«Nur biologisch weiblich»: World Athletics bittet Frauen zum Gentest
Der Leichtathletik-Weltverband verlangt zur WM verpflichtende Gentests von den Athletinnen. Das biologische Geschlecht soll damit überprüft werden. Der Präsident verteidigt die Massnahme.
Leichtathletinnen, die ab September 2025 an internationalen Wettbewerben in der Frauenklasse teilnehmen wollen, müssen einen Gentest absolvieren. Das gab der Leichtathletik-Weltverband World Athletics bekannt. Die neue Regelung gilt bereits für die Weltmeisterschaften in Tokio, die vom 13. bis 21. September stattfinden.
Der Test zielt auf das sogenannte SRY-Gen ab, das auf dem Y-Chromosom liegt und laut Verband ein «zuverlässiger Indikator für die Bestimmung des biologischen Geschlechts» sei. Die Proben sollen durch einen Wangenabstrich oder eine Blutuntersuchung entnommen werden. Die Analyse dauert laut World Athletics je nach Laborstandort zwischen einer und zwei Wochen.
Gentest ersetzt bisherige Testosteronregel Die Regelung ersetzt die bisherige Praxis, bei der der Testosteronwert bestimmter Athletinnen reguliert wurde. Eine interne Arbeitsgruppe des Weltverbands kam zu dem Schluss, dass diese Regelung nicht streng genug sei. Der Gentest soll laut Mitteilung dazu dienen, «die Frauenkategorie hartnäckig zu schützen».
World-Athletics-Präsident Sebastian Coe verteidigte die Neuerung deutlich: «Unsere Philosophie bei World Athletics ist der Schutz und die Wahrung der Integrität des Frauensports», sagte er. «Wir sagen: Auf Eliteebene darf man nur dann in der Frauenkategorie antreten, wenn man biologisch weiblich ist.»
Nationalverbände für Umsetzung verantwortlich Die Durchführung der Gentests liegt in der Verantwortung der nationalen Leichtathletikverbände – darunter auch Swiss Athletics und der Deutsche Leichtathletikverband (DLV). Während sich der Schweizer Verband bereits konkret zur Umsetzung geäussert hat, fehlt vom DLV bislang eine öffentliche Stellungnahme. Weder auf der Website noch über Pressekanäle hat sich der Verband bisher dazu positioniert, wie die neue Vorgabe umgesetzt werden soll.
Swiss Athletics hingegen bestätigte gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass er den Entscheid von World Athletics bereits im März zur Kenntnis genommen habe. Der Verband zeigt sich erleichtert, nun Klarheit über die Regelung der Frauenkategorie zu haben: «Wir sind aktuell mit unserem Medical Team daran zu klären, wie wir diese Vorgabe umsetzen und werden unsere WM-Kandidatinnen zeitnah über die nächsten Schritte informieren,» hiess es auf Anfrage.
Der Fall Semenya und juristische Vorgeschichte Die Diskussion um geschlechtliche Kategorisierung im Spitzensport ist nicht neu. Bereits zuvor hatte World Athletics Athletinnen mit sogenannten «Abweichungen in der sexuellen Entwicklung» verpflichtet, ihre Testosteronwerte medikamentös zu senken. Die prominenteste Betroffene ist die südafrikanische Läuferin Caster Semenya, die zweimal Olympiagold gewann.
Semenya klagte gegen die Regeln und erhielt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilweise Recht (MANNSCHAFT berichtete). Ihre sportliche Teilnahme an internationalen Wettkämpfen blieb jedoch weiterhin eingeschränkt.
Debatte über Chancengleichheit und Autonomie Während World Athletics den Schritt als Beitrag zur Fairness im Frauensport sieht, dürfte die neue Regelung erneut kontroverse Debatten auslösen. Befürworter verweisen auf Chancengleichheit im Wettbewerb, Kritiker sehen in den Gentests einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre und körperliche Autonomie von Athletinnen.
Mehr: 5500 LGBTIQ-Athlet*innen messen sich in Lyon bei den Eurogames (MANNSCHAFT berichtete)
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