Schliessfächer statt Garderobe: Entlassungswelle beim SchwuZ
Neue Geschäftsführung will so den Traditionsclub für die Zukunft aufstellen
Ärger in der Berliner Clubszene: Das bekannte SchwuZ hat rund einen Drittel seiner Belegschaft entlassen.
Fast 40 Mitarbeiter*innen des ältesten queeren Clubs Berlins wurden entlassen – darunter auch langjährige Angestellte. Mehrere Medien berichteten, einige Beschäftigte hätten erst aus der Presse von den Kündigungen erfahren und sprachen von «Respektlosigkeit» und einer «Shitshow».
Geschäftsführerin Katja Jäger weist das gegenüber MANNSCHAFT zurück: «Die Mitarbeitenden wurden ordnungsgemäss auf dem Schriftweg informiert», sagt sie. Die am darauffolgenden Tag einberufene Belegschaftsversammlung habe der Erläuterung der Hintergründe und dem gemeinsamen Austausch gedient. «Dass die emotionale Wirkung der Kündigungen die Versammlung stark geprägt hat, ist nachvollziehbar», so Jäger. Der nahezu zeitgleich erschienene Artikel in der BZ habe die Stimmung zusätzlich belastet.
Der Vorgang steht im Zusammenhang mit der Krise der Clubszene insgesamt. Die Branche hat seit der Pandemie mit vielen Problemen zu kämpfen: Inflation, steigende Mieten und ein verändertes Ausgehverhalten der Jugend sind nur einige der Probleme. Das SchwuZ wurde als «SchwulenZentrum» im Jahr 1977 in West-Berlin gegründet und hat in seiner Geschichte nicht nur verschiedene Trends überstanden und Magazine wie die Siegessäule hervorgebracht, sondern auch vier verschiedene Locations gehabt. Seit 2013 trägt es zur Diversität mitten in einen arabisch geprägten Kiez von Berlin bei: Neukölln. Auf der betterplace.org hat das SchwuZ eine Spendenkampagne gestartet.
Katja Jäger ist seit Anfang 2025 Geschäftsführerin des Clubs (MANSCHAFT berichtete) und leitete zuletzt die Denkfabrik Betterplace. Laut TAZ wurden insgesamt 32 Kündigungen ausgesprochen, in sechs weiteren Fällen wurden die Verträge nicht verlängert. In der Berliner Zeitung bedauert Jäger die Kündigungen: «Diese Entscheidung ist uns alles andere als leicht gefallen», sagt sie, «aber sie war notwendig, um das SchwuZ wirtschaftlich zu stabilisieren.» Vorwürfe der Diskriminierung marginalisierter Gruppen bei den Entlassungen weist sie zurück.
Die Kündigungen treffen offenbar nicht nur Künstler*innen, sondern auch Personal an Garderobe und Kasse oder Reinigungskräfte. Laut Jäger wolle das SchwuZ «auf digitale Systeme» umstellen, um so «Abläufe effizienter zu gestalten». Statt einer Garderobe gebe es dann Schliessfächer und statt einer Kasse einen «Self Check-in». Im Büro wolle man sich ausserdem von künstlicher Intelligenz helfen lassen.
Inhaltlich setze das «Neue SchwuZ» auf «Communityformate und Kooperationen», besonders unter der Woche. Die Club-eigene Bar soll deshalb unter der Woche geschlossen bleiben. Show-Acts solle es weiterhin geben, als positives Beispiel gelte das gerade erfolgreich gelaufene Musical «Flush» im SchwuZ (MANNSCHAFT berichtete). Wie häufig es noch Auftritte von Drag-Performer*innen geben werde, bleibt offen. «Perspektivisch setzen wir gezielter auf kuratierte Highlights», sagt Katja Jäger, «weniger oft, aber dafür umso präsenter.»
Queere Liebe in den 50er Jahren: Daisy Edgar-Jones, Jacob Elordi und Diego Calva spielen in dem leidenschaftlichen Drama «On Swift Horses» die Hauptrollen. Der Film ist überraschend aktuell (MANNSCHAFT berichtete).
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