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Evangelikale in Deutschland streiten über Eheöffnung

Es geht um die Frage, ob gleichgeschlechtliche Partnerschaften kirchlich gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden

Bild: iStockphoto

Ob schwule und lesbische Paare kirchlich gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden, darüber streiten Evangelikale in Deutschland erneut nach einer Buchveröffentlichung.

Hintergrund ist ein Buch des Ärztlichen Direktors der christlichen psychiatrischen Klinik Hohe Mark in Oberursel im Taunus. Martin Grabe hatte in dem im Juni erschienen «Homosexualität und christlicher Glaube: ein Beziehungsdrama» vorgeschlagen: «Homosexuelle Christen dürfen ebenso wie heterosexuelle Christen eine verbindliche, treue Ehe unter dem Segen Gottes und der Gemeinde eingehen und sind in der Gemeinde in jeder Hinsicht willkommen.»

Kürzlich hatte er dem christlichen Pro Medienmagazin ein Interview gegeben, in dem er u. a. gefragt wurde, ob sich seine Patienten wünschten, heterosexuell zu werden oder als Homosexuelle akzeptiert zu werden. Grabe erklärte daraufhin, die sexuelle Orientierung ist in aller Regel nicht das Hauptthema für Menschen, die zu ihm kämen.

«Nicht selten entdecken Patienten erst im Zuge einer Therapie eine bislang verdrängte Homosexualität, weil es in unserer Gesellschaft immer noch viele Gründe dafür gibt, nicht lesbisch oder schwul sein zu wollen. Umgekehrt gibt es keinen Grund, nicht heterosexuell sein zu wollen.» Deswegen gebe es so gut wie keinen Homosexuellen, der eine bislang verdrängte Heterosexualität entdecke, so Grabe.


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Nun gehört die Klinik Hohe Mark – wie etwa auch das Diakonie-Krankenhaus Wehrda Marburg und weitere Häuser – zu der vom Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) gegründeten evangelikalen DGD-Stiftung. Auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur Idea haben jetzt DGD und DGD-Stiftung, der Vorsitzende der Evangelischen Allianz in Deutschland, Ekkehart Vetter (Mülheim an der Ruhr), und der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden den Vorschlag Grabes abgelehnt.

Uneingeschränkte Zustimmung kam auf Facebook von dem scheidenden Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften), Michael Diener (Kassel). Zurückhaltender äusserte sich der Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Deutschland, Harald Rückert (Frankfurt am Main). Der Bischof weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Evangelisch-methodistische Kirche weltweit, aber auch in Deutschland genau über diese Frage diskutiere (MANNSCHAFT berichtete).

Es gebe verschiedene Sichtweisen. In Deutschland laufe derzeit ein Austauschprozess in Form eines Runden Tisches. Ziel sei, trotz unterschiedlicher Auffassungen als Kirche zusammenzubleiben. Dass Grabe als Christ und Therapeut «uns Gemeinden eine offenere Haltung ins Stammbuch schreibt», verstehe Rückert als geistliche Mahnung.


Er wünsche sich, dass es der EmK in Deutschland gelingen möge, auf dem von Buchautor Grabe beschriebenen Weg ein gutes Stück weiterzukommen: «Es wird uns viel abverlangen. Aber die Gemeinschaft, in die uns Christus gestellt hat, die Gemeinschaft von konservativen Geschwistern mit homosexuell empfindenden Geschwistern und mit Geschwistern und Gemeinden, die eine Öffnung anstreben, ist es Wert, darum zu ringen.»

Der Vorsitzende des Kuratoriums der DGD-Stiftung, Willi Feldkamp, der Fachliche Vorstand der DGD-Stiftung, Claudia Fremder, und der Vorstandsvorsitzende des DGD, Rainer Reissner, erklärten auf Idea-Anfrage, die von Grabe angestossene Diskussion thematisiere eine wichtige theologische Frage. Sie nähmen seine Sicht «ernst auf der Grundlage seiner therapeutischen Erfahrungen».

Gleichzeitig betonen sie, dass es sich bei Grabes Aussage nicht um eine offizielle DGD-Stellungnahme handele. Beide hielten am biblischen Menschenbild fest: Man stehe zur Ehe «als ganzheitlicher, lebenslanger, exklusiver, öffentlich bekannt gemachter und für Kinder offenen Gemeinschaft von einem Mann und einer Frau».

Hier haben die Kirchen versagt

Der Vorstand des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) erklärte, dass alle Menschen in den Gemeinden des Bundes willkommen seien. Grabe weise zurecht darauf hin, dass dieses Willkommensein Homosexuellen in der Vergangenheit in den Kirchen wenig oder gar nicht entgegengebracht wurde. «Hier haben die Kirchen versagt.»

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Aber daraus könne man nicht den Schluss ziehen, dass alle sexuellen Orientierungen gleichermassen die Lebensordnungen Gottes abbildeten. Das lege Grabe nahe, wenn er auf die Frage, ob es dem Willen Gottes entspreche, dass «jeder Mensch so ist, wie er ist», auch im Bezug auf die sexuelle Orientierung mit einem klaren Ja antworte. Das sehe der Vorstand des BFP anders.

Keine Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften 
Zuvor hatte bereits der Allianzvorsitzende Vetter gegenüber Idea mitgeteilt, dass letztlich die Heilige Schrift der entscheidende Massstab sei. Homosexuelle Partnerschaften könnten der Ehe nicht gleichgestellt werden. Vetter mahnte gleichzeitig einen sachlichen Austausch an. Nötig sei eine konstruktive, kontroverse Diskussion.


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