TV-Kultstar aus den 90ern: Hermes Phettberg gestorben
Er war Exzentriker, bekennender schwuler Sadomasochist und ein intellektueller Moderator. In den 90er-Jahren wurde er mit seiner Talkshow berühmt.
Dieses Angebot muss einem erstmal einfallen: «Eierlikör oder Frucade?» Das war die geschmacklich bizarre Auswahl zwischen sahnigem Alkohol und süssem Spritzwasser, die Hermes Phettberg den Gästen seiner Late-Night-Parodie «Phettbergs Nette Leit Show» anbot. In den 1990er-Jahren war der korpulente Österreicher eine Art kluger TV-Kauz – und damit Kult. Er brillierte mit Witz und sinnierte mit schonungsloser Offenheit über seine Sexfantasien, in der enge Jeans und ein Rohrstock eine zentrale Rolle spielten. Late-Night-Talker Harald Schmidt nannte ihn anerkennend ein «Gesamtkunstwerk». RTL wollte seine Show haben, doch der Deal platze.
Dann wurde es sehr ruhig um einen der schillerndsten Österreicher. Vereinsamt, verarmt und von Schlaganfällen gezeichnet wurde er 2011 in einer Film-Dokumentation zum traurigen Anti-Helden. Am Mittwoch ist Phettberg nach Angaben seines Freundes und Pflegers Hannes Moser im Alter von 72 Jahren in einer Wiener Klinik gestorben.
Phettberg beschrieb sich selbst als «Publizist und Elender in Wien». In der Dokumentation «Der Papst ist kein Jeansboy» wird sein Elend überdeutlich. Da schlurft 2011 ein buckeliger, ungepflegter Mann in einer chaotischen Wohnung durchs Bild, greift nach den seit 30 Jahren im Wohnzimmer hängenden Handschellen. Einer der vielen Hinweise auf das zentrale Ringen in seinem Leben. «Ich komme eigentlich von der Sexualität her», sagte der bekennende Masochist, der mit seinen Äusserungen gern seine Gäste im Fernsehen befremdete oder amüsierte.
Sensationelle Einschaltquoten Seine Show war eigentlich Theater, der Spielort ein Festsaal der kommunistischen KPÖ in Wien. Zuerst kamen Hunderte, dann mehr als 1000 Menschen, um den 150 Kilogramm schweren Mann mit den langen Haaren, dem Schal und den Hosenträgern zu erleben. Der ORF hob die «Nette Leit Show» 1995 ins Programm und verzeichnete sensationelle Einschaltquoten.
Die Kronen Zeitung verstand den Spass der Leute weniger: «Mit dieser inakzeptablen Sendung taucht der ORF gefährlich in die Niederungen des Unappetitlich-Grindigen ein. Einen witzlosen Fettberg, der sich blöd stellt und kein Hehl aus seinen verschimmelten linken Vorlieben macht, braucht der ORF nicht», urteilte das Massenblatt.
Phettberg habe als dicker Schwuler mit Hang zum Sadomasochismus den schlagenden Beweis dafür geliefert, dass es neben den Schönen, Starken und Tüchtigen auch noch andere Menschen gab, die etwas zu sagen hatten, befand sein Regisseur Kurt Palm. Der «Spiegel» war begeistert: «Wenn Phettberg redet, verschwimmt das scheinbar Abstossende, der unerbittlich verunstaltete Körper und der schiefe Mund im verwüsteten Gesicht, in der Aura eines sanften, poetisch verzweifelten Menschen.»
Angebot von RTL Dieser Poet, in jungen Jahren Bankangestellter, konnte jedenfalls nicht mit Geld umgehen. In seinem Glanzjahr 1995, so rechnete er dem Publikum vor, habe er 900'000 Schilling (etwa 65'000 Euro) verdient, aber am Ende einen «Liquiditätsengpass» von 70'000 Schilling gehabt. Dem Ruf des Geldes hätte er folgen können, wenn er das Angebot des Senders RTL angenommen hätte. Doch man sei sich wegen einiger Details nicht einig geworden, erinnerte sich Palm.
Bis zuletzt schrieb Phettberg eine sowohl schonungslose als auch liebevolle Kolumne in der Wiener Wochenzeitung Falter. «Jeden Tag wird mir der Speichel aus meinem Mund abgesaugt, das ist unangenehm», berichtete er in seinem letzten Beitrag aus der Klinik. «Frohe, gesunde und friedliche Weihnachten allüberall», wünschte der schwer erkrankte Phettberg seinen Lesern kurz vor seinem Tod.
Mehr: Streit um Trauerfeier für Drag-Künstler Angelo Conti (MANNSCHAFT berichtete)
Musik
Polyamorie und Beziehungen zu Frauen – Sarah Connor mit neuem Album
Sarah Connor wird in ihren Popsongs oft sehr persönlich. Auf «Freigeistin» singt sie über ihre Gefühle als Mutter und langjährige Ehefrau - und scheut auch nicht vor polarisierenden Themen zurück.
Von Newsdesk/©DPA
Kultur
Liebe
People
Deutschland
Film
Sex mit dem Schornsteinfeger: «Oslo»-Trilogie endet im Kino
Der eine hat Sex mit einem Mann und der andere träumt von David Bowie: Mit «Oslo Stories: Sehnsucht» endet die Trilogie von Dag Johan Haugerud. Einer der Teile hatte den Berlinale-Hauptpreis gewonnen.
Von Newsdesk/©DPA
Kultur
Liebe
Lust
Schwul
Unterhaltung
Kultur
FKA Twigs soll Josephine Baker spielen
Die britische Sängerin ist im Gespräch für die Rolle in einem Biopic
Von Newsdesk/©DPA
Queer
Film
Musik
Das könnte dich auch interessieren
Theater
«Ooops …»: Wo sind die queeren Figuren im deutschsprachigen Musical?
Interview mit Oliver Edward und Bram Tahamata aus «& Julia», die für LGBTIQ-Repräsentation kämpfen
Von Kevin Clarke
Unterhaltung
Soziale Medien
Kunst
Musik
TIN
People
Turmspringer Tom Daley: «Ich hasse, wie ich aussehe»
Der Olympia-Gewinner und Turmspringer Tom Daley hat erstmals offen über seine Probleme mit seinem eigenen Körper gesprochen.
Von Newsdesk Staff
Mentale Gesundheit
Gesundheit
Unterhaltung
Sport
Feiern
«Pride ist kein Partyhut»: Regenbogenparade deutlich politischer
Die Regenbogenparade wird in diesem Jahr am 14. Juni durch die Stadt führen. Das Motto lautet: «Unite in Pride».
Von Newsdesk Staff
Politik
Österreich
Pride
Feiern
Schliessfächer statt Garderobe: Entlassungswelle beim SchwuZ
Ärger in der Berliner Clubszene: Das bekannte SchwuZ hat rund einen Drittel seiner Belegschaft entlassen.
Von Newsdesk Staff
Schwul