USA: Die Unsichtbarmachung der Community hat begonnen

Dafür verantwortlich ist nicht nur die Trump-Regierung, sondern auch eine Kehrtwende grosser Konzerne wie Google

1969 lehnte sich die LGBTIQ-Community im Stonewall Inn in New York gegen Polizeigewalt auf.
Gilt als Geburtsstätte der modernen LGBTIQ-Bewergung: Das Stonewall Inn in New York City. (Bild: Sean Marshall, CC BY-NC 2.0)

Stonewall gedenkt trans Personen nicht mehr, Google entfernt in seinen Kalendern Hinweise zu Aktionsmonaten von Minderheiten. In den USA verschwinden gerade die Spuren von Gruppen, die in der Gesellschaft unterrepräsentiert sind.

Spitzfindigen User*innen ist es sofort aufgefallen: Auf der offiziellen Website des Stonewall-Denkmals in New Yorks steht neu «LGB» statt «LGBTQ+». Im Begleittext wird nur noch von Schwulen, Lesben und Bisexuellen gesprochen – die Erwähnung von trans und queeren Personen wurde gelöscht. Was dahinter steckt, dürfte allen klar sein: Der Anti-Trans-Kurs der gegenwärtigen US-Administration. Nachdem Trump bei seinem Amtsantritt trans und nicht-binären Menschen die Existenz abgesprochen hatte, scheint seine Regierung sie nun sprichwörtlich aus der Geschichte ausradieren zu wollen.

Trans und Queer gelöscht: Ein Screenshot der Website des Stonewall Denkmals in 2023 (links) und rechts (2025).
Trans und Queer gelöscht: Ein Screenshot der Website des Stonewall Denkmals in 2023 (links) und rechts (2025). (Bild: Screenshot home.nps.gov)

Das Stonewall-Denkmal umfasst das ehemalige Stonewall Inn, das als Geburtsstätte der modernen LGBTIQ-Bewegung gilt. Nachdem die Polizei 1969 in der New Yorker Gay-Bar eine Razzia durchgeführt und zahlreiche Queers festgenommen hatte, regte sich in der Community Widerstand (Mehr darüber hier). Bis zu 2000 Menschen sollen in der ersten Nacht protestiert oder sich mit der Polizei eine Schlägerei geliefert haben. Es kam zu mehrtägigen Unruhen. Seither gedenken Prides und CSDs weltweit jährlich im Juni diesen Stonewall-Aufständen als Auslöser der queeren Emanzipationsbewegung.

Doch wie geriet das Stonewall-Denkmal im liberalen New York in die Zuständigkeit der Trump-Regierung? 2016 verlieh der damalige US-Präsident Barack Obama dem 770m2 grossen Areal rund um das ehemalige Stonewall Inn und der Christopher Street den Status eines nationalen Denkmals. Obama wollte damit die Bedeutung des Ortes für die Rechte und Geschichte der LGBTIQ-Community hervorheben und ihn für zukünftige Generationen schützen.

Ironischerweise ist nun das Gegenteil eingetreten, denn als nationales Denkmal fällt Stonewall in die Zuständigkeit der National Park Services, eine Bundesbehörde des US-Innenministeriums. Wie alle anderen Bundesbehörden sind diese direkt betroffen von den neuen Dekreten der Trump-Regierung. Will heissen: Trans und nicht-binäre Menschen existieren nicht, Regierungsprogramme zu Vielfalt und Inklusion werden geschlossen, die davon betroffenen Websites gelöscht und die Angestellten entlassen.

Google entfernt Aktionsmonate Mit dem Kurswechsel der US-Regierung haben sich auch namhafte Konzerne wie Fähnchen im Wind gedreht, was Bekenntnisse und Regelungen im Bereich der Vielfalt und Inklusion betrifft. Bereits im Januar hatte Meta bekanntgegeben, die Richtlinien bezüglich Hassrede zu lockern (MANNSCHAFT berichtete). In der Folge dürfte es auf den Plattformen Facebook und Instagram einfacher werden, Frauen, Schwarze und LGBTIQ-Personen zu verunglimpfen.

