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«Anders als die Andern» – der 1. schwule Kinofilm wird 100!

Das Schwule Museum in Berlin würdigt den legendären Film von Richard Oswald mit einer grossen Ausstellung

Anders als die Andern
Wolfgang Theis kuratiert die Ausstellung zum Film Anders als die Andern; hier mit einer Szene aus der Neuverfilmung «Anders als du und ich» (Foto: Leonie Leclair)

Zum 100. Jubiläum von «Anders als die Andern» würdigt das Schwule Museum den legendären Film von Richard Oswald mit einer grossen Schau. Das Werk gilt als der erste schwule Kinofilm überhaupt.

Erst vor kurzem wurde der Film aus dem Jahr 1919 vom Filmmuseum München aufwändig restauriert. Eingebettet ins Zeitgeschehen zeichnet die Ausstellung im Schwulen Museum die Lebensläufe der Mitwirkenden nach, etwa von Richard Oswald, Conrad Veidt, Anita Berber und Magnus Hirschfeld (dessen Institut für Sexualwissenschaft vor 100 Jahren gegründet wurde) – und liefert dabei das Sittengemälde einer Ära zwischen Aufklärung, Agitation und Zensur.

Anders als die andern
Spielt in Anders als die andern den Geigenvirtuosen Paul Körner: Conradt Veidt (Foto: Deutsche Kinemathek)

Der Film wird während der Ausstellung (ab 31. Oktober zu sehen) in Dauerschleife im Museum zu sehen sein. Kuratiert wurde die Ausstellung von Wolfgang Theis. Er war 1984 Gründungsmitglied des Schwulen Museums und kuratierte zahlreiche Ausstellungen wie «Goodbye to Berlin? 100 Jahre Schwulenbewegung»,
«Marlene und das Dritte Geschlecht: Hommage zu Marlene Dietrichs 100. Geburtstag» und «Rosa geht in Rente» – eine Hommage zu Rosa von Praunheim, der vor zwei Jahren seinen 75. Geburtstag feierte (MANNSCHAFT gratulierte).

Theis hat die Ausstellung über «Anders als die Andern» als seine allerletzte ankündigt. Im Film wird die Geschichte des Geigenvirtuosen Paul Körner (Conradt Veidt) erzählt. «Er geht zu Hirschfeld, um sich beraten zu lassen, weil er von einem zwielichtigen Mann namens Franz Bollek (Schünzel) erpresst wird. Den hatte er auf einem Ball kennengelernt und mit nachhause genommen. Bevor es zum Sex kommt, verlangt Bollek Geld. Er droht Körner mit Outing», erzählt Kurator Theis.


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«Körner hat einen Schüler, mit dem er im Tiergarten spazieren geht. Dort begegnen sie Bollek, der genau weiss, was los ist und beim Gegenvirtuosen einbricht, um sein Geld zu holen. Dabei überrascht ihn der Schüler. Dem schleudert Bollek entgegen: Hab‘ dich nicht so, du lässt dich auch nur aushalten! Was für den Jüngling ein Schock ist. Er verlässt seinen geliebten Lehrer.»

Weil Körner nicht bereit ist, Geld zu zahlen, zeigt er seinen Erpresser an. Der wiederum zeigt Körner wegen §175 an. Die Sache endet vor Gericht. Der Erpresser wird verurteilt, wie damals üblich. Der Geigenvirtuose bekommt eine symbolische Geldstrafe, woraufhin seine Karriere zusammenbricht. Er bringt sich um.

«Der Film startete damals mit 40 Kopien in ganz Europa, das war sehr viel. Er lief ununterbrochen, war finanziell ein Erfolg. Trotzdem gab es bald gelenkte Proteste. Der Jugendschutzbund lief Sturm. Was sich vermengte mit virulentem Antisemitismus.»


Foto: Leonie Leclair

Da sowohl Hirschfeld als auch Oswald Juden waren, kam die Behauptung auf, Homosexualität sei eine «jüdische Erfindung», die den deutschen Volkskörper schwächen solle, erzählt Theis.

Das ausführliche Interview erscheint in der deutschen November-Ausgabe der MANNSCHAFT. Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz.


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