Die superqueere Party zum «Dschungelcamp»-Start
Zum Auftakt der neuen Staffel lud Julian Stoeckel in Berlin zum Public Viewing mit VIPs
Mag sein, dass das diesjährige «Dschungelcamp» für die A- bis Z-Promis in Australien am Freitag mit einem Unwetterschock begann. In Berlin schmiss Ex-Teilnehmer Julian F. M. Stoeckel eine Staffelstartveranstaltung für 290 geladene Gäste, darunter viele LGBTIQ.
Natürlich gibt’s einen Red Carpet und eine spezielle Dschungelfotowand im Hotel JW Marriott Berlin in der Stauffenberg-Strasse. Und es gibt lange Schlangen am Einlass, bis alle VIPs ihr Bändchen haben, um in den festlichen Ballsaal zu kommen. Wo runde Tische dazu einladen, sich in Gruppen zusammenzusetzen, zum späteren gemeinsamen Live-Schauen von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!».
Probeliegen mit Promis
Bevor’s damit jedoch losgeht, gibt’s im Saal viel zu entdecken. Denn überall sind Stände aufgebaut mit Essen, Getränken, noch mehr Essen und noch mehr Drinks, ausserdem Massageangebote, Kosmetikartikel von Deinhard, man kann auf einer Bettmatratze probeliegen, Luxussonnenbrillen testen, sich über Reisen nach Dubai informieren oder Lose für eine Tombola kaufen.
Solche Lose haben sich der bekannte «Hipster-Opa» Günther Krabbenhöft und sein Partner Carlos gekauft – mit Losnummern, die ihren Geburtstagen entsprechen. Davon versprechen sie sich besonderes Glück, denn Krabbenhöft würde gern die Reise nach Dubai gewinnen – oder nach Paris, eine Stadt, die er erst kürzlich für sich als Traumort entdeckte.
Das «Dschungelcamp» habe er in der Anfangszeit vor Jahrzehnten noch verfolgt, aber da er seit zwei Jahren keinen Fernseher mehr besitze, schaue er nun nicht mehr. Allerdings habe er bei einer Veranstaltung Moderator Julian Stoeckel kennenlernen dürfen, der ihn jetzt auch eingeladen hat. Krabbenhöft bewundere die «Herzlichkeit und Energie», die er im Saal spüre. «Man trifft viele Leute, sieht sich wieder, lernt neue Menschen kennen, knüpft Kontakte», so Krabbenhöft. Das finde er das Schöne an solchen Abenden. Mehr kann er zum «Dschungelcamp» erstmal nicht sagen.
«Version von sich selbst spielen»
Ganz anders die Queer-Ikone Daniela Ziegler, bekannt aus TV und Musicals. Sie sei selbst mal vor vielen Jahren gefragt worden, ob sie in den Dschungel gehen wolle. Sie lehnte damals ab, weil es ihr keinen Spass gemacht hätte, eine «Version von sich selbst» im Fernsehen spielen zu müssen. Die damit verbundene Presseaufmerksamkeit sei zwar als Werbung toll, aber man müsse das «auch wollen». Sie sei dafür in ihrer Einstellung zur Schauspielerei zu altmodisch und spiele lieber richtige Rollen, wie sie schmunzelnd zu MANNSCHAFT sagt.
Geschaut habe sie die Sendung in der Vergangenheit vor allem, weil Freund*innen von ihr mitmachten: Anouschka Renzi, Desirée Nick oder Julian Stoeckel.
Dass in der neuen Staffel zwei offen queere Kandidaten dabei sind (MANNSCHAFT berichtete), findet Ziegler gut – gerade in Zeiten wie diesen, wo Leute wie US-Präsident Donald Trump behaupten, es gäbe nur zwei Geschlechter. Dieses Denken breite sich weltweit aus, sagt sie, bis zu uns. Früher habe Ziegler immer gedacht, Homophobie und Transfeindlichkeit seien etwas, was aus Osteuropa zu uns überschwappen könnten, «aber jetzt kommt das aus dem Westen und ausgerechnet aus den Vereinigten Staaten von Amerika». Das findet sie unglaublich und «sehr gefährlich».
«Menschlich bunt»
Auch die queere Influencer*in Sarah Sweetener geht auf diesen Aspekt im Kontext vom «Dschungelcamp» ein, allerdings aus eskapistischer Perspektive: denn die Sendung lenke ab von dem «krassen politischen Durcheinander» in dem wir uns alle derzeit befinden. Sie freue sich auf die neue Staffel, weil diese «so menschlich bunt» sei, wie sie es formuliert. Sie finde es besonders gut, dass mit Pierre Sanoussi-Bliss ein «alter schwarzer schwuler Ossie» (wie der 62-Jährige sich selbst beschreibt, MANNSCHAFT berichtete) dabei ist. Das bringe eine neue Diversität ins Format, die bislang gefehlt habe.
Als die Live-Übertragung der Sendung auf grosser Leinwand losgeht, interessiert sich in dem Saal voller blondierter Haare, Hair-Extensions, viel zu engen Anzügen und aufgepumpten Oberkörpern, gezupften Augenbrauen, Tattoos und XXL-Lippen niemand so richtig dafür, was da in Australien passiert. Egal ob Unwetter hereinbrechen, die Kandidat*innen evakuiert werden müssen oder sonst was los ist. Das muntere Treiben der «Trash-Elite» (wie die Bild-Zeitung uncharmant meint) geht im Marriott weiter. Und weiter.
