Schwuz meldet Insolvenz an: Kann die Community den Club retten?
Der Berliner Club Schwuz, seit fast fünf Jahrzehnten ein zentraler Ort queerer Kultur, hat Insolvenz angemeldet. Trotz finanzieller Schieflage soll der Betrieb vorerst weiterlaufen – mit Unterstützung der Community soll ein Neuanfang gelingen.
Der traditionsreiche queere Club Schwuz in Berlin-Neukölln steht vor grossen Herausforderungen: Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit wurde nun Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführung gab die Entscheidung am Donnerstagabend über Instagram bekannt. Vor einer Woche schloss der queere Club die Busche (MANNSCHAFT berichtete).
Trotz des Insolvenzantrags bleibt der Betrieb des Clubs zunächst bestehen. In einer internen Mail, die der Plattform RBB24 vorliegt, heisst es, dass die regulären Veranstaltungen voraussichtlich bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober weiterlaufen sollen. Auch die Arbeitsverhältnisse bleiben demnach bestehen: «Die Beschäftigungsverhältnisse bleiben bestehen und die Gehälter werden weiterhin gezahlt», so die Geschäftsführung.
Schwere wirtschaftliche Krise seit Anfang 2024 Die wirtschaftlichen Probleme des Schwuz zeichnen sich laut Geschäftsführung bereits seit Anfang 2024 ab. Früh sei absehbar gewesen, dass das Jahr mit einem deutlichen Minus enden würde. Eine neue Geschäftsführung, die im März eingesetzt wurde, begann daraufhin mit einer eingehenden Analyse der wirtschaftlichen Lage. Dabei zeigte sich im Mai das gesamte Ausmass der Krise: Monatlich fehlten zwischen 30'000 und 60'000 Euro, zudem waren die Umsätze rückläufig. Auch interne Verwaltungsprobleme sollen zur Verschärfung der Situation beigetragen haben.
Als Konsequenz wurden Ende Mai 33 Mitarbeitende entlassen – darunter auch langjährige Kräfte (MANNSCHAFT berichtete). Die Massnahme stiess auf deutliche Kritik, wurde vom Club jedoch mit dem Verweis auf eine drohende Schliessung begründet. Gleichzeitig wurde ein Crowdfunding gestartet, um wichtige Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen. Bisher konnten davon allerdings nur rund 3'000 Euro der angestrebten 150'000 Euro eingesammelt werden.
Insolvenz als Neustart Die Geschäftsführung betont, dass die Insolvenz nicht das Ende des Clubs bedeuten müsse. Vielmehr sei sie notwendig, «um überhaupt noch Spielraum für Veränderung zu schaffen und das Haus zu schützen». Nun soll ein externer Berater helfen, wirtschaftlich tragfähige Perspektiven zu entwickeln. Dabei seien weitere «grosse und potentiell einschneidende Massnahmen» notwendig.
Auch in den sozialen Medien wendet sich das Schwuz an die Community. In dem Post heisst es: «Zeig, dass das Schwuz gebraucht wird: Komm vorbei. Tanz. Feiere! Gemeinsam können wir bewirken, dass es weitergehen kann.» Es gehe darum, die kommenden Wochen zu nutzen, um gemeinsam mit dem Publikum einen möglichen Weg in die Zukunft zu finden.
Eine Institution der queeren Szene Gegründet 1977 als «SchwulenZentrum», ist das Schwuz heute die wohl bekannteste queere Kulturinstitution Deutschlands. Mit seiner fast 50-jährigen Geschichte war der Club ein zentraler Ort queerer Sichtbarkeit und Emanzipation – unter anderem spielte er eine wichtige Rolle bei der Organisation des ersten Berliner CSD 1979.
Seit dem Umzug 2013 in die Räume der ehemaligen Kindl-Brauerei im Rollbergviertel bietet der Club Platz für über 1000 Gäste. Für viele ist das SchwuZ mehr als nur ein Veranstaltungsort – es ist ein Raum für queere Kultur, Wahlfamilie und Community (MANNSCHAFT berichtete). Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob dieser Raum auch künftig erhalten bleibt.
Mehr: Übergriffe auf queere Menschen: «Die gesellschaftliche Vielfalt ist bedroht» (MANNSCHAFT berichtete)
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