Steffi Jones: Expertenrat des DFB hätte mehr Vielfalt vertragen
Die lesbische Ex-Weltmeistein hat eine klare Meinung zu aktuellen Entwicklungen beim DFB
Groll gegen den DFB hegt Steffi Jones nicht, sagt sie. Mit 50 ist die Ex-Weltmeisterin längst weit weg vom Verband angekommen.
Ulrike John, dpa
Mitten in ihren 50. Geburtstag an diesem Donnerstag fällt ein Umzug mit ihrer Ehefrau Nicole. Als wäre das Leben von Steffi Jones in Gelsenkirchen nicht turbulent genug mit sieben Hunden und der gemeinsamen Softwarefirma, als Vortragsrednerin ist sie auch unterwegs. Den Fussball verfolgt die frühere Bundestrainerin und Weltmeisterin natürlich noch, auch wenn sie längst raus ist aus verantwortungsvollen Positionen beim DFB. «Es war eine lehrreiche Zeit, sie hat mich wesentlich weitergebracht. Sie ist abgehakt.» Und dennoch hat sie klare Meinungen zu aktuellen Entwicklungen beim Deutschen Fussball-Bund.
Da hätte man viel mehr Vielfalt hineinbringen können!
So findet Jones den Expertenrat des DFB nach der WM-Blamage der deutschen Fussballer zu einseitig aufgestellt. «Ich habe nichts gegen die Herren, die da drin sitzen. Aber da hätte man viel mehr Vielfalt hineinbringen können, zum Beispiel durch jemand Internationales», sagte die gebürtige Frankfurterin und 111-malige Nationalspielerin der Deutschen Presse-Agentur. «Man braucht vielleicht auch mal den Aussenblick von einer anderen Sportart.»
Das Gremium wurde nach dem WM-Vorrunden-Aus in Katar mit der Neuausrichtung der Männer-Nationalmannschaft betraut. Die Expertengruppe wird von DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Vizepräsident Hans-Joachim Watzke geleitet, Mitglieder sind Karl-Heinz Rummenigge, Rudi Völler, Oliver Kahn, Matthias Sammer und Oliver Mintzlaff.
Jones war 2003 Weltmeisterin, dreimal Europameisterin, von 2008 bis 2011 Präsidentin des Organisationskomitees für die Frauen-WM 2011 in Deutschland und danach Direktorin beim DFB. Als Bundestrainerin und Vorgängerin von Martina Voss-Tecklenburg blieb die in schwierigen familiären Verhältnissen in Frankfurt-Bonames aufgewachsene Jones glücklos. Sie scheiterte auch an ihrer fehlenden Erfahrung auf der Bank – nach dem 0:3 gegen Frankreich beim SheBelieves-Cup 2018 in den USA und 19 Monaten im Amt. Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff und die Verbandsspitze waren damals «zu der Überzeugung gekommen, dass die Mannschaft eine neue Führung braucht».
Die heutige Bundestrainerin Voss-Tecklenburg, damals Nationalcoach in der Schweiz, hatte es schon vorher geahnt. «Ich würde es Steffi von ganzem Herzen wünschen, dass sie diesen Job gut macht. Dennoch verlangt der DFB in allen Bereichen eine qualifizierte Trainerausbildung, auch im Frauenfussball», sagte sie bei Jones‘ Beförderung in der Ära von DFB-Präsident Reinhard Grindel. «Und nun wird gerade das wichtigste Amt der Bundestrainerin mit jemandem besetzt, der auf dieser Position keine praktische Tätigkeit als Trainer ausgeübt hat.»
Heute freut sich Jones über den Aufschwung des Frauenfussballs und Erfolge wie die der DFB-Frauen bei der EM in England. Groll? «Groll hatte ich nie», sagte sie. «Man kann so mit jemandem umgehen. Man kann sich aber auch vor den Menschen stellen.»
Für Jones hätte übrigens auch eine Frau zum neuen DFB-Expertengremium gehören müssen. Es gebe genügend Kandidatinnen wie Voss-Tecklenburg, die frühere DFB-Trainerin Silvia Neid, DFB-Managerin Doris Fitschen oder Nationaltorhüterin Almuth Schult und Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme. Jones hofft, dass der DFB bis zur Heim-EM 2024 eine Männer-Mannschaft hat, «die Leidenschaft und Identifikation verkörpert. Wenn das klappt, dann bist du Marokko», sagte sie mit Blick auf den so erfolgreichen WM-Aussenseiter aus Afrika bei der WM, «dann wirst du das Turnier auch erfolgreich bestreiten.»
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