«Neue Stufe der Eskalation» – Vermummte greifen queere Einrichtungen an

HOSI Wien und Villa Vida werden immer häufiger Zielscheibe von Angriffen

HOSI Wien Demo
Demo in Wien (Bild: HOSI Wien)

In Wien gibt es mit der Homosexuellen Initiative (HOSI) und der «Villa Vida» zwei grosse queere Einrichtungen. Diese werden immer öfter zur Zielscheibe von queerfeindlichen Gewalttaten. 

Die HOSI hat als grösste queere Organisation Österreichs mit dem «Gugg» ein eigenes Café und Vereinszentrum im vierten Wiener Stadtbezirk.

Dort finden viele Veranstaltungen für die queere Community statt wie beispielsweise ein queerer Jugendabend. Vor Kurzem liefen drei vermummte Personen auf HOSI-Mitarbeiter*innen, die sich vor dem Zentrum aufgehalten haben, zu. 

«Das ist eine neue Stufe der Eskalation»

Ann-Sophie Otte, Hosi-Obfrau

Die Hosi-Mitarbeiter*innen wurden von dem Vermummten mit Eiern beworfen und auf das Übelste beschimpft. «Das ist eine neue Stufe der Eskalation», sagte HOSI-Obfrau Ann-Sophie Otte im österreichischen Fernsehen ORF.

Früher registrierte die Hosi Wien etwa alle drei Monate queerfeindliche Angriffe. Dabei wurden queere Personen, die vorm HOSI-Zentrum gestanden sind, von Menschen aus einem vorbei fahrenden Auto beleidigt. Mittlerweile passieren solche Attacken viel häufiger. Mit den Vermummten haben die queerfeindlichen Angriffe eine neue Dimension erreicht.

Wöchentliche Angriffe auf «Villa Vida» Besonders heftig sind auch die Attacken auf die «Villa Vida», die sich in einem bekannten queeren Zentrum an der Linken Wienzeile befindet. In dem Gebäude ist auch eine wichtige Beratungsstelle für queere Menschen untergebracht.

Die «Villa Vida» ist ein Restaurant, eine Bar und ein Café für die queere Community mit einem vielfältigen Programm. Dort gibt es beispielsweise einen «Drag Brunch» und ein «T4T Speed Dating»Event.

Wie das HOSI-Zentrum wird auch die «Villa Vida» immer öfter zur Zielscheibe von queerfeindlichen Angriffen. Besonders schlimm war es im November und im Dezember des Vorjahres. Damals wurde die «Villa Vida» wöchentlich angegriffen. Am 20. November kamen zwei Männer zu einer Veranstaltung in das Café und riefen dort lautstark herum. Zwei Tager später stürmten zwei Personen das Café. 

Diesmal waren die Angreifer maskiert. Anschliessend wurden an den Wänden und Türen Aufkleber mit der Inschrift «Rechte Jugend voran» angebracht. Die Inhaberin des Café stellte die maskierten Personen auf dem Gehsteig vor dem Gebäude zur Rede. Sie wurde von den Vermummten rassistisch und queerfeindlich beschimpft.

Am 4. Dezember kamen fünf vermummte Personen in das queere Café und beleidigten die dort anwesenden Menschen lautstark. Am 14. Dezember wurde die Hauswand des Gebäudes beschmiert. Ähnlich wie das «Gugg» ist auch die «Villa Vida» von Weitem als queeres Zentrum sichtbar. Alle queerfeindlichen Angriffe wurden bei der Polizei zur Anzeige gebraucht.

Angriffe von Rechtsextremen Viele dieser Angriffe werden von Rechtsextremen verübt. «In Reaktion auf das selbstbewusstere Auftreten und die erhöhte Sichtbarkeit queerer Menschen, etwa im Rahmen von Pride-Paraden, kommt es nicht nur zu einer generellen Häufung von Übergriffen und Hassrede, sondern auch zu einer Verstärkung entsprechender Agitation von rechtsaussen», heisst es im jüngsten Bericht über den österreichischen Rechtsextremismus. Der Bericht wurde vom Innenministerium und vom Justizministerium in Auftrag gegeben.

Vor kurzem sorgten in Österreich Polizeirazzien gegen ein Hate-Crime-Netzwerk aus dem rechtsextremen Umfeld für Schlagzeilen (MANNSCHAFT berichtete). Bislang gibt es 20 mutmassliche Täter, die unter anderem Schwule in Fallen gelockt, erniedrigt und teils schwer verletzt haben.

«Auch wenn erst ein Bruchteil der sichergestellten Beweismittel ausgewertet wurde, so zeigen Chatverläufe und Videos der Straftaten auf, was die einzelnen und auch ideologisch unterschiedlich veranlagten Tatverdächtigen im gemeinsamen Vorgehen gegen ihre Opfer eint: Der offensichtliche Spass an roher Gewalt», heisst es in einer Mitteilung der Polizei. 

«Gruppendynamiken führen zu einer zunehmend gefährlich werdenden Gewaltspirale, welche bis zum Tod führen kann.»

Mitteilung der Polizei

«Dabei führen Gruppendynamiken der arbeitsteilig agierenden jungen Täter zu einer zunehmend gefährlich werdenden Gewaltspirale, welche bis zum Tod führen kann.» Neben Erniedrigungen unterschiedlicher Art stehen vor allem unterschiedlichste Delikte wie beispielsweise Körperverletzungen, Nötigungen, schwerer Raub bis hin zum Mordversuch im Fokus der Ermittler*innen.

Während sich der Grossteil der bisherigen Tatverdächtigen im Alter zwischen 14 und 26 Jahren laut Angaben der Polizei überwiegend geständig zeigt, ist es auf Seite der Opfer bei den bislang 17 namentlich bekannten Personen geblieben. «Rund ein Drittel von ihnen wurden in Zusammenhang mit ihren zumindest homosexuellen Neigungen deswegen als Opfer auserwählt, weil sie nach Angaben der Tatverdächtigen als vermeintlich ‹leichte Beute› angesehen wurden», heisst es in der Mitteilung der Polizei. Von: Christian Höller

Noah Titus Hasseler hat in seinem Leben gleich mehrere Herausforderungen meistern müssen. Momente, in denen der heute 33-jährige trans Mann alle Kräfte bündelte, um den Kopf über Wasser zu halten. Um nicht unterzugehen (MANNSCHAFT-Story).

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare