«Klischee-Schwuler» oder empowerndes Vorbild? Der Mensch Küblböck

ARD zeigt neue Doku-Serie

Daniel Küblböck an seinem Best-of-Konzert 2016 in Frankfurt. (Bild: Wikimops, CC BY-SA 4.0)
Küblböck bei einem Konzert 2016 in Frankfurt. (Bild: Wikimops, CC BY-SA 4.0)

Kaum jemand polarisierte in den 2000ern so wie die Person Daniel Küblböck. Eine neue Doku zeigt das Leben des früheren «DSDS»-Stars – und den damals schwierigen Zeitgeist für queere Menschen im Rampenlicht.

Diese Worte bleiben hängen. «Ich fühle mich nicht männlich. Ich fühle mich nicht weiblich», sagt der extrovertierte Sänger Daniel Kaiser-Küblböck (1985 - 2018) in einem alten Interview. Dann schiebt er nach: «Ich fühle mich – gut». Küblböck war einer der wohl meist-polarisierenden Stars im deutschen Fernsehen Anfang der 2000er.

Hessen, Frankfurt am Main: Dauerpräsent: An der Schulter seines Mentors Dieter Bohlen (l) lacht der "Superstar" Daniel Küblböck zu Beginn einer Pressekonferenz. (zu dpa: «Liebe und Hass: Wie Daniel Küblböck zu Lana Kaiser wurde»)
2003: An der Schulter von Mentor Dieter Bohlen (l) lacht Küblböck bei einer Pressekonferenz (Bild: Boris Roessler/dpa)

Doch kurz vor dem Verschwinden von einem Kreuzfahrtschiff im Jahr 2018 folgte das Coming-out als trans Frau – als Lana Kaiser. Die aus Niederbayern stammende Künstlerin wurde als Teenie durch die damals extrem populäre RTL-Castingshow «Deutschland sucht den Superstar» (DSDS) berühmt geworden.

Das greift nun die ARD-Dokureihe «Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser» in drei Folgen auf. Sie ist ab Dienstag (26. August) in der ARD Mediathek zu sehen. Im Ersten läuft einen Tag späterder erste Teil der Doku: An diesem Tag wäre Küblböck 40 Jahre alt geworden.

Zahlreiche Wegbegleiter*innen wie Riccardo Simonetti und Lucy Diakovska, Vater Günther Küblböck, Ex-Partner, Freund*innen erzählen die Küblböck-Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln. Hinzu kommen altes Videomaterial und Auszüge aus der Autobiografie (2003), die Küblböck selbst mal eingesprochen hatte.

Es ist ein bewegender Ritt durch die Lebensgeschichte der Sängerin, die im Alter von 33 Jahren starb und 2021 für tot erklärt wurde. Thematisiert wird, wie sie eine schwere Kindheit durchlebte, 2003 bei «DSDS» (mit keiner sonderlich guten Stimme, aber viel Eigenwilligkeit) entdeckt wurde, auf dem dritten Platz landete und wie sich Medien und Fans massiv auf sie stürzten.

Wie Küblböck 2004 in die erste Staffel des RTL-Dschungelcamps einzog und im gleichen Jahr einen schweren Autounfall mit einem Gurkenlaster baute. Oder wie sich das Image wandelte und sie später bei einer Berliner Schauspielschule aufgenommen wurde.

«Die Narrative waren schwierig. Wenn eine queere Person im Fernsehen zu sehen war, dann war das immer der 'schrille Paradiesvogel'».

Riccardo Simonetti

Bei all dem wird vor allem klar: Die Öffentlichkeit begegnete homosexuellen Menschen Anfang der 2000er noch mit vielen Vorurteilen. Influencer Riccardo Simonetti, selbst schwul, beschreibt es in der Doku so: «Die Narrative, die in den Medien bedient wurden, waren schon schwierig. Wenn eine queere Person im Fernsehen zu sehen war, dann war das immer der 'schrille Paradiesvogel'».

Küblböck erfand sich ständig neu, wurde für viele im Rückblick zum Vorbild für die LGBTIQ-Community. Für die oft aufgedrehte, polarisierende Art wurde Küblböck während und nach «DSDS» einerseits heiss geliebt, andererseits aber auch mit viel Hass konfrontiert. Die Community sei leider nicht so für Küblböck da gewesen, sagt die Dragqueen und Wegbegleiterin Olivia Jones an einer Stelle in der Doku. Sie habe Küblböck eher etwas abgestempelt «als Klischee-Schwulen».

Später auf der Schauspielschule in Berlin schildern viele Wegbegleiter*innen eine Art Wesensveränderung bei Küblböck. Dort lief es nicht nach Plan. Ex-Freund Manuel Pilz erzählt, Küblböck habe sich mit wenig Vorlauf «völlig gewandelt», sei immer mehr geschminkt herausgegangen, wollte noch mit dem Namen Lana angesprochen werden.

Dann habe sie sich spontan zu einer Kreuzfahrtreise entschieden. Auf dem Meer vor Neufundland (Kanada) verschwand sie 2018 und wurde als vermisst gemeldet, die Behörden gingen von Suizid aus. Das bleibt aber ein Randaspekt in der Doku.

Küblböck nimmt an der der achten Staffel der RTL-Tanzshow «Let's Dance» teil
Küblböck in der 8. Staffel der RTL-Tanzshow «Let's Dance» (Bild: Rolf Vennenbernd/dpa)

Was bleibt stattdessen von diesem kurzen Leben? Die Dokureihe beschreibt Küblböck als eine Identifikationsfigur, die sich schon früh nicht in Schubladen hat stecken lassen wollen. Influencer Simonetti sagt: «Für mich ist die Geschichte von Lana immer eine Empowerment-Geschichte».

In der Doku wird auch erstmals Lanas letzte Sprachnachricht öffentlich gemacht, gerichtet an Küblböcks damaligen Partner. «Hallo Manni, ich bin’s der Daniel, also die Lana eigentlich. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gern von diesem Schiff hier runter möchte. Ich würde gern nach New York fliegen. Auf dem Schiff klappt irgendwie nichts, wie ich es mir ... Ruf mich doch bitte zurück.»

Kurz nach dieser Nachricht sprang Lana vermutlich über Bord. Eine Überwachungskamera dokumentierte den tragischen Moment. Trotz einer grossangelegten Suchaktion wurde ihr Körper nie gefunden. Drei Jahre später erklärte ein Gericht sie offiziell für tot (MANNSCHAFT berichtete).

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Lana Kaiser war als Daniel Küblböck bekannt geworden (Bild: dpa)

Ende 2018 war das Buch mit dem Titel «Daniel Küblböck – die wahre Geschichte» erschienen – ein Vertrauter kritisierte jedoch die Veröffentlichung als «Grabräuberei» (MANNSCHAFT berichtete).

Brauchst du Hilfe? Wende dich in der Schweiz telefonisch an die Nummer 143 oder schreibe an die Berater*innen von Du-bist-Du.ch. In Österreich hilft die Hosi Wien (zu Büroöffnungszeiten) unter (+43) 660 2166605, das Kriseninterventionszentrum oder für LGBTIQ die psychosoziale Beratungsstelle Courage. In Deutschland gibt es die Notfall-Nummer 19446, zudem hilft u.a. der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie, in Städten wie Köln kann man sich an Rubicon wenden.

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