Jens Spahn will neuen Umgang mit AfD – Kritik folgt
Bei der Bundestagswahl wurde die queerfeindliche AfD zweitstärkste Kraft. Wie sollte man nun mit ihr im Parlament umgehen? Der schwule CDU-Politiker Spahn macht Vorschläge – doch die stossen auf Unmut.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) rät dazu, mit der AfD (die Regenbogenflaggen an öffentlichen Gebäuden verbieten will – MANNSCHAFT berichtete) bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien auch. Spahn sprach in der Bild von Abläufen im Parlament, Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen und der Berücksichtigung von Minderheits- und Mehrheitsrechten. «Da würde ich einfach uns empfehlen, mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen, wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch.»
Bei der Wahl des Vizepräsidenten des Bundestags gelte: «Sie machen einen Vorschlag, und jeder Vorschlag muss eine Mehrheit finden in geheimer Wahl bei den Mitgliedern des Bundestags.» Es gehe dabei um ein Staatsamt und ein Repräsentationsamt. «Und da sollte man schon die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags hinter sich haben, um das vertreten zu können», meinte Spahn.
Seit dem Einzug der AfD ins Parlament 2017 konnte sie noch nie einen Bundestags-Vizepräsidenten stellen. Die anderen Fraktionen verweigerten AfD-Kandidaten stets die nötige Mehrheit, der Posten blieb dann frei. Im für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium hat die AfD aus gleichem Grund überhaupt keinen Sitz.
Bei den Vorsitzen der normalen Bundestags-Ausschüsse, die eigentlich von allen Fraktionen besetzt werden, gab es bisher keine so einheitliche Linie: In ihren ersten Parlamentsjahren stellte die AfD beispielsweise den Vorsitzenden des mächtigen Haushaltsausschusses.
Zuletzt dagegen hatte sie keinen Vorsitz-Posten – und klagte deswegen sogar vor dem Bundesverfassungsgericht. Das höchste deutsche Gericht wies die Organklagen ab. Im neuen Bundestag stehen die Wahlen der Ausschussvorsitzenden noch an. Bei der Bundestagswahl im Februar war die AfD zweitstärkste Kraft geworden (auch mit queeren Stimmen) – nach der Union. Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
«Wählerinnen und Wähler wollen uns was sagen. Sie sollten ernst genommen werden.»
Jens Spahn
Spahn erklärte, wie die AfD im Parlament auftrete, sei häufig nicht bürgerlich, «wie da rumgeholzt wird, wie da rum geschimpft wird, wie andere niedergemacht werden.» Gleichzeitig müsse man im Kopf haben, dass die AfD so stark sei, «weil Wählerinnen und Wähler uns was sagen wollten». Die Wähler sollten ernst genommen werden. Deswegen gehe es darum, die «richtige Balance» zu finden im Umgang mit der AfD im Bundestag.
Die Grünen, ebenfalls Oppositionspartei im Bundestag, kritisierten Spahn deutlich. «Die AfD ist keine Oppositionspartei wie jede andere», sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es handele sich um eine mindestens in Teilen rechtsextreme Partei, in der auch Abgeordnete Kontakte in die gewaltbereite rechtsextreme Szene pflegten.
«Deshalb kann es mit der AfD nur einen Umgang geben: Alle Demokraten sind gefordert, die parlamentarische Demokratie und ihre Institutionen vor extremistischen und autokratischen Einflüssen zu schützen», sagte Mihalic. Sie betonte, Deutschland brauche eine konservative Partei, die sich von der extremen Rechten abgrenze, «anstatt ihr hinterher zu laufen und diese Linie immer weiter nach rechts zu verschieben».
Auch der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh widersprach Spahn. «Wer Rechtsextremisten wie die AfD gleichstellt mit der demokratischen Opposition, relativiert die Gefahr für Gesellschaft und Demokratie als auch die schmerzhaften Lehren aus unserer Vergangenheit», sagte er dem RBB.
Hamburgs schwuler Ex-Bürgermeister Ole von Beust wird 70 Jahre alt. Seinen Lebensmittelpunkt hat der frühere CDU-Spitzenpolitiker inzwischen von der Hansestadt nach Sylt verlegt (MANNSCHAFT berichtete).
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