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«Reich Gottes aufbauen»: LGBTIQ-Gegnerin für Supreme Court nominiert

Die strenggläubige Katholikin Amy Coney Barrett würde im obersten Gericht der USA eine konservative Mehrheit von 6:3 «entfesseln», die die Geschicke des Landes und der Welt für Jahrzehnte bestimmten könnte

Supreme Court
Amy Coney Barrett bei ihrer Vereidigung als Richterin (Foto: VWEAA / Wikipedia)

Am Samstagabend hat US-Präsident Donald Trump im Rosengarten des Weissen Hauses offiziell seine Kandidatin für den Supreme Court vorgestellt: «Eine Frau von herausragendem Intellekt und mit erstklassigen Referenzen sowie einer unnachgiebigen Loyalität zur Verfassung». Die Rede ist von Amy Coney Barrett: Liebling der Konservativen, von Anti-LGBTIQ-Gruppen und von Abtreibungsgegner*innen. Ein Alptraum für die meisten Queers!

Eine Woche nach dem Tod der liberalen Richter-Ikone Ruth Bader Ginsburg vergeudete Trump keine Zeit, seine Nachfolgekandidatin zu nominieren. Angesichts des immer näher rückenden Wahltermins am 3. November hofft er, seine vielleicht letzte Chance zu nutzen, als Präsident einen dritten Sitz im höchsten Gericht des Landes zu besetzen. (MANNSCHAFT berichtete über Trumps zuvor getroffene Anti-LGBTIQ-Auswahl für den Supreme Court.)

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Sollte Barrett bestätigt werden, gäbe es in dem aus neun Richter*innen bestehenden Supreme Court eine klare konservative Mehrheit von 6:3, was gravierende Auswirkungen für die Zukunft von LGBTIQ-Rechten in den USA hätte, für die sich Ginsberg 25 Jahre lang stark gemacht hatte – mit Signalwirkung für den Rest der westlichen Welt.

«Bei allem nötigen Respekt, fick dich selbst»
Barrett wäre dann die sechste Katholikin im Supreme Court. Diese Religionszugehörigkeit wird in den USA traditionell äusserst kritisch beäugt, weil unterstellt wird, Katholiken würden im Zweifelsfall tun, was der Papst in Rom vorgibt. Der Republikaner Marco Rubio, Senator für den wahltechnisch wichtigen Bundesstaat Florida, twitterte zum Thema, dass die aktuellen Angriffe auf den Katholizismus Barretts durch Liberale demnächst «jede Religion» treffen könnten und dass die Botschaft klar sei: «Wer fürs höchste Richteramt im Land in Frage kommen will, muss seinen/ihren Glauben verstecken oder verleugnen!»


Eine Aussage, die vor allem auch für viele Evangelikale im Land und andere Strenggläubige ein Worst-Case-Szenario darstellt. Gay Icon Bette Middler antwortete Rubio zu diesem Untergangsbild der Religionsfreiheit klipp und klar: «Bei allem nötigen Respekt, Marco, fick dich selbst. Du hast wirklich keine Ahnung, und niemand braucht solche idiotischen Ablenkungsmanöver in diesen schrecklichen Zeiten unserer Geschichte und unseres Lebens. Fange an zu sticken, du Würstchen.»

Die 48-jährige Juristin Barrett ist Mutter von fünf leiblichen Kindern, eines davon mit Trisomie 21, zwei weitere Kinder, die sie adoptierte, sind auf Haiti geboren. Ihr Mann Jesse Barrett ist ebenfalls Jurist. Trump hofft, mit ihr als konservativer Vorzeigemutter vor allem bei weiblichen Wählerinnen zu punkten, die gegen Abtreibung und gegen LGBTIQ-Rechte sind bzw. zu Genderfragen eine «konservative» Einstellung haben und Entwicklungen der letzten Jahre umkehren möchten. (MANNSCHAFT berichtete über den Umgang der Trump-Administration mit trans Menschen und Rechten.)

Ihre religiösen Ansichten waren immer wieder Stein des Anstoßes. In ihrer Zeit als Jura-Professorin an der renommierten katholischen Privatuniversität Notre Dame sagte sie einmal in einer Vorlesung, eine Justiz-Karriere sei immer nur ein «Mittel zum Zweck», das Ziel sei, «das Reich Gottes aufzubauen». Kritiker halten ihr diesen Satz bis heute vor.


Für eine konservative Lesart der Bibel und der Verfassung
Barrett gilt als sogenannte «Originalistin», d.h. sie will die Verfassung genau so interpretieren, wie sie (ihrer Meinung nach) 1787 gemeint war. Barrett wurde 2017 als Richterin zugelassen und geriet damals ins Kreuzfeuer, weil die zwei Jahre zuvor einen Brief der «Ethics & Public Policy Center for Catholic Women» mitunterzeichnet hatte, der sich gegen die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehepartner*innen aussprach. Sie opponierte die Supreme-Court-Entscheidung, die diese Ehegleichstellung fürs ganze Land durchsetzte. Barrett setzt sich auch für eine konservative Lesart der Bibel ein – die sie genau so auf ihre Interpretation der Verfassung anwendet.

Das Thema kam ans Licht bei Anhörungen rund um ihre Ernennung zur Richterin. Damals wetterte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, die den Bundesstaat Kalifornien im Senat vertritt: «Das Dogma lebt laut und deutlich in Ihnen.»

Barrett war zudem die frühere Mitarbeiterin des inzwischen verstorbenen ultrakonservativen Supreme-Court-Richters Antonin Scalia.

Supreme Court
Amy Coney Barrett in offizieller Richterrobe (Foto: Rachel Malehorn / Wikipedia)

Im Vorfeld von Barretts Nominierung sagte Lambda-Sprecher Kevin Jennings: «Man kann nicht oft genug darauf hinweisen um wie viel es hier geht, nicht nur für LGBTIQ-Personen und alle, die mit HIV leben, sondern für unser gesamtes Land.» Denn: «Sollte Richterin Amy Coney Barrett bestätigt werden, würde das eine Supreme-Court-Mehrheit entfesseln, die feindlich eingestellt wäre gegenüber unseren grundsätzlichsten Bürgerrechten, die Folgen werden für Jahrzehnte zu spüren sein.» Jennings verweist darauf, dass Barretts «private Meinung», dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau existiere, verbunden mit ihrer Unwilligkeit, die Entscheidung des Supreme Court diesbezüglich anzuerkennen, «die Alarmglocken bei allen LGBTIQ-Menschen und ihren Familien läuten lassen» sollte.

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Reden vor offiziellen «Hassgruppen»
Lambda verweist ferner darauf, dass Barrett sich als Richterin weigerte, einen Fall anzunehmen, in dem es um «Rassentrennung» bei der Firma AutoZone ging, wo Afro-Amerikaner*innen mutmasslich ausgegrenzt wurden. Hingewiesen wird auch auf ihre Reden vor der sogenannten «Alliance Defending Freedom» (ADF), eine Gruppierung, die von Organisationen wie dem «Southern Poverty Law Center» (SPLC) als «Hassgruppe» gelistet wird. Lambda plädiert dafür, diese Punkte bei Barretts Anhörung im Senat zu problematisieren.

Rein rechnerisch sieht die Lage allerdings so aus: Die Republikaner haben derzeit eine Mehrheit im Senat und sind darauf versessen, so schnell wie möglich eine neue Richter*in im Supreme Court zu installieren. Sie haben signalisiert, dass sie auch knapp 30 Tage vor der Präsidentenwahl für Trumps Kandidatin stimmen werden. Einige republikanische Senator*innen haben sogar schon vor den offiziellen Befragungen zu Barretts Eignung ihre Unterstützung zugesichert.

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Einfache Mehrheit genügt zur Ernennung
Im Senat werden nur 51 Stimmen benötigt, um die Supreme-Court-Kandidatin zu bestätigen, Vizepräsident Mike Pence könnte im Notfall die entscheidende Extrastimme abgeben. Aktuell sitzen im Senat 53 Republikaner*innen, zwei von ihnen haben angekündigt, sich zu enthalten bis die Wahl im November ergeben hat, wer der nächste Präsident wird.

Angesichts solcher Mehrheitsverhältnisse dürfte die Zukunft des Supreme Court besiegelt sein. Und ein entsprechender Triumph der Konservativen würde natürlich Donald Trump bei der Wiederwahl extrem nutzen.


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