Vier Männer feiern Polyhochzeit – gesegnet von Berliner Pfarrerin
«Und bevor jemand fragt, was Jesus dazu gesagt hat: ‹Gleich viermal mehr Liebe – ich lieb’s!›»
Die Berliner Pfarrerin Lena Müller von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat auf Instagram öffentlich gemacht, dass sie vier Männer im Rahmen einer «Polyhochzeit» miteinander verheiratet hat. Durfte sie das überhaupt?
Zuerst berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung darüber (hinter einer Bezahlschranke). Kurz darauf griff die Berliner BZ die Geschichte auf und beleuchtete die Hintergründe: In Deutschland ist Polygamie – also die standesamtliche Vielehe – verboten und strafbar. Kirchliche Segnungen hingegen unterliegen nicht denselben rechtlichen Beschränkungen. (MANNSCHAFT berichtete über Polyamorie.)
Müller, die sich auf Instagram als «Feministin & Pfarrerin» beschreibt und als queerfreundliche Theologie als Schwerpunkt nennt, organisierte im Sommer vor der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Kreuzberg ein «Pop-up-Hochzeitsfestival». Menschen konnten spontan vorbeikommen, um sich von der Pfarrerin mit den pinkfarbenen Haaren segnen zu lassen – auch vier Männer nutzten dieses Angebot gemeinsam.
Über das Ereignis schreibt Müller auf Instagram: «Am Freitagabend durfte ich mit Christopher und Gloria meine erste Polyhochzeit feiern. Vier junge Männer haben zueinander ja gesagt, mit uns die Liebe gefeiert und sich unter G*ttes bunten Segen gestellt.»
Liebe und Segen – ohne rechtliche Wirkung «Man konnte sofort sehen, dass da ganz viel Liebe zwischen ihnen war», erzählt Müller rückblickend der NOZ. Ihr Team sei sich schnell einig gewesen: «Was sollte Gott dagegen haben, dass es nun eben vier sind und nicht zwei?»
Die Pfarrerin erklärt in der NOZ weiter: «Wir konnten die Hochzeit nicht ins Kirchenbuch eintragen, weil dazu vorher eine standesamtliche Trauung hätte stattfinden müssen, die in dieser Konstellation unmöglich ist. Aber ich bin überzeugt, dass sie vor Gott wirklich geheiratet haben.»
Über die vier Männer sagt Müller: Zwei stammen aus Lettland, einer aus Thailand, beim vierten ist sie sich unsicher, vermutlich aus Spanien. Untereinander hätten sie Englisch gesprochen. Zwei hätten sich vor Jahren im Urlaub kennengelernt, so Müller zur NOZ.
Schon im Traugespräch hätten sie Warmherzigkeit, Grosszügigkeit und Offenheit ausgestrahlt. «Was für eine Ehre, dass diese vier sich so vertrauensvoll um Segen baten», schreibt sie auf Instagram.
Zivilrechtlich ändert die Segnung nichts: In Deutschland können Ehen nur zwischen zwei Personen geschlossen werden. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ihre Kasualienordnung 2022 angepasst, um theologisch vielfältige Segensformen zu ermöglichen. Die EKBO ordnet Segnungen ausdrücklich nicht als Rechtsakt ein.
Die BZ hebt hervor: «Eine Einbürgerung ist laut Gesetz nicht möglich, wenn der Antragsteller in einer Vielehe lebt.»
«Love never ceases» Für Müller gilt hingegen: «Wenn Menschen auf Augenhöhe ihre Entscheidungen treffen, selbstbestimmt und einvernehmlich, dann betrachte ich es nicht als meine Aufgabe, ihnen zu sagen, was sie in ihrem Schlafzimmer zu treiben haben.»
«‹Die Liebe hört nie auf› aus dem 1. Korintherbrief haben sie als Bibelvers für sich gewählt»
Lena Müller, Pfarrerin
Auf Instagram zitiert die 33-Jährige die Männer: «‹Love never ceases› – ‹Die Liebe hört nie auf› aus dem 1. Korintherbrief haben sie als Bibelvers für sich gewählt.» Augenzwinkernd fügt sie hinzu: «Und bevor jemand fragt, was Jesus dazu gesagt hat: ‹Gleich viermal mehr Liebe – ich lieb’s!›, sagte er und schmiss eine Hand voll Glitzer über uns alle.»
Verlobung unter Pferdefreunden: Dressur-Olympiasieger Frederic Wandres liebt seinen Lars (MANNSCHAFT berichtete).