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«Sei mein Match»: Queere Stamm­zell­spender*innen für Mario gesucht

Der 51-Jährige hat Leukämie und hofft, in der LGBTIQ-Community seinen genetischen Zwilling zu finden

Stammzellenspende
Mario hat Leukämie (Foto: DKSM Presse)

Die DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) sucht in einer Online-Registrierungsaktion für den Berliner Mario einen «genetischen Zwilling», weil die weltweite Suche nach einem solchen bislang erfolglos war.

In einer Presseaussendung heisst es: «Den Jahreswechsel hatte Mario sich wahrlich anders vorgestellt. Eigentlich wollte er Silvester mit seinem Lebensgefährten Dirk und mit den engsten Freunden verbringen. Bei einem leckeren Essen in den Abend starten, mit den Kindern von Freunden Tabu spielen, zu seiner Lieblingsmusik tanzen und das Leben geniessen.»

Doch das Leben hatte andere Pläne. Mario erkrankte an einer akuten myeloischen Leukämie (AML), eine besonders aggressive Form von Blutkrebs. Eine riesige Chance für ihn wäre eine Stammzelltransplantation, doch ein*e passende Spender*in wurde bislang nicht gefunden.

Statt in seinem gemütlichen Häuschen in der Uckermark sitze Mario jetzt in einem Krankenzimmer des Bettenhochhauses in Berlin, schreibt DKSM. Statt elektronischer Beats, die er so gerne mag, durchbreche das monotone und schrille Piepen der Medikamentenregler die Stille, heisst es weiter: «Sein einziger ‹Tanzpartner›  ist der Infusionsständer, den er schon seit Tagen auf Schritt und Tritt vor sich herschiebt.»


Diagnose kam kurz vor Weihnachten
Seit kurz vor Weihnachten wisse Mario, dass er an AML leidet, so DKSM. Unbehandelt führt die Krankheit innerhalb kurzer Zeit zum Tod. Neben einer intensiven Chemotherapie braucht der 51-Jährige aller Voraussicht nach auch eine Stammzelltransplantation, um gesund zu werden, schreibt DKSM weiter.

Als Mario – der sich als «junggebliebenen Mann in den besten Jahren» beschreibt – die Diagnose Ende Dezember bekam, traf sie ihn wie ein Schlag. In den Wochen zuvor schmerzten ihm gelegentlich die Gelenke und abends wurde er früh müde; wirklich beunruhigend war das für ihn jedoch nicht. Er hatte erst wenige Monate zuvor eine schwere Operation überstanden, als ihm in einer Notoperation die gerissene Milz entfernt worden. Dabei hatte er vier Liter Blut verloren.

Mario fand es verständlich, dass sein Körper noch nicht wieder der alte war. Erst als sich Ende November zusätzlich Nachtschweiss und ein Hautausschlag einstellten, ahnte er, dass irgendetwas nicht stimmte.


Freund*innen hüten abwechseln die drei Katzen
Es brauchte ein paar Wochen, bis die Diagnose Blutkrebs feststand. Dann ging alles sehr schnell: Mario wurde stationär aufgenommen und erhielt eine intensive Chemotherapie. Mario und sein Partner Dirk erfahren seither viel Unterstützung von Freund*innen, so DKSM. Sie organisieren sich, hüten abwechselnd die drei Katzen, die Mario so liebt, machen Besorgungen und sind für beide da.

Stammzellenspende
Mario mit seiner Katze Sam (Foto: DKSM Presse)

Im Krankenhaus besuchen können sie Mario nicht, denn er infizierte sich unmittelbar nach Beginn der Chemotherapie mit Covid und musste isoliert werden. Aber auch davon lässt Mario sich nicht unterkriegen: «In meinem Leben gab es dunkle Stunden und viele Hürden, die ich nehmen musste. Das hat mich stark gemacht für das, was jetzt auf mich zukommt», sagt er.

Trotz der ungewissen Zukunft schmieden Mario und Dirk Hochzeitspläne, teilt DKSM mit. Noch im Frühjahr wollen sie auf dem Standesamt ihre langjährige Liebe im engsten Freundeskreis besiegeln. «Ich bin seit einigen Jahren sehr glücklich und zufrieden. Ich habe eine intensive, authentische Partnerschaft und bin umgeben von Menschen, die ich liebe und die mich lieben. Ich will leben und ich werde leben», ist Mario überzeugt.


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Mario glaubt fest daran, dass es irgendwo da draussen seinen genetischen Zwilling gibt. Er hofft, dass sich möglichst viele Menschen registrieren lassen, zählt dabei auch auf die queere Community: «Viele Schwule wissen nicht, dass sie zwar kein Blut spenden dürfen (MANNSCHAFT berichtete), mit ihren Stammzellen aber durchaus Leben retten können. Genauso, wie viele Menschen nicht wissen, dass es sich bei der Stammzellenspende in den allermeisten Fällen um keinen grösseren Eingriff handelt, weil die Zellen aus dem Blut gewonnen werden können. Es wäre schön, wenn wir dafür mit dieser Kampagne ein stärkeres Bewusstsein schaffen.»

Registrierungsunterlagen mit wenigen Klicks bestellen
Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann Mario helfen und sich mit wenigen Klicks hier die Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen. Die Registrierung geht einfach und schnell: Mithilfe von drei medizinischen Wattestäbchen und einer genauen Anleitung sowie einer Einwilligungserklärung kann jede*r nach Erhalt des Sets selbst einen Wangenschleimhautabstrich vornehmen und anschliessend per Post zurücksenden, damit die Gewebemerkmale im Labor bestimmt werden können. Spender*innen, die sich bereits in der Vergangenheit registrieren liessen, müssen nicht erneut teilnehmen. Einmal aufgenommene Daten stehen auch weiterhin weltweit für Patient*innen zur Verfügung.

Besonders wichtig ist es, dass die Wattestäbchen nach dem erfolgten Wangenschleimhautabstrich zeitnah zurückgesendet werden.

Bei der DKMS sind weltweit über elf Millionen Menschen als potenzielle Knochenmark- und Stammzellspender registriert, davon über sieben Millionen in Deutschland. Bezogen auf den Anteil der in Deutschland lebenden Spender verfügt die DKMS über etwa 73 Prozent aller in Deutschland typisierten Spender*innen und über etwa 28 Prozent aller weltweiten Spender*innen. Die DKMS ist somit eine der führenden Stammzellspenderdateien weltweit.

Insgesamt wurden bis Mai 2022 weltweit über 100’000 Knochenmark- bzw. Stammzellspenden von DKMS vermittelt.

Beim Blutspenden in Deutschland sollen Beschränkungen für homosexuelle Männer entfallen; das ist das Ziel einer Vorgabe der Bundesregierung an die Bundesärtzekammer (MANNSCHAFT berichtete).


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