«Boots» bringt das Pentagon gegen sich auf – und verdoppelt Netflix-Views

Ein Sprecher nennt die Erfolgsserie «Woken Müll»

BOOTS. (L to R) Max Parker as Sergeant Sullivan and Miles Heizer as Cameron Cope in Episode 106 of BOOTS. Cr. Courtesy of Netflix © 2025
Szene aus der neuen Netflix-Serie (Bild: Netflix)

Die queere Coming-of-Age-Serie über einen ungeouteten Marine sorgt mit fast zehn Millionen Streams für Furore. Nun nennt das US-Verteidigungsministerium die Erfolgsproduktion «woken Müll» – und entfacht eine politische Debatte über Sichtbarkeit, Moral und Macht.

Was als leise Dramedy begann, ist inzwischen ein weltweites Gesprächsthema: «Boots», basierend auf Greg Cope Whites Memoiren «The Pink Marine», erzählt die wahre Geschichte eines jungen Mannes, der 1990 zur US-Marine geht – in einer Zeit, in der Homosexualität im Militär streng verboten ist.

Die Netflix-Produktion von Andy Parker startete am 9. Oktober und kletterte innerhalb weniger Tage auf Platz zwei der globalen Netflix-Charts. Laut dem Streamingdienst verzeichnete die Serie vom 13. bis 19. Oktober 9,4 Millionen Views – doppelt so viele wie in der Vorwoche.

Doch nicht die Quote allein machte «Boots» zum Phänomen, sondern wodurch sie ausgelöst wurde.

Pentagon greift ein: «Woker Müll» In einer Stellungnahme, die ursprünglich von Entertainment Weekly veröffentlicht wurde, hatte sich Pentagon-Sprecher Kingsley Wilson scharf über die Serie geäussert: Das Verteidigungsministerium, so Wilson, werde unter der Regierung von Präsident Donald Trump und Verteidigungsminister Pete Hegseth zur «Wiederherstellung des Kriegerethos» zurückkehren (MANNSCHAFT berichtete).

Netflix warf er vor, den Zuschauer*innen «ständig woken Müll» zu präsentieren und mit Serien wie «Boots» «ideologische Agenden» zu fördern. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass das Pentagon offiziell auf eine Fernsehserie reagiert – und damit seine Haltung zur queeren Sichtbarkeit im Militär offenlegt.

Queere Geschichte trifft politische Realität Hauptdarsteller Miles Heizer, selbst offen schwul, sprach gegenüber The Guardian über die unerwartete Aktualität der Serie: «Als wir mit den Dreharbeiten begannen, war uns nicht bewusst, dass die Geschichte plötzlich wieder so relevant werden würde. Während der Produktion begann die Realität, unsere Fiktion einzuholen.»

Die Dreharbeiten starteten 2023 – zu einer Zeit, in der in den USA bereits erste politische Angriffe gegen queere Inhalte in Schulen, Medien und der Armee zunahmen.

Im Frühjahr 2025 befahl Verteidigungsminister Hegseth der US-Marine, das nach dem Schwulenaktivisten Harvey Milk benannte Schiff umzubenennen. Begründung: Die «Kriegerkultur» des Militärs müsse wiederhergestellt werden.

Medienfreiheit unter Druck Die Pentagon-Erklärung fällt in eine Phase wachsender Kritik am US-Verteidigungsministerium. Journalist*innen werfen der Behörde vor, durch neue Akkreditierungsrichtlinien die Pressefreiheit einzuschränken. Mehrere US-Medien gaben ihre Presseausweise aus Protest zurück.

In dieser angespannten politischen Stimmung wird «Boots» zu mehr als nur einer Coming-of-Age-Serie: Sie wird zur Projektionsfläche eines Kulturkampfs – zwischen Reaktion und Fortschritt, zwischen Rückschritt und Repräsentation.

Zwischen Mut, Moral und Mainstream «Boots» ist keine typische Netflix-Produktion: Die Serie verzichtet auf platte Heldenerzählungen und zeigt stattdessen die Zerreissprobe eines jungen Mannes, der Teil einer Institution sein will, die ihn nicht akzeptiert.

Dass diese Geschichte ausgerechnet 2025 wieder für politische Schlagzeilen sorgt, ist vielleicht das deutlichste Zeichen dafür, wie tief die amerikanische Gesellschaft weiterhin gespalten ist – und wie stark queere Erzählungen in der Lage sind, Machtstrukturen herauszufordern.

Fazit: Was das Pentagon als «woken Müll» bezeichnet, ist für viele Zuschauer*innen weltweit schlicht gute Unterhaltung – und eine derart prominente Kritik verschafft dieser Serie noch mehr Sichtbarkeit und Zuspruch. Was man angesichts des Kontexts als mehr nur ein bisschen ironisch finden kann.

Aus «Mr. Leather Berlin» wird «Mr. Fetish Berlin» – «Es geht nicht darum, Leder zu ersetzen» (MANNSCHAFT berichtete)

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare