Urteil: Wichtiger Sieg für trans und inter Personen

Der Oberste Gerichtshof hat in Österreich eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen

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Symbolbild (Bild: Lia Bekyan/Unsplash)

Der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen und hat deswegen lange gedauert. Doch nun hat der Oberste Gerichtshof eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen: Trans und inter Personen dürfen in Österreich nicht länger diskriminiert werden. 

Im konkreten Fall ging es um private Krankenversicherungen, die in Österreich besonders beliebt sind. Über 3,5 Millionen Menschen haben eine solche abgeschlossen.

In den meisten Verträgen werden aber trans und inter Personen diskriminiert. Denn es gibt dort eine Klausel, wonach medizinisch notwendige Geschlechtsangleichungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Dagegen hat der Verein für Konsumentenschutzinformation (VKI) geklagt und nun in letzter Instanz recht bekommen. Der VKI ist in Österreich ein führender Verein, der die Rechte von Konsument*innen schützt. Der Verein führt in wichtigen Rechtsfragen Musterprozesse durch. Nach dem Urteil werden nun die privaten Krankenversicherungen ihre Geschäftsbedingungen ändern müssen. 

In dem Urteil des Obersten Gerichtshofs heisst es, dass die vom VKI angefochtene Klausel Geschlechtsanpassungen generell, also auch bei medizinischer Behandlungsnotwendigkeit, vom Versicherungsschutz ausschliesse. Vordergründig schliesse die Klausel «jeden Versicherten von der Versicherungsleistung aus. In Wahrheit bedeutet sie jedoch eine geschlechtliche Diskriminierung von inter und trans Personen, weil eine Geschlechtsanpassung nur bei dieser (dritten) Personengruppe infrage kommt», betonen die Höchstrichter*innen.

«Bei Personen, deren äussere Geschlechtsmerkmale dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht eindeutig zuordenbar sind und bei denen die Geschlechtsidentität mit dem ihnen bei der Geburt zugeordneten Geschlecht übereinstimmt, kann der Versicherungsfall Geschlechtsumwandlung (sic) nämlich nicht zum Tragen kommen.» 

Das Kernargument der privaten Krankenversicherungen, «der Ausschluss betreffe sowohl Umwandlungen (sic) von Mann zu Frau als auch von Frau zu Mann und behandle daher alle Versicherten gleich, ist nicht zutreffend», unterstreicht der Oberste Gerichtshof. Vielmehr diskriminiere «die inkriminierte Klausel trans und inter Personen wegen ihres weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts, weil sie dieser Personengruppe die Möglichkeit nimmt, eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung (sic) mit Kostendeckung der Beklagten durchzuführen». 

«Trans zu sein ist keine Krankheit»

Oberster Gerichtshof

Ausserdem betont der Oberste Gerichtshof: «Trans zu sein ist keine Krankheit». Auch Intergeschlechtlichkeit sei kein Ausdruck einer krankhaften Entwicklung. «Krankheitswertig kann aber ein (möglicherweise) damit verbundener klinisch-relevanter Leidensdruck sein. Transsexualität kommt nach der Rechtsprechung daher etwa dann Krankheitswert zu, wenn die innere Spannung zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht so ausgeprägt ist, dass nur durch die Beseitigung dieser Spannung schwere Symptome psychischer Krankheiten behoben oder gelindert werden», betonen die Höchstrichter*innen. 

In Österreich werden die Kosten für geschlechtsangleichende Operationen im Regelfall von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. Doch nun bekommen trans und inter Personen, die eine private Krankenversicherung abgeschlossen haben, auch weitere Kosten ersetzt - wie etwa die Kosten für ein Einzelzimmer. 

Queere Organisationen sind über die Klarstellung der Höchstrichter*innen aber auch noch aus einem anderen Grund erfreut. Denn in Österreich möchte beispielsweise die rechtsextreme Freiheitliche Partei (FPÖ) die Rechte für trans Personen einschränken.

Die FPÖ ist bei den vergangenen Parlamentswahlen zur stimmenstärksten Partei aufgestiegen. Doch der Oberste Gerichtshof spricht sich nun klar gegen eine Diskriminierung von trans Personen aus. 

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