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«Innenminister nimmt Kampf gegen Hassverbrechen nicht ernst»

In Wien wurde ein neuer Bericht über die Lage der LGBTIQ-Community vorgelegt

Gewalt
Symbolbild: Adobestock

Die SPÖ erhebt schwere Vorwürfe an das Innenministerium, weil diese die Veröffentlichung der bei der Polizei gemeldeten Angriffe auf queere Personen verweigert.

In Österreich hat sich die Lage für queere Personen verschlechtert. «Die enorme Zunahme von Hassverbrechen, Diskriminierungen und in vielen Fällen leider sogar Gewalt sorgt heute dafür, dass immer mehr Menschen sich nicht sicher fühlen», schreibt Mario Lindner, SPÖ-Sprecher für Gleichbehandlung, Diversität und LGBTIQ, im Vorwort des Berichts über die Lage der LGBTIQ-Community im Jahr 2023. Der Bericht wurde an diesem Montag in Wien in einer Pressekonferenz vorgestellt. Darin geht es um Queerfeindlichkeit, Hass-Kriminalität und den fehlenden Schutz für die queere Community.

Seit dem Sommer 2022 sind die Angriffe auf LGBTIQ-Personen vielfältiger geworden

«Seit dem Sommer 2022 sind die Angriffe auf LGBTIQ-Personen vielfältiger geworden: NGOs, Betroffene und Medien berichten über Vandalismus, öffentliche Beschimpfungen und gewaltsame Angriffe», heisst es in dem Bericht. Dazu hat die sozialdemokratische LGBTIQ-Organisation SoHO Österreich und der SPÖ-Parlamentsclub Angriffe auf queere Personen in ganz Österreich zusammengetragen.

Im Gegensatz zu früheren Berichten sind diesmal jedoch keine Zahlen über die bei der Polizei gemeldeten Angriffe enthalten. Denn das von der konservativen ÖVP geführte Innenministerium von Innenminister Gerhard Karner verweigert jegliche Auskunft darüber, wie viele Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen im vergangenen Jahr angezeigt wurden.


«Dass der Innenminister dem Parlament die verfassungsmässige Transparenz verweigert, ist nicht nur demokratiepolitisch bedenklich, sondern zeigt auch, dass sein Ressort den Kampf gegen Hassverbrechen nicht ernst nimmt», ist Lindner empört.

Seit einem Jahr jedoch verweigert der Minister eine Veröffentlichung

«Sowohl unter seinem Vorgänger Nehammer als auch in Karners ersten Monaten im Amt wurden dieselben parlamentarischen Anfragen zwar ordnungsgemäss und sogar quartalsweise beantwortet – seit einem Jahr jedoch verweigert der Minister eine Veröffentlichung», kritisiert Lindner.

Solidarisch. Selbstbestimmt. Stolz. 🏳‍🌈 PRIDE bedeutet nicht einmal im Jahr die Regenbogenfahne zu schwenken. PRIDE ist nicht nur eine riesige Party. Und PRIDE ist nicht nur eine riesige Werbefläche. PRIDE ist die #Solidarität, #Selbstbestimmung und #Stolz! HAPPY PRIDE! pic.twitter.com/bXte3TKNLo

— SoHo Österreich (@soho_or_at) June 11, 2019

Der SPÖ-Politiker betont, dass Karners Wunsch, schlechte Pressemeldungen zu vermeiden, niemals ein Grund für Nicht-Beantwortungen gegenüber dem Parlament sein darf. Allein 2021 wurden bei der Polizei 6619 Hassverbrechen angezeigt, 376 davon wegen der sexuellen Orientierung. Das bedeutet eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. «Es ist sehr wahrscheinlich, dass die deutliche Zunahme von Hassverbrechen sich im letzten Jahr fortgesetzt hat und der Innenminister diese Zahlen so lange wie möglich verheimlichen will», so Lindner.


Der von der SPÖ jetzt veröffentlichte Bericht stützt sich deshalb auf die öffentlich gewordenen Fälle von Queerfeindlichkeit und Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen, um klarzumachen, wie viel die Politik noch zum Schutz von queeren Personen zu tun hat. Der Bericht enthält auch viele Angriffe von queeren Personen oder Community-Organisationen, die an die SoHO Österreich gemeldet und in anonymisierter Form wiedergegeben wurden. Anbei ein Auszug:

Wien: Anfang Juni 2023 wurden drei Wiener*innen beim Verlassen eines Clubs attackiert. «Als wir nach dem Feiern die Stiegen hinaufgegangen sind, wurden wir als ‹Scheiss Transen‹ bezeichnet, woraufhin wir mehrere Male ins Gesicht geschlagen wurden … Nachdem mein Mitbewohner zu Boden ging und ich eine Treppe hoch geflüchtet bin, sind die drei Unbekannten nach oben geflüchtet. Mein Mitbewohner hat ein blaues Auge und mehrere blutige Verletzungen im Gesicht. Ich persönlich habe keine sichtbaren Schäden, aber Schmerzen in der linken Gesichtshälfte und wahrscheinlich eine kleine Gehirnerschütterung.»


