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Rechtskommission sieht Ungarns Verfassungszusatz gegen LGBTIQ kritisch

Erstmals listet auch die Organisation Reporter ohne Grenzen unter «Feinde der Pressefreiheit» Regierungschef Orbán auf

Ungarn
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Foto: John Thys/AFP Pool/AP/dpa)

Rechtsexpert*innen des Europarats haben Bedenken zu einem Verfassungszusatz in Ungarn geäussert, der die Rechte von LGBTIQ weiter einschränken könnte.

Kritisch sieht die Venedig-Kommission etwa einen Part, der festschreibt, dass das Geschlecht eines Kindes in Ungarn bei der Geburt unveränderbar festgelegt wird. Dies solle abgeändert oder aufgehoben werden, um trans Personen nicht die Anerkennung ihres Geschlechts zu verwehren, wie es in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme der Strassburger Rechtsexperten hiess.

Ungarn hatte im Dezember den neuen Verfassungszusatz eingeführt (MANNSCHAFT berichtete). Dieser schliesst auch die Adoption eines Kindes durch gleichgeschlechtliche Paare aus. «Der Vater ist Mann, die Mutter ist Frau», heisst es im Text des Dokuments. Das Fachgremium des Europarats sah darin allerdings nur rechtliche Bedenken, sollten unverheiratete oder alleinstehende Heterosexuelle adoptieren dürfen.

In Bezug auf eine weitere Passage des Verfassungszusatzes zur Erziehung verwies das Gremium darauf, dass der Lehrplan an Schulen vielfältig sein solle und das Recht der Eltern, zwischen konfessionellen und nicht-religiösen Kursen zu wählen, geachtet werden müsse.


Keine öffentliche Beratung zur Änderung
Ob Teile des Verfassungszusatz letztlich konform mit den Menschenrechten, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sind, hängt den Fachleuten zufolge vor allem von den Gesetzen und Regelungen ab, die künftig auf dem Zusatz beruhen werden. Besorgt sei man allgemein aber, dass es keine öffentliche Beratung zu der Änderung gegeben habe und die Neuerungen im Notstand erlassen worden waren.

Jörg Meuthen (AfD) sagte am Sonntag zu Orbáns kürzlich beschlossenem Gesetz gegen LGBTIQ: «Ich halte es, nachdem ich es mir angeschaut habe, in keiner Weise für homophob.» (MANNSCHAFT berichtete).

Zudem führt die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) in ihrer turnusmässigen Liste der «Feinde der Pressefreiheit» erstmals einen Regierungschef aus der Europäischen Union auf: den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. «Seit Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 an die Regierung gekommen sind, haben sie Ungarns Medienlandschaft Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht», kritisierte die Journalist*innenvereinigung am Montag in Berlin.


«Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender wurden in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert, zu der auch Ungarns einzige Nachrichtenagentur MTI gehört», schreib RSF in einer Mitteilung. «Die regionale Presse ist seit dem Sommer 2017 vollständig im Besitz Orban-freundlicher Unternehmer. Im Herbst 2018 wurden fast 500 regierungsnahe Medienunternehmen in einer Holding zusammengefasst, um ihre Berichterstattung zentral zu koordinieren.»

Die Liste mit «Feindinnen und Feinden der Pressefreiheit» umfasst 37 Staatsoberhäupter*innen und Regierungschef*innen, die in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern.

Neben Orbán ebenfalls neu aufgeführt sind der immer wieder gegen Medien hetzende brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman und Yoweri Museveni aus Uganda.


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