Immer mehr Fälle von Gewalt gegen LGBTIQ in Berlin angezeigt
Die Zahl der Anzeigen hat sich in acht Jahren vervierfacht
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat auch in diesem Jahr Hunderte Fälle von Hasskriminalität verfolgt.
Bis Ende August registrierte die Zentralstelle Hasskriminalität insgesamt 2606 Fälle, in denen Menschen wegen ihrer Religion, sexuellen Orientierung oder politischer Arbeit angegriffen wurden. In 961 Fällen davon ging es um Straftaten im Internet, wie Leiterin Ines Karl der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage sagte. 659 Verdächtige sind namentlich bekannt.
Im von der Corona-Pandemie geprägten Gesamtjahr 2021 registrierte die Zentralstelle insgesamt 3735 Verfahren, davon 1637 im Internet (MANNSCHAFT berichtete). 1085 Verdächtige konnten damals namentlich ermittelt werden. Im Jahr vor der Corona-Pandemie nahm die Staatsanwaltschaft insgesamt 2068 Fälle von Hasskriminalität auf, 2017 waren es noch 1133. Damals wurden solche Taten von der Staatsanwaltschaft generell erfasst.
«Es hat eine Verrohung im Netz stattgefunden. Aus meiner Sicht auch, weil lange Zeit wenig getan wurde und kaum Grenzen aufgezeigt wurden», meinte Oberstaatsanwältin Karl.
Seit September 2020 gibt es die Zentralstelle Hasskriminalität. Die Behörde war nach den Anschlägen in Halle und Hanau entstanden und will Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Anfeindungen besser begegnen können. Die Mitarbeitenden suchen den Kontakt zu Beratungsstellen, Interessenvertretungen oder sind auf Veranstaltungen vertreten. «Wir wollen so das Vertrauen in Polizei und Justiz stärken», sagte Karl.
Bevor die Juristin die Leitung der Zentralstelle übernahm, war sie seit 2012 bei der Staatsanwaltschaft eine der Ansprechpartnerinnen im Bereich LGBTIQ. Karl sieht seitdem Fortschritte, etwa bei der Anzeigebereitschaft in der Community: «In den acht Jahren haben sich die Anzeigen vervierfacht», sagte sie (MANNSCHAFT berichtete). 2012 habe es in dem Bereich noch rund 100 Anzeigen gegeben.
Letztlich sei es schwer zu beurteilen, ob es sich bei den steigenden Zahlen darum handele, dass Taten aus Dunkelfeld herausgeholt würden oder ob es generell eine Zunahme der Taten gebe. «Eine Liberalisierung der Gesellschaft bringt auch mit sich, dass es viel mehr Berührungspunkte und Konflikte gibt, als wenn alle Menschen im stillen Kämmerlein sitzen und sich nicht outen.»
Wichtig sei in jedem Fall, den Betroffenen zu vermitteln, dass die Anfeindungen ernst genommen werden. «Anders als früher nehmen wir immer ein öffentliches Interesse an, wenn Einzelne als Repräsentant oder Repräsentantin einer Gruppe angegriffen werden», erklärte Karl. «Es muss im Interesse des Staates sein, diese Gruppen zu unterstützen.»
Dass es in einem Grossteil der Verfahren nicht zur Anklage komme, mache viele Menschen betroffen, schilderte die Juristin. «Die Hürden sind jedoch hoch. Manche Äusserungen, die von Betroffenen als Hasskriminalität empfunden werden, sind nach der Rechtsprechung noch von der Meinungsfreiheit gedeckt», erklärte sie.
Im Jahr 2021 seien in 64 Fällen Geldstrafen per Strafbefehl ausgesprochen worden, also ohne mündliche Verhandlung. In 169 Fällen seien die Vorwürfe mit bereits laufenden Verfahren von Beschuldigten zusammengeführt worden. 538 Verfahren seien an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden, wo die Verdächtigen ihren Wohnsitz hatten.
Das könnte dich auch interessieren
Dating
Drohen Grindr & Co damit, queerfeindliche Republikaner zu outen?
In den USA sorgt ein Social-Media-Post für Aufsehen: Angeblich sollen Dating-Apps gedroht haben, versteckt lebende republikanische Politiker zu outen, falls die Partei weiter das Ende der Ehe für alle betreibt.
Von Newsdesk Staff
Coming-out
Queerfeindlichkeit
News
Deutschland
Nach queerfeindlichem Angriff in Berlin – Polizei bittet um Mithilfe
Mit der Veröffentlichung von Fotos sucht die Polizei Berlin nach einem Mann, der zusammen mit drei weiteren Männern am 6. Juli 2023 in Kreuzberg zwei Frauen queer- und frauenfeindlich beleidigt und verletzt haben soll.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
News
Lesbisch
USA
Gedenken an Harvey Milk soll getilgt werden, zugunsten von Charlie Kirk
Ein republikanischer Abgeordneter des Bundesstaates Utah hat einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, um eine dem Schwulen-Aktivisten Harvey Milk gewidmete Strasse nach Charlie Kirk umzubenennen.
Von Newsdesk Staff
News
Aktivismus
International
USA
«LGBTIQ geben mir Krebs» – Fluggast erzwingt Notlandung
Eine Maschine von Sun Country Airlines musste in Chicago zwischenlanden, nachdem ein Mann an Bord lautstark gegen queere Menschen hetzte. Der Passagier trug 15 Masken!
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
News
Kurznews
International