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Innsbruck: Im Juni 2023 wurde eine trans Frau in Innsbruck auf offener Strasse angegriffen. «Ich wurde persönlich am 26. Juni angegriffen, als offensichtlich betrunkene Jugendliche (männlich gelesen) mir am Heimweg lautstark sagten, was sie von mir halten und für die ganze Strasse hörbar nachriefen, wie sie mich am liebsten vergewaltigen würden.»

Mistelbach: Auch bei der Mistelbach Pride im Mai 2023 kam es zu Angriffen. «Beim Parken und Aussteigen am Weg zur Mistelbach Pride wurden sowohl ich als auch drei mit mir mitgefahrene Dragqueens bereits angepöbelt von einer Gruppe leider intoleranter Menschen. Beim Nachhauseweg ist bereits aufgefallen das sorgfältig Luft aus einem der hinteren Reifen ausgelassen wurde, nichts desto trotz startete ich das Auto und wir machten uns nach Richtung Wien. Nach ca zehn Minuten bei der Autobahn-Auffahrt bekam ich dann den kompletten Motorschaden. Hier hat jemand … mein Auto also aufgebrochen und Schrauben am Motor rausgedreht, weswegen … alle Schläuche weggerissen und meine gesamte Motorhaube voller Öl und Rauch war. Zum Glück konnte ein Feuer vermieden werden.»

#Linz Am Weg zur Regenbogenparade in Linz wurden Wiener Aktivist*innen verbal angegriffen, die beistehenden Wartenden schritten nicht ein. «Bulgariplatz, Strassenbahnhaltestelle am Weg zur Pride: Wüste Beschimpfungen eines Wartenden Passanten, wir seien pervers und uns hätte man ja ins Hirn geschissen – früher hätte es das nicht gegeben. Ca 15 Passant*innen schritten hierbei auch nicht ein.»

#Linz Ein schwules Paar wurde nach der Linz Regenbogenparade 2023 auf einer öffentlichen Toilette von sieben Jugendlichen angepöbelt. «Nachdem wir wieder gehen wollten, hat eine Jugendlicher zuerst meinem Verlobten leicht ins Gesicht geschlagen und nachdem ich durchwollte und auf seine Bemerkungen nicht eingegangen bin, mich ebenfalls leicht ins Genick geschlagen.»

#Wiener Neustadt Im Umfeld der ersten Parade in Wiener Neustadt, die Anfang Juni 2023 stattfand, berichten mehrere Teilnehmer*innen von Angriffen. «Wüste Beschimpfungen ‹Schwuchtel›, ‹geht sterben› usw. während der Wiener Neustadt Pride von ca. acht Personen, unabhängig von einander.» Ausserdem: «Am Weg zum Beginn der Pride: Fahrendes Auto bleibt stehen, kurbelt Scheibe runter, junge Männer schreien im Chor ‹wir sollen sterben›.»

#St. Pölten Auch im Zuge der St. Pöltner Parade im Mai 2023 kam es zu verbalen Angriffen auf Teilnehmer*innen der Kundgebung. Ein Betroffener berichtet beispielsweise über «Beschimpfungen während St. Pölten Pride: Verrottet doch alle in der Hölle!»


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#Wien Nach Abschluss der Wiener Regenbogenparade kam es auch in diesem Jahr wieder zu Angriffen auf Community-Mitglieder. «Wiener sitzt im Park vor der Rathausbühne – schimpft mit Frauen gegenüber: ‹gibt nur Mann und Frau, … ich bin ein Mensch – ihr nicht …, schleichts eich ausm Park›». «Mein Versuch zu deeskalieren wird zu: ‹Wenn du da herkommst, hau ich dir in die Goschn.›»

Es werden bewusst Regenbogen-Fahnen, Pride-Schutzwege und andere Symbole angegriffen und geschändet.

In dem von der SPÖ veröffentlichten Bericht werden auch viele Angriffe von Rechtsextremen auf die queere Community aufgelistet – wie Blockaden gegen Kinderbuchlesungen (MANNSCHAFT berichtete), rechte Angriffe auf Community-Treffpunkte (MANNSCHAFT berichtete) und eine Störaktion von Rechten gegen die Regenbogenparade in Klagenfurt. Hinzu kommen zahlreiche Vandalenakte gegen die queere Community. Es «werden bewusst Regenbogen-Fahnen, Pride-Schutzwege und andere Symbole im öffentlichen Raum angegriffen und in vielen Fällen bewusst mit LGBTIQ-feindlichen Botschaften geschändet», heisst es in dem Bericht.

Die SPÖ und queere Organisationen fordern einen nationalen Aktionsplatz gegen Hass und Gewalt, ein Anti-Diskriminierungsschutzgesetz, ein Operationsverbot an inter Kindern, ein Gesetz gegen Konversationstherapien und die Entschädigung von homosexuellen Unrechtsopfern in der NS-Zeit.

Sein Weg zur Kunst ist ein verschlungener: Als Junge spielt Andreas Tobias die Mini-Playbackshow nach. Als Teenager verliert er seine Mutter, als aufstrebender Schauspieler sich selbst. In der Fotografie verbindet er sich mit nackten Männern und weinenden Gesichtern – und sucht sich dabei selbst (MANNSCHAFT+).


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