CSD Köthen: Sichtbarkeit unter Stromverbot
Wird eine friedliche LGBTIQ-Versammlung in Sachsen-Anhalt von den Behörden schikaniert?
Am Samstag soll in Köthen in Sachsen-Anhalt der CSD stattfinden. Während dort im Regen die Vorbereitungen laufen, hat das Ordnungsamt kurzfristig untersagt, den Strom zu nutzen – und legt damit queere Stimmen lahm.
Die Pride in Köthen soll am Samstag um 12 Uhr starten am zentralen Marktplatz. Gemeinsam wolle man dort «Vielfalt, Liebe und Akzeptanz» feiern, heisst es auf der Homepage der CSD-Regionalgruppe zum Event.
Allerdings teilte das Radio QueerLive am Samstagmorgen folgende News mit: «Heute sollte Köthen ein Ort der Vielfalt, der Solidarität und der Sichtbarkeit sein. Der CSD Köthen, vorbereitet von engagierten Teams aus Köthen und ganz Sachsen-Anhalt, baut aktuell die Bühne und die Stände auf dem Marktplatz auf – für über 1‘000 erwartete Besucher*innen.» (MANNSCHAFT berichtete über steigende Hasskriminalität gegen LGBTIQ zu CSD-Saison.)
«Doch während der Aufbau läuft, verschärft sich die Situation erneut», heisst es weiter: «Das Ordnungsamt hat untersagt, Strom zu nutzen – und fordert sogar, dass bereits verlegte Kabel wieder entfernt werden.»
«Angriff auf die freie Meinungsäusserung» Diese Entscheidung komme wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung, so QueerLive. Und ergänzt: «Eine Bühne ohne Strom bedeutet: keine Musik, keine Redebeiträge, keine politische Botschaft – und damit ein direkter Angriff auf die freie Meinungsäusserung.»
Zur Erinnerung: Schon im Vorfeld hatte es massive Schwierigkeiten gegeben (MANNSCHAFT berichtete). Das Ordnungsamt wollte dem CSD Köthen untersagen, einen Toilettenwagen aufzustellen, obwohl es im Umfeld keine sanitären Alternativen gibt. Erst ein Gericht in Halle musste am Freitag klarstellen: Der CSD habe ein Recht auf grundlegende Infrastruktur.
«Dass nun erneut kurzfristig elementare Teile der Veranstaltung blockiert werden, legt den Verdacht nahe, dass hier gezielt behindert wird – mit bürokratischen Mitteln statt offener Argumente», so QueerLive.
«Wer Kabel entfernen lässt, will verhindern, dass sich Menschen sichtbar machen» Queere Sichtbarkeit sei kein Störfaktor, sondern ein Menschenrecht, betont der Sender. «Gerade im ländlichen Raum wie in Sachsen-Anhalt braucht es Veranstaltungen wie den CSD, um queeren Menschen eine Bühne zu geben – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Wer den Strom kappt, kappt nicht nur Technik, sondern Stimmen. Wer Kabel entfernen lässt, will offenbar verhindern, dass sich Menschen sichtbar und hörbar machen.»
Die Verantwortlichen im Ordnungsamt Köthen sollten sich bewusst sein: «Sie verhindern heute nicht nur eine friedliche, angemeldete Versammlung. Sie stellen sich gegen grundlegende demokratische Prinzipien.»
Auch in mehreren Städten im benachbarten Brandenburg gehen am Samstag queere Menschen zur CSD auf die Strasse. Die Polizei muss die Demonstrationen allerdings massiv sichern, weil die rechtsextreme Szene immer wieder zu Aktionen gegen solche Veranstaltungen aufrief.
In Bernau (Kreis Barnim) wird mit Protest gegen den CSD gerechnet, der sich das Motto «Queer bleibt hier. Gemeinsam gegen rechts» gab. Es wurde zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen. Auch in Bad Belzig (Kreis Potsdam-Mittelmark), Luckenwalde (Teltow-Fläming) und Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) wird die Polizei die Pride-Paraden begleiten.
Im Juni war es zu einem gewaltsamen Angriff einer Gruppe teils Vermummter auf ein Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde gekommen (MANNSCHAFT berichtete). Am vergangenen Wochenende hatte es bei einer CSD-Veranstaltung in Falkensee (Kreis Havelland) eine Gegendemo von mutmaßlichen Rechtsextremisten gegeben.
Pride 2025: Alle CSD-Termine in Deutschland, Österreich und der Schweiz (MANNSCHAFT berichtete).
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