Klöckner verteidigt ihr Vorgehen beim CSD – Linke: nicht neutral!
Julia Klöckner agiere in ihrem Amt bisweilen parteipolitisch, findet die Linken-Chefin Ines Schwerdtner. Dabei geht es nicht nur um das Nein zur Regenbogenflagge.
Die Linke übt grundsätzliche Kritik an der Amtsführung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). Diese habe «in den letzten Wochen immer wieder gezeigt, dass sie nicht neutral als Bundestagspräsidentin agiert, sondern immer wieder auch politische Entscheidungen trifft», sagte Linken-Chefin Ines Schwerdtner in Berlin.
Klöckner lasse Anträge der Opposition nicht durch. Gemeint ist eine parlamentarische Anfrage der Grünen zum Kauf von Corona-Masken durch den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Grünen hatten sich bei Klöckner beklagt, dass die Bundestagsverwaltung die Anfrage nicht an die Bundesregierung weitergeleitet habe.
Schwerdtner monierte auch, Klöckner habe das Hissen der Pride-Flagge vor dem Bundestag verboten. «(Es gab) viele politische Entscheidungen, wo wir sagen würden, dass sie parteipolitisch agiert und eben nicht neutral als Bundestagspräsidentin.»
Auch von SPD und Grünen kommt Kritik an Klöckners Entscheidung, zum Christopher Street Day nicht wie in Vorjahren die Regenbogenflagge am Parlament aufzuziehen. Einzelne Linke gerieten zuletzt im Plenum mit Klöckner aneinander, wie der Abgeordnete Marcel Bauer wegen einer Basken-Mütze und die Abgeordnete Cansin Köktürk wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift «Palestine». Beide mussten den Saal verlassen.
Zuvor hatte Klöckner ihr Nein zu einer Teilnahme der queeren Gruppe der Bundestagsverwaltung am diesjährigen Berliner Christopher Street Day (CSD) verteidigt (MANNSCHAFT berichtete). Im «Bericht aus Berlin» der ARD verwies sie - wie früher schon bei anderen Gelegenheiten - auf die Verpflichtung der Bundestagsverwaltung zur Neutralität. Das gelte, «auch wenn das Anliegen noch so ehrenwert ist». Im Übrigen dürfe sich jeder privat am CSD beteiligen - «aber nicht in der Arbeitszeit und auch nicht mit Sonderurlaub oder Ähnlichem».
Das Regenbogennetzwerk des Bundestags hatte sich 2023 und 2024 unter der damaligen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) offiziell am CSD beteiligt. In diesem Jahr traf jedoch der Direktor beim Deutschen Bundestag die Entscheidung, «dass die Bundestagsverwaltung als solche, insbesondere aufgrund der gebotenen Neutralitätspflicht, nicht an politischen Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen teilnimmt». Dies stiess im Bundestag und beim Berliner CSD e.V. auf Unverständnis und Kritik.
«Auf unserem deutschen Parlament weht eine Fahne, die ist nahezu durch nichts zu toppen: Schwarz, Rot, Gold steht für Freiheit, auch der sexuellen Individualität.»
Julia Klöckner (CDU)
Klöckner wies jetzt in der ARD darauf hin, dass sie am 17. Mai, den der Bundestag als Tag gegen Homophobie festgelegt habe, am Reichstagsgebäude die Regenbogenfahne habe hissen lassen. «Es ist sehr klar, dass wir uns entschieden gegen Anfeindungen gegen Menschen jeglicher sexueller Orientierung wenden, wenn sie im Rahmen unserer Verfassung natürlich sich bewegen.»
Klar sei aber auch, so Klöckner: «Auf unserem deutschen Parlament weht eine Fahne, die ist nahezu durch nichts zu toppen: Schwarz, Rot, Gold steht für Freiheit, steht für Meinungs- und Pressefreiheit, steht für Individualität, auch der sexuellen Individualität.»
Auf die Frage, ob sie die Einladung des Verbandes der Lesben und Schwulen in der CDU (LSU) annehmen werde, auf seinem Wagen beim CSD mitzufahren, antwortete Klöckner ausweichend. Sie kenne ihre Terminlage nicht. Sie habe aber auch schon an einem CSD teilgenommen. «Aber ich sage sehr klar: Wir müssen auch etwas achtgeben, dass wir nicht etwas politisieren, wofür man sonst eine Normalität auch einfordert.»
«Wir sind kein Berghain, das Schwuz ist doch das Wohnzimmer!» Ein Mitarbeiter spricht über die schlechte Stimmung im grössten queeren Club Deutschlands (zum MANNSCHAFT-Interview)
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