Schwule Dating-App als Falle: Mit K.o.-Tropfen betäubt und beklaut

Ein Prozess in Berlin zeigt, welche Langzeit-Folgen ein Überfall haben kann

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Sie sind unsichtbar und können auch tödlich sein: K.o.-Tropfen (Bild: Christian Thiele/dpa)

Immer wieder locken Täter über Dating-Apps wie Romeo oder Grindr queere Männer in die Falle – und rauben sie aus.

Unter dem Vorwand eines Treffens verabreichen sie K.o.-Tropfen. Zurück bleiben oft Opfer, die ein Leben lang unter den Folgen des Überfalls leiden. Vor dem Berliner Landgericht schildert nun ein Betroffener eindrücklich, wie sehr ihn eine solche Tat bis heute belastet.

Vor dem Landgericht hat am Montag der Prozess gegen Hamdi B. begonnen. Der 27-Jährige gestand, mehrere Männer zusammen mit einem Komplizen über die Datingplattform Romeo unter dem Namen «Rosario» in die Falle gelockt zu haben. Sobald sie sich für das Date getroffen hatten, verabreichte Hamdi B. ihnen K.o.-Tropfen, um sie anschliessend die Wohnungen nach Wertgegenständen zu durchsuchen.

Besonders eindrücklich schilderte ein 53-Jähriger als Nebenkläger, wie er den Überfall im September 2023 erlebte. Christian H. (Name geändert) hatte «Rosario» und dessen Begleiter zu sich nach Spandau eingeladen. «Es sollte ein schöner Abend werden, der aber in einem Desaster endete», sagte er vor Gericht. Die beiden Männer brachten Rotwein mit und alle rauchten Joints. Als H. sich plötzlich schlecht fühlte, schob er es zunächst auf den Effekt von Cannabis. Wenig später verlor er das Bewusstsein.

Am nächsten Morgen wachte Christian H. allein auf. Bargeld, Laptops, Schmuck und persönliche Dokumente im Wert von rund 1700 Euro waren verschwunden. Er sei noch immer traumatisiert, sagte er, leide bis heute unter Schlafstörungen und habe Möbel umstellen müssen. Nur so könne er die Erinnerung an die Tatnacht verdrängen.

„Wissen Sie, wie das ist, in seiner eigenen Wohnung überfallen worden zu sein?“

Christian H. zur Richterin

Hamdi B. hat insgesamt vier Taten zugegeben. Laut Anklage erbeutete er gemeinsam mit einem Komplizen Beute im Gesamtwert von 15'740 Euro. In einem weiteren Fall setzten sie Pfefferspray ein, um einem Ingenieur eine Rolex zu entreissen – der 32 Jahre alte Mann konnte sich jedoch wehren und die Uhr zurückholen.

Fälle wie der aktuelle sind kein Einzelfall: Im Dezember 2024 verurteilte das Berliner Landgericht einen 35-jährigen Mann wegen Körperverletzung mit Todesfolge und schweren Raubes: Er hatte ein Online-Date mit einem Geschäftsmann in dessen Westend-Wohnung verabredet, ihm heimlich K.o.-Tropfen ins Getränk geschüttet und ihn ausgeraubt – der Mann starb später an den Folgen der Betäubung (Mannschaft berichtete ausführlich). Diese und ähnliche Vorfälle, etwa in Prag, Wien oder Berlin, zeigen: Die Gefahr durch K.o.-Tropfen bei Dating-Situationen bleibt eine reale Bedrohung

Für Hamdi B. steht viel auf dem Spiel: Bei einem Geständnis hat die Kammer eine Gesamtstrafe zwischen sieben und achteinhalb Jahren in Aussicht gestellt. So lange könnte er seine beiden Kinder nicht sehen. Am nächsten Verhandlungstag soll ein psychiatrisches Gutachten klären, ob der Angeklagte aufgrund seines Drogenkonsums schuldfähig war und ob er in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden sollte – was er selbst ablehnt.

Frisch auf dem Buchmarkt erschienen – eine kurze Geschichte der queeren Kunst: «Umarme die Unschärfe!» (MANNSCHAFT berichtete).

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