Beim Pride Walk in Basel bespuckt und mit Zigarette beschmissen
Flavio Miletta lief mit langer Regenbogenschleppe an der Spitze des Pride Walks in Basel, als er tätlich angegriffen wurde. Der Polizei wirft er Untätigkeit vor. Diese weist den Vorwurf zurück.
Bei «Basel tickt bunt» am 28. Juni ist es laut Flavio Miletta zu einem homophoben Übergriff am Claraplatz gekommen, nachdem er mit acht Meter langer Regenbogenschleppe den Pride Walk eröffnet hatte. Der Vorfall in Basel ereignete sich gegen Beginn des Umzugs um 16:45, als der Demonstrationszug kurz für den Tramverkehr stoppen musste.
Wie Miletta in einer E-Mail an MANNSCHAFT berichtet, sei ein junger Mann mit freiem Oberkörper zielgerichtet auf ihn zugelaufen, habe ihn beschimpft, bespuckt und mit einer brennenden Zigarette beworfen. Der Angriff habe sich demnach in Sichtweite der Polizei ereignet. Diese habe jedoch, so Flavio, nicht auf Hilferufe reagiert. Der Täter habe mit der brennenden Zigarette ein Entzünden des Stoffs riskiert. Miletta habe mehrere Kleidungsschichten getragen und hätte die Schleppe nicht ohne Weiteres ablegen können. Erst durch das Eingreifen anderer Teilnehmenden und seiner Partnerin Luana F. habe sich der mutmassliche Angreifer entfernt.
«Wir müssen uns nicht alles gefallen lassen», schreibt Flavio, der mit seiner langen Regenbogenschleppe bereits an der Spitze des Umzugs der Zurich Pride mitgelaufen ist. Er fordert, dass der Vorfall öffentlich gemacht und aufgearbeitet wird: «Jetzt erst recht. Wir sind laut und stolz.»
Auf Anfrage bestätigt Adrian Plachesi, Mediensprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt, dass zu diesem Vorfall am 1. Juli eine Anzeige eingegangen sei. Vor Ort hätten die Einsatzkräfte jedoch keinen entsprechenden Vorfall feststellen können. Eine polizeiliche Sicherheitsassistentin sei zwar von einer «aufgebrachten Person» auf ein mögliches Ereignis angesprochen worden, dieses sei jedoch weder beobachtet noch im Nachhinein konkret geschildert worden. Auch die nachträglich entsandte Patrouille habe keine Situation feststellen können, die ein polizeiliches Einschreiten erforderlich gemacht hätte. Sie habe auch niemanden angetroffen, der einen Übergriff bestätigen oder melden wollte.
«Die Kantonspolizei Basel-Stadt konnte am betreffenden Anlass am Claraplatz kein entsprechendes Ereignis feststellen», so Plachesi. Es sei daher nicht korrekt, der Polizei Untätigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber queeren Personen vorzuwerfen.
«Auch wenn die subjektive Wahrnehmung der betroffenen Person anders ist: Die Kantonspolizei Basel-Stadt pauschal gegen die queere Community auszuspielen, ist falsch.» Man habe im Rahmen von Veranstaltungen wie dem Eurovision Song Contest bewiesen, dass man der queeren Community professionell und freundlich zur Seite stehe.
Veranstalter*innen kündigen Aufarbeitung an Das Organisationskomitee von «Basel tickt bunt» nimmt den Vorfall ernst. Lukas Tobler, Teil des OK, sagte gegenüber Watson, man wolle die Rolle der Polizei beim Vorfall genau anschauen: «Wir nehmen die Polizei als beschützende Instanz wahr. Da dies im vorliegenden Fall nicht der Fall war, werden wir mit der Polizei in den Dialog treten und zusammen den Vorfall aufarbeiten.»
Für Miletta bleibt nach dem Vorfall vor allem Wut. Zwar lief er die Parade bis zum Ende mit, doch die Freude sei verflogen gewesen. «Früher wurden wir einfach beleidigt, jetzt schon bespuckt und mit Zigaretten beworfen. Was kommt als Nächstes? Steine?», fragt er sich. Auch an den Regierungsrat Basel-Stadt habe er bereits einen Beschwerdebrief geschickt.
Hinweis der Redaktion: Solltest du Hinweise oder Beobachtungen zum beschriebenen Vorfall am 28. Juni gegen ca. 16:45 Uhr am Claraplatz gemacht haben, wende dich bitte an die Kantonspolizei Basel-Stadt oder – bei Wunsch nach anonymisierter Weitergabe – an unsere Redaktion.
Mehr: Swisscom, Amorelie, Nivea werben im Pride-Month – Pinkwashing oder echtes Engagement? (MANNSCHAFT-Story)
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