Queere Kunst in den USA immer mehr unter politischer Kontrolle
Trump und seine Politik wirken sich auch auf einzelne Ausstellungen aus – und das führt dazu, dass immer weniger queere Kunst gezeigt wird
In den USA mehren sich Berichte, dass queere Kunst in grossen Museen zensiert oder gleich abgesagt wird.
Die prominenteste aktuelle Episode ist der Rückzug der Künstlerin Amy Sherald von ihrer geplanten Ausstellung «American Sublime» in der Smithsonian National Portrait Gallery.
Der Grund: Man wollte ihr Werk «Trans Forming Liberty», eine Darstellung der Freiheitsstatue als trans Person of Color, entweder entfernen oder nur noch als Video zeigen – um politischen Druck zu vermeiden. Sherald protestierte und zog die komplette Ausstellung zurück.
Auch andere Projekte mit queeren Themen bleiben nicht verschont: Das Art Museum of the Americas in Washington kippte Anfang des Jahres eine Gruppenausstellung über karibische queere Aktivist*innen. Das Smithsonian verschob zudem im Frühjahr eine Schau mit queeren afrikanischen Künstlerinnen – offiziell aus Budgetgründen, klar im Zusammenhang stehend mit Trumps Richtlinie zur Entfernung «divisiver Inhalte» aus kulturellen Institutionen.
Nicht nur in den USA beobachten Kurator*innen und Kunstschaffende auch international eine wachsende politische Einflussnahme auf queere Kunst. Besonders in Ländern mit erstarkenden rechten Regierungen – etwa in Ungarn, Italien oder Teilen Osteuropas – werden Ausstellungen zunehmend unter Vorbehalt genehmigt oder im letzten Moment gekippt. Ähnlich wie in den USA lautet die offizielle Begründung oft, man wolle «umstrittene» oder «gesellschaftlich spaltende» Inhalte vermeiden.
Kunsthistoriker*innen weisen darauf hin, dass diese Form der Zensur meist nicht in offenen Verboten daherkommt, sondern als subtile «Kurationskorrektur»: Bilder verschwinden aus Häusern, Wandtexte werden abgeschwächt, Ausstellungstitel umbenannt. Dadurch ist der Eingriff für das Publikum oft weniger sichtbar und transparent – die Wirkung auf die künstlerische Freiheit aber nicht weniger massiv.
So hat kürzlich das Scottsdale Museum of Contemporary Art in Arizona kurzfristige Änderungen an einer Ausstellung von queeren Künstlerinnen vorgenommen: Die Ausstellung, die ursprünglich «transfeminisms» geheißen hätte, wurde in der geänderten Version nun unter dem Namen «There are other skies» gezeigt. Das Wort trans sollte nicht im Titel vorkommen.
Gleichzeitig hat das Thema eine finanzielle Dimension: In den USA stossen queere Kunstschaffende und Museumsleitungen zunehmend auf die Grenzen staatlicher Förder-Kultur. Die meisten Institutionen hängen von öffentlichen Geldern ab und stehen deshalb unter besonderem Druck. Manche Museen reagieren mit vorauseilendem Gehorsam, um ihre Budgets zu sichern – ein Schritt, der die künstlerische Integrität manchmal schon im Schaffungsprozess beeinflusst und untergräbt. Auch deshalb sieht die Künstlerin Amy Sherald ihre Entscheidung, die eigene Ausstellung abzusagen, auch als politische Geste.
Kunsthistoriker Jonathan D. Katz sieht eine gefährliche Kontinuität: Schon der Mapplethorpe-Skandal in den späten 1980er-Jahren war Ausdruck der politischen Auseinandersetzung um queere Sichtbarkeit. Er warnt, dass Queerfeindlichkeit in der Kunst erneut zu einem ideologischen Schlachtfeld wird – und Museen ihren Auftrag aufgeben, wenn sie sich dem politischen Druck beugen.
Doch es gibt auch Gegenbeispiele: In Chicago etwa zeigte die Galerie Wrightwood 659 trotz Widerständen eine Ausstellung über frühe queere Kunst – mit grossem Publikumserfolg. Andere Häuser, wie das Denver Art Museum oder das Met in New York, führen queere Themen sichtbar fort. Das zeigt: Öffentlichkeit und Solidarität können Museen zum Rückgrat im Schutz queerer Kunst machen.
Der Hafen der Ehe wartet mit allerhand Konventionen auf. Lohnt es sich, diese Tradition in der queeren Liebe fortzuführen? Die Hochzeitsplanerin Cora Gäbel weiss Rat (zur MANNSCHAFT-Story).
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