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Wahl zum Bundespräsidenten: Schwuler Kandidat ist chancenlos

Am 9. Oktober wird in Österreich ein neues Staatsoberhaupt gewählt

Wahl des Bundespräsidenten
Gerald Grosz (l.) mit Ehemann Thomas Grosz-Rauchenberger (Foto: Instagram / @geraldgrosz)

Erstmals tritt ein schwuler Politiker zur Wahl an. MANNSCHAFT analysiert, was der Urnengang aus queerer Sicht bringt.

Von Christian Höller

Bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich am 9. Oktober gibt es viele Auffälligkeiten: Es treten so viele Kandidaten wie noch nie zur Wahl an. Inklusive Amtsinhaber Alexander Van der Bellen bewerben sich sieben Männer um das höchste Amt im Staat.

Seit mehr als 40 Jahren kandidiert keine Frau, was bei Feminist*innen für Kritik sorgt. Anders als in der Schweiz und in Deutschland wird in der Alpenrepublik der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt. Rund 6,4 Millionen Österreicher*innen sind am Sonntag wahlberechtigt.


Bemerkenswert ist, dass von den sieben Kandidaten gleich vier dem rechten Lager zuzurechnen sind. Am stärksten hat sich Walter Rosenkranz, Kandidat der rechtsgerichteten FPÖ, in der Vergangenheit gegen die Gleichberechtigung von queeren Menschen positioniert.

Ehe für alle wieder abschaffen
Rosenkranz will unter anderem die in Österreich gültige Ehe für alle wieder abschaffen. Denn die Ehe soll seiner Meinung nach «eine Verbindung zwischen Mann und Frau» bleiben. Mit Blick auf gleichgeschlechtlich liebende Paare meinte Rosenkranz: «Ungleiches muss man auch ungleich behandeln.»


Mehr zu Österreich: SPÖ-Mann Lindner beklagt einen deutlichen Zuwachs an Drohungen und Angriffen gegen LGBTIQ und spricht von «vielen Worten», aber «wenig Taten»



Aus queerer Sicht ist Gerald Grosz eine Besonderheit unter den rechten Kandidaten. Denn der Autor und frühere Politiker von FPÖ und BZÖ ist in Österreich der erste schwule Kandidat, der bei einer Bundespräsidentenwahl antritt (MANNSCHAFT berichtete).

Grosz hat sich 2013 mit seinem Lebensgefährten verpartnert. Trotzdem enthält sein Wahlprogramm keine Forderungen nach mehr Rechten für queere Menschen. Stattdessen geht Grosz mit rechten und populistischen Sprüchen auf Stimmenfang. Als sein Vorbild nennt er den früheren US-Präsidenten Donald Trump. Dazu passt sein Wahlslogan: «Make Austria Grosz again.»

 

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Die EU nennt der Politiker eine «Anstalt von Rechtsbrechern». Die österreichische Regierung möchte er als Bundespräsident sofort entlassen. Auch verspricht er, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben.

Gegen das Gendern
Wenig Zuspruch bei queeren Menschen hat auch der Wiener Rechtsanwalt und frühere Zeitungskolumnist Tassilo Wallentin. Denn er wettert im Wahlkampf gegen das Gendern. Zudem hat er in der Vergangenheit auf seinem Instagram-Seite sexistische Postings veröffentlicht. Dort wurden Frauen auf ihr Äusseres reduziert und dabei verächtlich gemacht oder sexualisiert. Mittlerweile hat Wallentin die Postings gelöscht.

Ein Sonderfall unter den rechten Kandidaten ist Michael Brunner, der Bundesparteiobmann der impfskeptischen Partei MFG. Denn sein Hauptanliegen ist das sofortige Ende aller Corona-Massnahmen.

Eigenartig sind auch die beiden linken Kandidaten Dominik Wlazny und der Schuhhersteller Heinrich Staudinger. Wlazny ist Parteichef der österreichischen Kleinstpartei Bierpartei und Sänger der Punkband Turbobier. Die Bierpartei versteht sich als «bierokratische Bewegung», bei der die Macht von dem niedrigprozentigen Erfrischungsgetränk ausgeht. Die Anhänger*innen verlangen die freie Wahl des Bieres als Grundrecht.

Lange Zeit wurde die Bierpartei als Spasspartei abgetan, mittlerweile macht sie sich auch mit ernsten Themen auf sich aufmerkam.

#MeToo «von der CIA entwickelt»
Für Kopfschütteln sorgte jüngst der Schuhhersteller Staudinger. Auf seine Meinung zur #MeToo-Bewegung angesprochen, meinte Staudinger im TV-Sender «Puls24», diese «Forderung von politischer Korrektheit» sei «von der CIA entwickelt» worden. Ziel sei es, «Bündnisse unter den Menschen schwieriger zu machen».

Es gebe ohne Zweifel Grenzüberschreitungen, sagt Staudinger, jedoch gebe es auch «so wunderbare Spiele innerhalb dieser Grenzen, die Mann und Frau erfreuen».


2014 hatte der Verfassungsgerichtshof das Verbot der Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich aufgehoben, 2022 gab es eine Anpassung


Angesichts so vieler skurriler Kandidaten überrascht es nicht, dass Amtsinhaber Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl als klarer Favorit gilt. Umfragen sagten ihm zuletzt einen Wahlsieg zwischen 51 Prozent und 58 Prozent voraus.

Auf Platz zwei lag zuletzt FPÖ-Kandidat Rosenkranz mit 16 Prozent der Stimmen. Auch die meisten queeren Wähler*innen stehen hinter Van der Bellen, denn er hat sich während der Amtszeit für die Rechte von LGBTIQ eingesetzt.

 

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Er war auch der erste Bundespräsident, der in Wien bei einer Regenbogenparade aufgetreten ist. Er sorgte ausserdem dafür, dass der Balkon der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Innenstadt im Pride-Monat Juni zum Regenbogenbalkon wurde.


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