«Das hat hier nichts verloren»: Streit um «Porn Nights» an der Uni Graz

Einer der Vorwürfe lautet: «Abwertung von Heterosexualität»

Symbolbild
Symbolfoto (Bild: Vlad Orlov, Adobe Stock)

Was als unscheinbarer Veranstaltungshinweis für ein Pornofestival begann, hat an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (KUG) eine heftige interne Auseinandersetzung ausgelöst.

Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich daraus ein Konflikt, der grundlegende Fragen nach Kunstfreiheit, akademischer Verantwortung und ideologischen Grenzen an einer Hochschule aufwirft. Auslöser ist eine Initiative des Zentrums für Genderforschung und Diversität (ZfGD), die das Thema Pornografie in den universitären Raum brachte.

Konkret geht es um eine im November veröffentlichte Aussendung des ZfGD, mit der auf die «Porn Nights Graz» hingewiesen wurde. Das Event, das sich selbst als queerfeministisches Pornofestival bezeichnet, wird von den «RosaLila PantherInnen» organisiert. Laut Eigenbeschreibung soll die Veranstaltung einen offenen und reflektierten Umgang mit Sexualität, Nacktheit und Pornografie fördern.

Scharfe Kritik kam unter anderem von Kerstin Feltz, Professorin für Violoncello. Besonders die Aussage, Pornografie sei als Kunst und Kultur zu verstehen, stiess bei ihr auf Widerspruch. In einem Rundschreiben an Kolleg*innen betonte sie, dass eine solche Einordnung die ernsthafte und oft mühevolle künstlerische Arbeit an der Universität abwerte. Pornografie diene primär der sexuellen Erregung und habe daher an einer Kunsthochschule keinen Platz. Über den Streit berichtete die lokale Kleine Zeitung ausführlich.

Verletzende Wertvorstellungen? Mit ihrer Haltung steht Feltz nicht allein. Mehrere Reaktionen aus dem Lehrkörper, die der Kleinen Zeitung vorliegen, unterstützen ihre Sichtweise. In den Stellungnahmen ist von einem Verlust an Niveau und gutem Geschmack die Rede, von verletzten Wertvorstellungen sowie von einer zunehmenden ideologischen Überheblichkeit. Einzelne Lehrende sprechen von einer Entwicklung, bei der Studierende unreflektiert mit problematischen Inhalten konfrontiert würden. Widerstand dagegen sei notwendig.

Die Leiterin des ZfGD, Christa Brüstle, wollte sich öffentlich nicht zum Konflikt äussern und verwies an das Rektorat. In einer internen Stellungnahme hält das Zentrum dagegen, dass sogenannte Porn Studies ein anerkannter Bestandteil der Film- und Kulturwissenschaft seien. Dabei gehe es um die Analyse von Dominanz- und Machtstrukturen in der Pornografie (MANNSCHAFT berichtete).

Gerade Anstand und Respekt zeigten sich darin, irritierende oder unbequeme Themen nicht vorschnell zu delegitimieren. Zugleich räumt das ZfGD ein, dass Teile der Kritik nachvollziehbar seien. Man habe auf die Ankündigungen der Organisator*innen zurückgegriffen, ohne diese ausreichend als solche zu kennzeichnen.

Oemings Buch «Porno. Eine unverschämte Analyse»
Das Buch «Porno. Eine unverschämte Analyse» der Feministin Madita Oeming (Bild: Rowohlt Verlag)

Vorwurf der Selbstinszenierung KUG-Rektor Georg Schulz weist die Vorwürfe zurück. Den Brief von Feltz wertet er als Einzelmeinung. Er habe den Eindruck, dass die Aussendung bewusst missverstanden werde. Das ZfGD habe das Festival nicht beworben, sondern lediglich darauf hingewiesen. Zudem handle es sich um ein «Diskursfestival». Er sehe nichts Problematisches daran, darüber zu informieren. Die Kritik innerhalb der Universität sei überschaubar: Von rund 800 Mitarbeitenden hätten ihm weniger als zehn Einwände vorgebracht. Gleichzeitig räumt Schulz ein, dass sich einzelne Musiker*innen aus Sorge vor beruflichen Nachteilen nicht öffentlich äussern wollten.

Der Rektor kündigte an, sich um eine Entschärfung des Konflikts zu bemühen. Einfach dürfte das jedoch nicht werden. Kritiker*innen des Gender-Zentrums werfen diesem Selbstinszenierung, Wichtigtuerei und persönlichen Machtausbau vor. Besonders stösst ihnen eine wahrgenommene «Abwertung der Heterosexualität» auf.

Der Vorwurf lautet, eine Minderheit versuche der Mehrheit vorzuschreiben, wie sie zu denken habe. Das ZfGD entgegnet, es liege ein Missverständnis vor, das sich nur ausräumen lasse, wenn man das Festival selbst besuche. Um die Spannungen abzubauen, ist nun eine öffentliche Diskussionsveranstaltung geplant.

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