«Ihre Stimme brannte sich ins Gedächtnis» – Anna R. von Rosenstolz ist tot
Die Geschichte des Duos begann Anfang der 90er Jahre
Melancholische Pop-Songs wie «Liebe ist alles» machten Anna R. und Rosenstolz berühmt. Nun ist die 55-Jährige, die inzwischen als Solomusikerin arbeitete, unerwartet gestorben.
Mit Rosenstolz feierte sie einst Erfolge, nun ist die Berliner Musikerin Anna R. tot. Die als Andrea Rosenbaum geborene Sängerin starb plötzlich und unerwartet im Alter von 55 Jahren, wie Angehörige auf Instagram mitteilten.
Rosenstolz, das Pop-Duo mit sehr vielen Fans, vor allem in der queeren Community, war in den 1990er und frühen 2000er Jahren aktiv. Neben Anna R. gehörte der Komponist Peter Plate dazu. Der ist mittlerweile Theater-Intendant in Berlin (MANNSCHAFT berichtete).
«Ich werde dich jede Sekunde vermissen», teilte Plate mit. «Erst vor zwei Wochen habe ich dir geschrieben, dir zu deinem neuen Job als Poetikdozentin gratuliert – und mich von Herzen mit dir gefreut. Das hättest du grossartig gemacht! Überhaupt warst du voller Vorfreude auf alles, was kommen sollte. Vielleicht ist das ein kleiner Trost.»
Die beiden waren erst Lieblinge der Subkultur, später eroberten sie den Massenmarkt, gewannen Echos, Gold und Platin. Popschlager-Hymnen wie «Gib mir Sonne» und «Ich bin ich (Wir sind wir)» prägten den Sound der Nuller Jahre.
Viele denken bei Rosenstolz auch an den melancholischen Hit «Liebe ist alles» aus dem Jahr 2004. Bei den Konzerten sangen Fans vom ersten bis zum letzten Lied mit. Im Publikum tummelte sich der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit.
Beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 1998 erreichte das Duo mit «Herzensschöner» den 2. Platz, geschlagen aber von Guildo Horns «Guildo hat euch lieb!», der dann beim Finale den 7. Platz schaffte.
Anna R. wurde 1969 in Ost-Berlin geboren und machte einst eine Ausbildung als Chemielaborantin. Die Geschichte der Band Rosenstolz begann Anfang der 90er Jahre.
Plate schrieb nun: «Ich werde unseren ersten gemeinsamen Abend niemals vergessen. Wir tranken Schaumwein, du erzähltest mir, du wolltest Jazzsängerin werden, und ich wollte Popmusik machen. Noch in derselben Nacht gingen wir zu mir und nahmen einen Song auf – ich war hingerissen von deiner Stimme, von deiner Art zu singen, von deiner Gabe, jedes unserer Lieder in die schönsten Farben zu hüllen.»
Zwischen 1991 und dem als «Pause» bezeichneten vorläufigen Ende der Zusammenarbeit 2012 spielten Anna R. und der Songwriter Plate zwölf Alben ein. Ihr erfolgreichstes Album «Das grosse Leben» kam 2006 heraus.
Nach ihrer Zeit bei Rosenstolz war die Sängerin bei den Bands Gleis 8 und Silly aktiv. 2023 veröffentlichte sie das Solo-Album «König:in». Noch vor einigen Wochen hatte sie bei Instagram für ihre «Mut zur Liebe»-Tournee geworben, die in diesem Oktober starten sollte.
«Grösstenteils waren es gute Jahre. Es nervt nur, darauf reduziert zu werden. Ich habe ausser Rosenstolz ja schon einiges anderes gemacht.»
Anna R.
In ihren Liedern ging es oft um Liebe, aber Anna R. war auch politisch aktiv. 2011 bekam sie gemeinsam mit ihrem Band-Kollegen Plate für ihr Engagement gegen Aids das Bundesverdienstkreuz. Auf ihrem Solo-Album singt sie im Track «Meer voller Seelen» über Migranten, die in Booten flüchten.
In einem Interview sagte sie 2023 dazu: «Ich finde wirklich, dass wir uns alle schämen sollten. Dass es Diskussionen darüber gibt, ob man flüchtenden Menschen auf Booten hilft, sie an Land aufnimmt oder nicht. Dass man sie in überfüllte Lager bringt. Diese Leute sind geflohen, weil sie nicht im Krieg leben wollten. Unglaublich, dass gnadenlos darüber hinweggeblickt wird.»
In dem Interview des Magazins Coolibri wurde die Musikerin auch gefragt, ob ihr Vermächtnis als Rosenstolz-Sängerin Druck bei ihr auslöse. «Jein», antwortete sie. «Es waren ja 30 Jahre meines Lebens, davon 20 aktive. Immer mal wieder kommt ein Rosenstolz-Thema vor. Grösstenteils waren es auch gute Jahre. Es nervt nur, darauf reduziert zu werden. Ich habe ausser Rosenstolz ja schon einiges anderes gemacht.»
Anna R. prägte nicht nur den Sound von Rosenstolz mit ihrem unverkennbaren Gesang. «Es gibt Stimmen, die hört man, und die brennen sich ins Gedächtnis, ob man will oder nicht. Anna R. hat eine solche Stimme. Hell, kraftvoll, melancholisch», schrieb das Süddeutsche Zeitung Magazin einmal über sie.
«Das plötzliche, unerwartete Lebensende unserer Freundin und ,König:in' schockiert und verwirrt uns zutiefst», hiess es in dem Post auf der Instagram-Seite der Musikerin.
«Mit ihrer einzigartigen Stimme, ihrer Präsenz und ihren Liedern blieb sie seit der Gründung von Rosenstolz eine konstante Lebensbegleiterin für unzählige Menschen. Sie hatte noch viele Musikpläne, als sie im Alter von 55 Jahren in Berlin verstarb. Möge ihre Botschaft der Empathie und klassenlosen Menschenliebe weite Kreise ziehen.»
Text: Lisa Forster, Sabrina Szameitat und Caroline Bock, dpa
Lil Nas X haut jeden Tag einen raus: Der schwule Musiker hat seine Fans mit einer ungewöhnlichen Veröffentlichungsstrategie überrascht (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Unterhaltung
Wer gewinnt den ESC 2025? Auf diese 5 Länder wird gewettet
Die Wettquoten im Vorfeld des Eurovision Song Contest werden mit Spannung beäugt. In zwei Monaten ist wieder Eurovision-Zeit – dieses Mal in Basel, nachdem Nemo mit «The Code» einen historischen Sieg errungen hat
Von Newsdesk Staff
Musik
Österreich
Eurovision Song Contest
Musik
Lil Nas X haut jeden Tag einen raus!
Der schwule US-Rapper hat seine Fans mit einer ungewöhnlichen Veröffentlichungsstrategie überrascht
Von Newsdesk Staff
Unterhaltung
Fussball
Spielerin, Anführerin, Strategin – Doris Fitschen ist gestorben
Nach schwerer Krankheit stirbt Doris Fitschen im Alter von 56 Jahren. Sie hinterlässt eine Partnerin und ein Kind
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
News
Lesbisch