Keine Pride-Fahnen mehr? Neue Flaggenpolitik beim ESC
Bei Verstössen droht der Teilnahmeausschluss
Beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Basel dürfen laut Medienberichten die Künstler*innen keine Regenbogen- oder sonstige LGBTIQ-Flaggen mehr zeigen.
Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Besucher*innen der ESC-Events die Flaggen ihrer jeweiligen Heimatländer schwenken, um entsprechende Acts auf der Bühne zu unterstützen. Dabei sind oft auch Regenbogenfahnen zu sehen, gilt doch der ESC für viele LGBTIQ als «Heimat» (MANNSCHAFT berichtete), gleichzeitig werden damit aber auch überregional queere Künstler*innen angefeuert.
Letztes Jahr hielt ESC-Gewinner*in Nemo aus der Schweiz selbst die Flagge der Nicht-Binären hoch und setzte damit ein deutliches mediales Zeichen, das über die Regenbogenfahne hinaus verwies.
Beim diesjährigen Wettbewerb in Basel soll das allerdings nicht mehr möglich sein. Zumindest berichtet das der dänische Rundfunk Danmarks Radio (DR), dem die neue Flaggenpolitik der Europäischen Rundfunkunion EBU vorliegt. Weitere Medien wiederholten den Bericht.
Demnach reagieren die neuen Regelungen auf Kritik an der Flaggenpolitik beim letzten Wettbewerb in Malmö. Dort waren EU-Flaggen und in einigen Fällen auch Pride-Flaggen nicht erlaubt worden. Eurovision schrieb damals auf Instagram: «Wir werden daraus lernen und es 2025 besser machen.» Der ESC in Malmö war von Spannungen und Protesten wegen des Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen geprägt.
Nemo erzählte später, er*sie habe Flagge der Nicht-Binären mit den Farben Gelb, Weiss, Lila und Schwarz auf die Bühne geschmuggelt, obwohl dies laut ESC-Reglement verboten war (MANNSCHAFT berichtete über die darauffolgende Diskussuin in der Schweiz).
Im Mai letzten Jahres kündigte die EBU dann an, ihre Flaggen-Regeln bis zum ESC 2025 in der Schweiz zu überarbeiten.
Schweizer Gesetze
Ergebnis? Laut DR gilt nun: «Politische Botschaften» sollen vermieden werden. Allerdings lege das Gastgeberland Schweiz grossen Wert auf Meinungsfreiheit, heisst es. Deshalb dürfe das Publikum in diesem Jahr alle Flaggen mit in die Halle nehmen, solange sie nicht gegen Schweizer Gesetze verstossen.
Das würde praktisch bedeuten, dass sowohl Pride-Flaggen als auch Flaggen von Ländern, die nicht am Wettbewerb teilnehmen, erlaubt sind, theoretisch also auch die Flagge Palästinas. Letztere war 2024 verboten, als die Teilnahme Israels nach dem Gaza-Krieg heftige Diskussionen ausgelöst hatte.
Komplett verboten sind auf jeden Fall Fahnen mit rassistischen oder diskriminierenden Inhalten, einschliesslich Symbolen, die zu Hass und Gewalt aufrufen, sowie Fahnen mit Symbolen verbotener terroristischer Organisationen.
Keine Solidaritätsbekundungen
Für teilnehmende Künstler*innen sind die ESC-Regeln nach DR-Informationen jedoch strenger. Sie dürfen nur mit der Flagge ihres Landes auftreten, auch bei der Punktevergabe. Solidaritätsbekundungen, wie zum Beispiel mit der ukrainischen Flagge, die einige Teilnehmer*innen 2022 zeigten, sind untersagt. Das gilt entsprechend auch für Palästina-Flaggen (MANNSCHAFT berichtete).
Alle, die an der traditionellen Flaggenparade zur Eröffnung der Show teilnehmen, dürften nur noch eine von der SRG SSR (Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft) ausgegebene Flagge mitbringen, heisst es. Bei Verstössen würden ernste Konsequenzen bis hin zum Ausschluss von der Show drohen (MANNSCHAFT berichtete über den Aussschluss von Joost Klein 2024).
«Auch wenn es Sanktionen für Verstösse gegen die Wettbewerbsregeln gibt, erwarten wir, dass alle Delegationen die Flaggenpolitik in gutem Glauben befolgen und verstehen, dass sie geschaffen wurde, um Klarheit und Ausgewogenheit zu schaffen, wenn es darum geht, nationale und andere Identitäten zum Ausdruck zu bringen», teilte die EBU laut Bericht von Danmarks Radio mit.
Beim Eurovision Song Contest flog Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine raus. Kürzlich hat Kremlchef Putin eine eigene internationale Musikshow angekündigt - ohne «Perversionen» (MANNSCHAFT berichtete).
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