Wien: Fünf Queers schaffen es ins Parlament

Das steht nach den Wahlen vom Sonntag fest

Im Uhrzeigersinn von links oben: Nico Marchetti, Yannick Shetty, David Stögmüller, Mario Lindner und Meri Disoki. (Bilder: CC BY-SA 4.0, NEOS, Grüne, CC BY-SA 4.0, Grüne)
Im Uhrzeigersinn von links oben: Nico Marchetti, Yannick Shetty, David Stögmüller, Mario Lindner und Meri Disoki. (Bilder: CC BY-SA 4.0, NEOS, Grüne, CC BY-SA 4.0, Grüne)

Fünf queere Politiker*innen ziehen ins Parlament in Wien. Auch der schwule SPÖ-Politiker Mario Lindner hat offenbar genügend Vorzugstimmen aus der queeren Community erhalten.

Die FPÖ hat mit über 28 Prozent das beste Ergebnis in ihrer Geschichte erzielt (MANNSCHAFT berichtete).

Nun ist es fix: In den nächsten fünf Jahren werden sich im österreichischen Parlament fünf queere Politiker*innen für die Anliegen der LGBTIQ-Community einsetzen. Dies zeigt das jetzt veröffentlichte Endergebnis der Nationalratswahl inklusive aller Wahlkartenstimmen. Eine starke Präsenz der queeren Community ist notwendig. Denn bei den Wahlen ging die rechtsextreme und queerfeindliche FPÖ als stimmenstärkste Partei hervor. Die FPÖ kam auf 28,85 Prozent, das ist ein Plus von 12,68 Prozentpunkten. Es ist das beste Ergebnis, das die FPÖ jemals erzielt hat.

Aufatmen kann der schwule SPÖ-Politiker Mario Lindner, Bundesvorsitzende der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo. Denn Lindner hat es bei der Erstellung der Wahllisten nur auf ein Kampfmandat geschafft. Sein Wiedereinzug in den Nationalrat war unsicher. Doch jetzt steht fest, dass Lindner genug Vorzugsstimmen erhalten hat. Somit kann er sich auch in den nächsten fünf Jahren im Parlament für LGBTIQ-Themen einsetzen.

«We are in!», zeigt sich Lindner in den sozialen Medien erfreut. «Die nächsten fünf Jahre werden alles andere als einfach. Aber genau deshalb werde ich mich – gemeinsam mit euch – mehr denn je für eine Gesellschaft einsetzen, die niemanden zurücklässt! Wir werden uns nicht spalten lassen», schreibt Lindner an seine Unterstützer*innen. Lindner hatte in den vergangenen Wochen einen intensiven Vorzugsstimmen-Wahlkampf geführt. Gemeinsam mit Unterstützer*innen besuchte der Politiker viele queere Veranstaltungen und Lokale. Als queeres Aushängeschild der SPÖ ist folglich davon auszugehen, dass die meisten Vorzugsstimmen von queeren Menschen kamen. Die SPÖ erreichte bei den Wahlen 21,1 Prozent der Stimmen und landete nach FPÖ und ÖVP nur auf Platz drei.

Fix im Nationalrat vertreten sein werden Meri Disoski und David Stögmüller von den Grünen. Die Partei hat bei den Wahlen stark verloren und rutsche mit 8,24 Prozent auf Platz 5 ab. Disoski ist Vorsitzende der Grünen Frauen Österreichs und stellvertretende Klubobfrau des Grünen Klubs im Parlament. Sie setzt sich für die Sichtbarkeit von Lesben in der Öffentlichkeit ein. David Stögmüller ist LGBTIQ-Sprecher der Grünen. Früher gab es bei den Grünen im Parlament sogar vier queere Politiker*innen. Doch die langjährige Politikerin Ewa Ernst-Dziedzic zog sich aus der Parteipolitik zurück und kandidierte nicht mehr für den Nationalrat. Im Gegensatz dazu schaffte die Grüne-Politikerin und Feministin Faika El-Nagashi bei den jetzigen Wahlen nicht mehr den Einzug ins Parlament. Sie war in der Vergangenheit durch transphobe Äusserungen aufgefallen (MANNSCHAFT berichtete).

Bei den liberalen Neos wird sich der schwule Politiker Yannick Shetty für die queere Community einsetzen. Sie stiegen mit 9,1 Prozent zur viertstärksten Partei auf und überholten die Grünen. Shetty wurde als Sohn eines Inders und einer Österreicherin mit koreanischen Wurzeln in Wien geboren. Seine Arbeitsschwerpunkte sind LGBTIQ, Jugend, Integration, Klimaschutz, parlamentarische Untersuchungsausschüsse und Sport. 

Bei der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) hat es der schwule Politiker Nico Marchetti über die Wiener Liste ins Parlament geschafft. Die ÖVP hat bei den Wahlen verloren und sank mit 26,27 Prozent Prozent der Stimmen auf Platz zwei ab. Marchetti kann sich im Gegensatz zu vielen konservativen ÖVP-Politiker*innen über besonders viele Vorzugsstimmen freuen. Er ist der erste Nationalratsabgeordnete der ÖVP, der sich offen zur Homosexualität bekennt. Dazu ist in einer Partei wie der ÖVP viel Mut erforderlich. Denn die ÖVP setzt sich nicht für queere Themen ein. Trotzdem wird die Volkspartei auch wieder in der nächsten Regierung vertreten sein. Dazu braucht sie einen Koalitionspartner. In den nächsten Wochen werden Politiker*innen von FPÖ und ÖVP über eine Regierungsbildung verhandeln. Eine andere Möglichkeit wäre eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ.

Die queere Community will eine Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ verhindern und hat deswegen zu Demonstrationen aufgerufen. FPÖ-Chef Herbert Kickl ist bei allen anderen Parteien extrem unbeliebt. Die ÖVP hat eine Koalition mit ihm ausgeschlossen. Daher halten Expert*innen eine Regierungskoalition zwischen ÖVP und SPÖ für wahrscheinlich. Allerdings haben beide Parteien im Parlament nur sehr knapp eine Mehrheit. Daher wird spekuliert, dass ÖVP und SPÖ eine Dreierkoalition - entweder mit den Neos oder mit den Grünen - bilden werden.

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