Nun scheint auch Google nachzuziehen. Der Tech-Konzern hat in seinen Mobile- und Desktop-Kalendern die Hinweise auf Aktionsmonate wie den Black History Month im Februar, den Women’s History Month im März und den Pride-Monat im Juni entfernt.

Obwohl die grösste Suchmaschine der Welt diese Änderungen erst nach Amtsantritt von Donald Trump eingeführt hatte, habe dieser nichts damit zu tun, wie eine Google-Sprecherin gegenüber dem Guardian erklärte. Dieser Entscheid sei bereits 2024 gefallen.

«Vor einigen Jahren begann das Calendar-Team, manuell eine grössere Auswahl an kulturellen Ereignissen für viele Länder weltweit hinzuzufügen. Wir bekamen jedoch Rückmeldungen, dass einige Länder und Ereignisse fehlten. Es wäre auf Dauer nicht praktikabel oder nachhaltig, Hunderte solcher Einträge manuell und weltweit konsistent zu pflegen», sagte Madison Cushman Veld. «Deshalb zeigen wir seit Mitte 2024 nur noch gesetzliche Feiertage und nationale Gedenktage. Nutzer*innen können aber weiterhin wichtige Ereignisse manuell hinzufügen.»

Konzerne ziehen mit Tatsächlich gab es bereits im Sommer 2024 erste Nachrichten über private Unternehmen, die ihre Programme zu Vielfalt und Inklusion reduzierten oder komplett einstampften (MANNSCHAFT-Kommentar). Dazu gehörten Microsoft, CNN, der Traktorhersteller John Deere und eben Google. Nachdem Trump im Januar das Ende von Regierungsprogrammen zu Vielfalt und Inklusion ankündigte, setzt sich dieser Trend nun auch bei privaten Firmen fort.

Wie Forbes berichtet, geben Konzerne wie McDonald's, Amazon, Target und Accenture bei der Anstellung Vorgaben zur Vielfalt am Arbeitsplatz auf. Vereinfacht ausgedrückt heisst das: Es spielt keine Rolle mehr, ob ein Team lediglich aus weissen Männern oder aus Menschen mit unterschiedlichen Herkünften und Profilen besteht. Deloitte soll seinen Mitarbeitende gar darauf hingewiesen haben, bei der Kommunikation mit Bundesbehörden die Pronomen in der Signatur wegzulassen. Auch US-amerikanische Banken sind dabei, die Unternehmenskommunikation rund um Vielfalt und Inklusion zu überarbeiten. Gemäss Bloomberg sagte James Dimon, CEO der grössten US-Bank JP Morgan Chase, dass er «dumme Kosten» in dem Bereich einsparen wolle.

Unter all diesen Entwicklungen wiegt die Unsichtbarmachung von trans Menschen gerade am geschichtsträchtigen Ort Stonewall besonders schwer. In der Community wird immer wieder diskutiert, wer sich als erste Person gegen die Polizeigewalt in jener schicksalshaften Nacht vom 28. Juni 1969 aufgelehnt hatte. Für einige ist es die trans Frau Sylvia Rivera, die einen Polizisten mit einer Flasche beworfen haben soll. Für andere ist es die lesbische Stormé DeLarverie, die sich nicht in ein Polizeiauto habe zerren lassen wollen. Sehr wahrscheinlich wird diese Frage niemals abschliessend beantwortet werden können. Was aber klar ist: Trans und genderfluide Personen waren wie Schwule und Lesben massgeblich bei den Stonewall-Aufständen beteiligt und gehören zur queeren Community. Es gibt sie. Daran kann auch die Trump-Regierung nichts ändern.

Mehr: Trans Schwimmerin Lia Thomas soll alle Titel und Rekorde verlieren (MANNSCHAFT berichtete)

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