Bundesrat hisst zum Berliner CSD die Regenbogenflagge – Bundestag nicht
Die Länderkammer setzt ein «Zeichen für Vielfalt, Respekt und Toleranz»
Was über die Jahre fast eine Selbstverständlichkeit geworden war, wird plötzlich im Jahr 2025 wieder zum Politikum.
Während der Bundestag sich beim Berliner CSD am Samstag demonstrativ zurückhält, setzt der Bundesrat ein klares Zeichen – und hisst am Wochenende die Regenbogenflagge.
In Hamburg hängt sie schon: Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister, steht vor einer Regenbogenflagge auf dem Rathausbalkon der Hansestadt. Sie wurde zum Auftakt der Pride Week gehisst.
Vor dem Gebäude der Länderkammer in Berlin wird die Fahne am CSD-Tag «als Zeichen für Vielfalt, Respekt und Toleranz» wehen, wie es in einer Mitteilung des Bundesrats heisst. Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) betont: «Diese Werte gehören ebenso wie Freiheit und Gleichheit zum Kern der Demokratie. Jeder Mensch hat das Recht, ohne Diskriminierung in Würde zu leben und zu lieben.»
Die Geste ist auch deshalb bedeutsam, weil die CSD-Demonstration am Samstag direkt am Bundesrat vorbeiziehen wird – von Berlin-Mitte über Schöneberg bis zur Siegessäule. Mit hunderttausenden Teilnehmer*innen ist der Berliner CSD einer der grössten Europas und ein klares Bekenntnis zur queeren Sichtbarkeit. Die Demo erinnert an die Aufstaende in der New Yorker Christopher Street von 1969 – ein historischer Wendepunkt der queeren Emanzipationsbewegung.
Während der Bundesrat also deutlich Flagge zeigt, verweigert der Bundestag in diesem Jahr bewusst die Regenbogenfähnchen. Bundestagspraesidentin Julia Klöckner (CDU) hatte entschieden, dass es bei der Beflaggung zum 17. Mai – dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit – bleiben solle (MANNSCHAFT berichtete). Fürs CSD-Wochenende aber: kein Bedarf.
Unterstützung bekam Klöckner dabei unter anderem von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der sich bei Maischberger zu folgender Aussage hinreissen liess: «Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt, auf dem man beliebig Fahnen hisst.» Eine Formulierung, die in der queeren Community nicht nur als Ignoranz, sondern als klare Abwertung gelesen wird.
Umso wichtiger ist, dass andere demokratische Institutionen wie der Bundesrat zeigen: Sichtbarkeit ist keine Nebensache. Sichtbarkeit ist politisch – und ein Zeichen der Solidarität mit queeren Menschen, gerade in Zeiten, in denen queerfeindliche Stimmen wieder lauter werden.
Berlins U-Bahnhof Bundestag ist jetzt regenbogenbunt: «Helfen beim Flagge zeigen.» Nach Angaben eines BVG-Sprechers wurden auch andere Stationen dekoriert (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
News
Neuer Umfragerekord für AfD in Sachsen-Anhalt
In einem Jahr wird in Sachsen-Anhalt gewählt. Die queerfeindliche AfD liegt in den Umfragen vorn und baut ihren Vorsprung noch aus. Auch Alice Weidel legt bei Sympathiewerten zu.
Von Newsdesk/©DPA
Gesellschaft
Deutschland
Community
«Zeit, die Krallen zu zeigen!» – Hamburg feiert wieder queere Filme
Auf Kampnagel in Hamburg ist das HIQFF gestartet. In schwierigen Zeiten ist so ein queeres Filmfestival herausfordernd, aber umso wichtiger.
Von Stephan Bischoff
Film
Europa
Queere Solidarität: Grosse Prides helfen kleineren Prides
Am Wochenende fand in Barcelona die jährliche Konferenz der Europäischen Pride Organisationen statt. Ein Vertreter aus Magdeburg berichtet von solidarischen Vorhaben.
Von Michael Freckmann
Pride
Queerfeindlichkeit
International
«Besorgniserregend» – Dreht Vietnam bei LGBTIQ-Rechten die Zeit zurück?
Nach abrupten Absagen von Pride-Veranstaltungen wächst die Sorge, Vietnam könnte seine bisher tolerante Haltung gegenüber LGBTQ-Rechten zurückfahren.
Von Newsdesk Staff
News
Pride
LGBTIQ-Rechte