«Heisse Gerüchte»
Nur manchmal jubelt ein Einzeltisch laut los, an dem scheinbar die persönliche Fanbase eines*einer Kandidat*in sitzt, wie zum Beispiel die von Muskelmann Timur Ülker, den «heisse Gerüchte» (O-Ton Bild-Zeitung) mit Tokio-Hotel-Frontmann Bill Kaulitz verbinden. Gerüchte, die zum Start der Staffel medienwirksam gestreut werden. Und für entsprechende Schlagzeilen sorgen.
In einem ruhige(re)n Moment, treffe ich in einer Ecke den Star-Visagisten René Koch, einst Travestiekünstler, AIDS-Aktivist der ersten Stunde, Gründer des Lippenstiftmuseums in Berlin und derjenige, der Legenden wie Hildegard Knef, Joan Collins, Judy Winter und anderen das Make-up aufgetragen hat (MANNSCHAFT berichtete). Im März erscheint übrigens zu Knefs 100. Geburtstag ein Buch von Koch über seine langjährige enge Freundin.
«Wundertüte»
Zu MANNSCHAFT sagt Koch lachend, eine neue «Dschungelcamp»-Staffel sei immer wie der letzte Liebhaber – man glaube, nur der sei der Beste. Auch wenn das eine Illusion sei. Aber man komme an dem Sendeformat nicht vorbei, so Koch. Und deshalb verfolge er es, wie eine «Wundertüte», die man öffnet ohne vorher sagen zu können, ob man positiv überrascht oder enttäuscht werde.
Auch Rolf Scheider ist ein prominenter Visagist, war im Gegensatz zu René Koch sogar selbst einst im Dschungel war (nachdem er als Mitglied der «GNTM»-Jury bekannt geworden war). Er sagt zu MANNSCHAFT, was ihm am Format gefalle sei, dass die Kandidat*innen «natürlich» sein müssten, egal welchen Quatsch sie vor der Kamera machen. Dabei sei es auch egal, ob sie homo oder hetero seien.
«Tritt in den Arsch»
«Wer sich blöd oder hinterhältig benimmt oder gar homophob, kriegt einen Tritt in den Arsch und ist raus!» Diese Weg-damit-Methode im Umgang mit toxischen Menschen habe durchaus etwas für sich, meint der 68-Jährige lachend und wird gleich wieder von Fans und Freund*innen angesprochen, um gemeinsame Fotos zu machen. Er geniesst das Bad in der Menge. Ganz offensichtlich.
Als Drag-Ikone und bekannte LGBTIA-Aktivist*in ist auch Margot Schlönzke im Marriott-Hotel dabei, sie wird nach der Live-Schalte nach Australien die Tombola moderieren, die entscheidet, ob Krabbenhöft und sein Mann Carlos nach Dubai (oder Paris) kommen.
«Unterschichtenfernsehen»
In voller «Hausfrauen»-Montur erklärt Schlönzke gegenüber MANNSCHAFT, dass sie selbst solches «Unterschichtenfernsehen» selten schauen, sich aber freue, in der neuen Staffel wieder viel «Z-Prominenz» kennenzulernen, von der sie zuvor nie etwas gehört habe. Das erweitere immer wieder aufs Neue ihren Horizont.
Schaut man sich im Marriott-Saal um, dann staunt man über den Mix der Promis. Von Dieter Hallervorden, der von vielen mit grossem Hallo begrüsst wird, über bekannte RBB-Moderator*innen, Schauspieler*innen wie Daniela Ziegler geht es weiter zu Leuten, die aussehen, als kämen sie gerade vom neuesten OnlyFans-Dreh oder einer entsprechenden Sexfluencer-Serie. Und selbstredend stürzten sich sämtliche Kameras auf sie. Blitzlichtgewitter rundum.
Sympathie-Favorit*innen
Und dann, am Ende des Abends, viele erschöpfte Gäste an der Garderobe. Wo die Mitarbeiter fast so spektakulär aussehen wie die Kundschaft, die ihre Goodie-Bags abholt (mit Deinhard-Produkten). Bevor alle glücklich in die Berliner Nacht entlassen werden.
Auf alle Fälle ist in den kommenden zwei Wochen das «Dschungelcamp» zur Primetime bei RTL zu sehen. Wer letzlich die 100‘000 Euro gewinnt, ist aktuell noch offen. Erste Blogger*innen wie Anika Richter schreiben in ihrem Live-Ticker, dass sie von der ersten Folge etwas «überrumpelt» gewesen seien. Dass aber Pierre Sanoussi-Bliss absolut zu ihren Sympathie-Favorit*innen gehöre. Während die Prognose für Sam Dylan und andere sei, dass es bei ihm «auf jeden Fall noch lauten werden» würde. Man darf also gespannt sein.
Elder Statesman
Eins sollte man noch festhalten, apropos Sympathie-Favorit: Pierre Sanoussi-Bliss wirkte in der ersten Folge am Feitag auf dem Bildschirm ausgesprochen seriös. Wie ein Elder Statesman mit weiss-grauem Vollbart. Das ist – wie es Daniela Ziegler formulierte – eine Version seiner selbst, die viele überraschen mag, die ihn privat kennen. Aber es ist auch eine Version, die souveräne Ruhe und Gelassenheit ins Camp bringt. Und einen Typ von schwulem Mann zeigt, der das Gegenteil von Sam Dylan ist, der von Aufregung lebt, auf dem Bildschirm und in sozialen Medien (MANNSCHAFT berichtete).
Übrigens: Krabbenhöft und Mann haben keine Reise gewonnen. Am Morgen nach der Public-Viewing-Party schreibt Carlos auf Nachfrage an MANNSCHAFT, es sei «nur» ein Palazzo-Dinner für sechs Personen geworden. Aber darauf freue er sich, weil es in Dubai eh viel zu heiss sei.
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