Der CSD-Samstag: Hier mit Gegendemo, dort mit Polizeipräsident
Demonstriert wurde in Dresden, Jena, Eberswalde und Wittenberge
Trotz Anfeindungen zieht der zweite CSD durch Eberswalde. Sorgen aber bleiben. Auch der Polizeipräsident ist vor Ort. Auch in anderen Städten in Ostdeutschland wurde für LGBTIQ-Menschenrechte demonstriert.
In Dresden zogen Teilnehmende der Queer Pride Parade durch die Innenstadt, bereits zum fünften Mal demonstrierten sie für ein selbstbestimmtes Leben und gegen Queerfeindlichkeit
Unter erhöhtem Schutz der Polizei haben Hunderte Menschen die zweite Pride in Eberswalde im Nordosten Brandenburgs gefeiert. Die Teilnehmer*innen trafen sich am Bahnhof und zogen mit Wagen durch die Stadt. Der CSD versteht sich als Feier für queeres Leben und Demonstration für die Rechte sexueller Minderheiten. Ein Polizeisprecher sagte, es laufe alles ruhig und ohne Zwischenfälle.
Rund eine Woche nach dem gewaltsamen Angriff von Vermummten auf ein Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde hatte die Polizei ihren Einsatz verstärkt. Ganz in der Nähe der bunten Parade traf sich auch die AfD und lud zu einem Sommerfest. Laut Polizei gab es jedoch keine Situation, wo Beamt*innen hätten einschreiten müssen.
Brandenburgs Polizeipräsident Oliver Stepien war selbst vor Ort. «Wichtig war mir, einen persönlichen Überblick zu bekommen», sagte Stepien der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Veranstaltung. «Ein Ziel ist zu zeigen, dass wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen.» Zudem wolle er seinen Kolleg*innen im Dienst seine Wertschätzung zeigen.
«Wir sind das Bollwerk gegen Faschismus.»
Dietmar Woidke
Der Kampf gegen Rechtsextremismus bleibe eine wichtige Aufgabe der Polizei in Brandenburg, aber auch der Gesellschaft insgesamt, sagte Stepien. Austausch unterschiedlicher Meinungen sei wichtig. Doch Straftaten und Gewalt seien die rote Linie.
Bei einem gleichzeitig stattfindenden SPD-Landesparteitag in Cottbus sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: «Wir sind das Bollwerk gegen Faschismus und Rechtsextremismus.» Der SPD-Politiker verwies auf den Vorfall in Bad Freienwalde am vergangenen Wochenende (MANNSCHAFT berichtete). Rechtsextremisten würden immer dreister, bedrohten, beleidigten und griffen Menschen auch körperlich an. «Das dürfen und das werden wir niemals tolerieren.»
Woidke sagte: «Wir stehen für ein freies und gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen hier bei uns in Brandenburg - egal, wen man liebt, egal, an was man glaubt, egal, was man ist oder woher man kommt.»
Unter dem Motto «Nie wieder still! – Weil Vielfalt leuchten will!» zogen in Jena Tausende CSD-Teilnehmer*innen durch die Innenstadt. Die Organisatoren schätzen die Anzahl der Menschen auf rund 5.000, die Polizei sprach von rund 2.200. «Wir sind völlig überwältigt von der Teilnahme», sagte Petra Teufel, Mitorganisatorin des CSD Jena Bündnisses der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Das sei die höchste Beteiligung seit Jahren.
Mit Regenbogenflaggen, Transparenten und lauter Musik zogen die Demonstrierenden über Leutragraben, Fürstengraben, Löbdergraben und Holzmarkt durch das Zentrum und schließlich vorbei am Paradies-Bahnhof. Dabei hielt der Aufzug mehrfach für Zwischenkundgebungen. Die Demonstration verlief friedlich und ohne Zwischenfälle, sagte eine Sprecherin der Landespolizeiinspektion Jena. Zusätzlich zu den Mitarbeitern der LPI Jena hätten Beamte der Bereitschaftspolizei die Versammlung abgesichert.
Der Christopher Street Day endet heute mit einer Abschlussveranstaltung auf der Rasenmühleninsel, samt Bühne und Konzerten bis in den späten Abend. Geplant ist auch eine «gigantische Drag- und Burlesque-Show» mit Künstlerinnen aus Jena und Erfurt, sagte CSD-Bündnis-Sprecherin Theresa Ertel. Für die Umsetzung der Bühnenshow hatten die Organisatoren auf der Crowdfunding-Plattform «gofundme» zu Spenden aufgerufen. Der Zielbetrag von 9.000 Euro ist dabei einen Tag vor Veranstaltungsbeginn am Freitag zusammengekommen. «Über 200 Personen haben gespendet», so Ertel.
Am ersten CSD in Wittenberg haben nach Polizeiangaben rund 460 Menschen teilgenommen. Bei einer rechten Gegendemonstration seien nur etwa 70 Teilnehmer*innen gezählt worden, wie eine Sprecherin der Polizei mitteilte. Es habe zwei Strafanzeigen wegen Beleidigung aus den Reihen der Gegendemonstrant*innen gegeben. Insgesamt sei der CSD in Wittenberg friedlich abgelaufen. Die Teilnehmer*innen demonstrieren für Gleichberechtigung, Teilhabe, Demokratie und Grundrechte. Die CSDs in verschiedenen Städten erleben laut Veranstalter*innen zunehmend Gegenwind durch Hass und Hetze.
Das schwule Influencer-Paar Jamie und Fiongal G. aus Grossbritannien gehört zu den 242 Passagier*innen an Bord der Air-India-Maschine, die in Indien abstürzte (MANNSCHAFT berichtete).
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