am Ende den Bund der Ehe eingehen.
Zumindest in der Musicalversion seines Lebens konnte Klein ein entsprechendes Happy End – mit Musik von Thomas Zaufke – erleben, die Produktion im London (bei der Jordan R. einer der Produzenten ist) wurde vom Publikum begeistert gefeiert, besonders das Ja-Wort-Finale.
Laut Grindr-Statistik war Henry Cavill für Nutzer*innen der Dating-App 2023 der «Hottest Man of the Year» (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Premier League
Regenbogenbinde verweigert: Ipswich Town verteidigt Sam Morsy
Ipswich-Town-Kapitän Sam Morsy lehnt aus religiösen Gründen das Tragen der Regenbogen-Kapitänsbinde ab. Der Verein stellt sich hinter ihn und betont gleichzeitig das Engagement für Inklusion und Unterstützung der LGBTIQ-Community.
Von Newsdesk Staff
News
Sport
People
Fast blind: Elton John kann die eigene Show nicht sehen
Auf einem Auge fehle ihm die Sehkraft, hatte Sir Elton vor Kurzem gesagt. Neue Aussagen deuten nicht auf eine Verbesserung hin.
Von Newsdesk/©DPA
Bühne
Kultur
Unterhaltung
«Glücklicher als je zuvor»: Die Coming-outs 2024
Zum Ende des Jahres schauen wir noch einmal zurück und feiern die vielen nationalen wie internationalen Coming-outs der Promis aus den Bereichen Sport, Politik und Kultur.
Von Carolin Paul
Politik
Sport
Kultur
People
Coming-out