«Offener Kulturkampf» gegen Queers – 100 Tage Kanzler Merz

Berlin: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht bei einer Pressekonferenz mit dem Ministerpräsidenten von Tschechien im Kanzleramt. (zu dpa: «Deutschland stoppt Rüstungsexporte nach Israel teilweise»)
Friedrich Merz (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Friedrich Merz ist seit 100 Tagen als Bundeskanzler im Amt. Der LSVD zieht eine Zwischenbilanz und sieht viel Verunsicherung für Queers.

Die Regierung ist an diesem Mittwoch (13. August) seit 100 Tagen im Amt. Einer Umfrage von RTL/ntv zufolge ist nicht einmal jede*r Dritte mit der Arbeit von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zufrieden. Der Kanzler hatte im Pride-Monat Aufsehen erregt, als er den Kampf für LGBTIQ-Rechte mit einem Zirkuszelt verglich (MANNSCHAFT berichtete). Nur 29 Prozent der Deutschen äusserten sich zufrieden, 67 Prozent sind demnach unzufrieden.

Die ersten 100 Tage der neuen Regierung unter Kanzler Merz haben viel Verunsicherung in die queere Community gebracht, meint der LSVD. Noch sei es zu früh, um eine umfassende queerpolitische Bilanz zu ziehen – dennoch gebe es bereits dringenden Handlungsbedarf.

Mit Sorge beobachte man die politische Diskussion um Regenbogenfahnen, um die Teilnahme von Bundestagsmitarbeiter*innen am CSD und Genderverbote (MANNSCHAFT berichtete). «Hier wird inzwischen ein offener Kulturkampf geführt, in dem Teile der Regierung rechtsextreme Narrative rund um einen angeblichen Woke-ism aufgreifen und legitimieren. Die Debatte um gendergerechte Sprache und queere Sichtbarkeit schlägt mediale Wellen, und genau das ist ihr Ziel: Ablenkung von tatsächlichen sozialen und politischen Problemen, die Millionen von Menschen in Deutschland betreffen.»

Die Pläne zur Änderung des Meldewesens anlässlich des Selbstbestimmungsgesetzes werden vom LSVD scharf kritisiert. Trans, inter und nicht-binäre Personen würden bei der geplanten Reform des Bundespolizeigesetzes nur mangelnd berücksichtigt. «Die Beendigung aller humanitären Aufnahmeprogramme betrifft auch queere Menschen aus Afghanistan, die sich auf die Aussagen der letzten Bundesregierung verlassen haben und nach Pakistan ausgereist sind, wo sie nicht bleiben können. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht ihnen Verfolgung und Tod.» Deutschland müsse Wort halten, diese Menschen in jedem Fall aufgenommen werden.

Es gibt aber für den LSVD auch positive Aspekte: Dass es mit Sophie Koch weiterhin eine Queerbeauftragte gibt, begrüsse man sehr. «Wir hoffen, dass es ihr gerade in dieser politisch herausfordernden Zeit gelingt, eine starke Stimme für die Bedürfnisse der Community zu sein.»

«Die Liste der dringenden queerpolitischen Aufgaben ist lang, und die Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, wie ernst sie diese nimmt. Das Familien- und Abstammungsrecht muss reformiert werden, um endlich der Lebensrealität von Regenbogenfamilien gerecht zu werden – zum Wohle der Kinder. Artikel 3 Abs. 3 GG muss um den expliziten Schutz aller queeren Menschen ergänzt werden.» Die steigende queerfeindliche Hasskriminalität müsse bundesweit konsequent erfasst, verfolgt und öffentlich verurteilt werden.

Schliesslich fordert der LSVD «ein Ende der politischen Angriffe auf die queere Community und die Umsetzung dieser jahrzehntealten und teils immer wieder gerichtlich angemahnten Forderungen». Die Regierung Merz müsse Verantwortung auch für queere Menschen übernehmen.

«Gegen Genderwahn» – Der Protest gegen den CSD Bautzen fiel kleiner aus als erwartet (MANNSCHAFT berichtete).

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