Yannick Shetty ist der beliebteste queere Politiker Österreichs
Mario Lindner liegt auf Platz drei
Der 29-jährige offen schwule Politiker Yannick Shetty von den liberalen Neos erhielt bei den Wahlen von allen queeren Politiker*innen die meisten Vorzugsstimmen.
Am 24. Oktober kommt in Wien der österreichische Nationalrat zur ersten Sitzung nach den Wahlen zusammen. Beim Urnengang ging die rechtsextreme und queerfeindlich eingestellte Freiheitliche Partei (FPÖ) als Siegerin hervor (MANNSCHAFT berichtete). Doch es gibt auch positive Nachrichten. So werden fünf queere Politiker*innen – vier schwule Männer und eine lesbische Frau – ins Parlament einziehen. Das Innenministerium in Wien hat nun detaillierte Listen mit den Ergebnissen aller Vorzugsstimmen veröffentlicht. Die Bekanntgabe hat viel Zeit benötigt, weil jede Partei bei der Wahl neben der Bundesliste auch mit vielen Landeslisten und Regionallisten mit hunderten Kandidat*innen angetreten ist. MANNSCHAFT hat die Listen mit den Ergebnissen der Vorzugsstimmen hinsichtlich der Beliebtheit der queeren Kandidat*innen ausgewertet.
«Diese persönliche Unterstützung für meine Arbeit bedeutet mir sehr viel.»
Yannick Shetty, Neos
Platz eins erreichte Yannick Shetty von den liberalen Neos mit 5814 Vorzugsstimmen. Shetty erhielt 3104 Vorzugsstimmen auf Bundesebene. Hinzu kommen 1387 Vorzugsstimmen in Wien und 1323 Vorzugsstimmen in seinem Regionalwahlkreis. Der offen schwule Politiker liegt damit bei den Neos auf Platz drei. Nur Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und Neos-Tourismussprecher Sepp Schellhorn bekamen bei den Neos mehr Vorzugsstimmen. «Diese persönliche Unterstützung für meine Arbeit bedeutet mir sehr viel», so Shetty. Der 29-jährige Politiker wurde als Sohn eines Inders und einer Österreicherin mit koreanischen Wurzeln in Wien geboren. Seine Arbeitsschwerpunkte sind LGBTIQ, Jugend, Integration, Klimaschutz, parlamentarische Untersuchungsausschüsse und Sport.
Überraschend ist das gute Abschneiden von Nico Marchetti von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Dieser schaffte es mit 3504 Vorzugsstimmen unter den queeren Politiker*innen auf Platz zwei. Marchetti ist der erste Nationalratsabgeordneter der ÖVP, der sich offen zur Homosexualität bekennt. Die ÖVP setzt sich in Österreich nicht für queere Anliegen an. Doch Marchetti möchte, dass sich die Partei hier weiterentwickelt. Der schwule Politiker engagiert sich unter anderem in der Jungen ÖVP, der mit über 100'000 Mitglieder grössten politischen Jugendorganisation Österreichs. Sein gutes Abschneiden bei den Wahlen zeigt, dass es auch in der ÖVP liberale Kräfte gibt, doch diese können sich in der Partei oft nicht durchsetzen.
Den dritten Platz unter den queeren Kandidat*innen nimmt Mario Lindner von den Sozialdemokraten (SPÖ) ein. Er erhielt insgesamt 2397 Vorzugsstimmen. «Ich bin überwältigt und tief berührt von diesem unglaublichen Vertrauen, das ihr mir entgegengebracht habt. Das bedeutet mir mehr, als ich in Worte fassen kann!», so Lindner. «Ihr habt mich mit euren Vorzugsstimmen gestärkt, und das gibt mir noch mehr Kraft, mich mit voller Energie für unsere gemeinsame Zukunft einzusetzen.» Lindner ist Bundesvorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo. Er engagierte sich in der Vergangenheit besonders stark für queere Themen und will dies auch in der Zukunft wieder tun.
Auf den vierten Platz mit 1776 Vorzugsstimmen kommt David Stögmüller von den Grünen. Stögmüller ist LGBTIQ-Sprecher der Grünen und damit auch Vorsitzender der queeren Parteiorganisation «Grüne Andersrum», die es seit 1996 gibt. Ihre Mitglieder setzen sich für queere Themen ein. Initiiert wurden die Grünen Andersrum unter anderem von der späteren Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments Ulrike Lunacek, die 1995 als erste offen lesbische Politikerin für ein Mandat im österreichischen Nationalrat kandidierte.
Auch jetzt haben die Grünen wieder mit Meri Disoski eine lesbische Politikerin, die in den Nationalrat einzieht. Disoski bekam bei den Wahlen 1441 Vorzugsstimmen und liegt damit unter den queeren Politiker*innen auf dem fünften Platz. Disoski beschreibt sich als Feministin und «multilinguale Wienerin mit mazedonischen Wurzeln». Sie ist Vorsitzende der Grünen Frauen Österreichs und stellvertretende Klubobfrau des Grünen Klubs im Parlament. Sie setzt sich unter anderem für die Sichtbarkeit von Lesben in der Öffentlichkeit ein.
Noch offen ist, wie in Österreich die nächste Regierung aussehen wird. Faktum ist, dass keine andere Partei mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl zusammenarbeiten möchte. Als wahrscheinlich gilt daher die Bildung einer «Zuckerlkoalition». Der Begriff bezieht sich auf die bunten Bonbon-Farben der möglichen Regierungspartner ÖVP (türkise Farbe), SPÖ (rote Farbei) und Neos (pinke Farbe). Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich diese drei Parteien auf eine gemeinsame Zusammenarbeit einigen können.
Gibt es so etwas wie eine «schwule» oder «lesbische» Stimme? Und wird sie zur sozialen Signalisierung bewusst eingesetzt? (MANNSCHAFT berichtete)
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