Im Fadenkreuz der Nazis: schwul, jüdisch, sozialdemokratisch
Bochum erinnert an Hans Saly Buxbaum
Im Rahmen des Projekts «Stolpersteine für Homosexuelle» wurde diese Woche ein Stolperstein für den Theatermacher Hans Buxbaum in Bochum auf dem Theatervorplatz verlegt.
Jüdisch, schwul, Kommunist, Sinti, Roma, Zeug*in Jehova – Während das Naziregime regierte, reichte lediglich eines der Merkmale aus, um gesellschaftlich ausgegrenzt, inhaftiert, ausgebeutet oder ermordet zu werden. Ob jemand zum grossen Ganzen dazugehörte oder nicht, wurde anhand ideologischer und rassistischer Kategorien entschieden.
Hans Saly Buxbaum, geboren 1893 und wohnhaft in Bamberg, war stellvertretender Theaterleiter, Regisseur und Oberspielleiter von 1926 bis 1933 am Bochumer Theater. Er war aber auch Sozialdemokrat, schwul und jüdisch und rückte damit sozusagen dreifach ins Fadenkreuz der Nazis, wie Jürgen Wenke recherchiert hat.
Der erste Fall von Diskriminierung auf Grund seiner Religion erfolgte im März 1933. In einem «Fragebogen des preussischen Theaterausschusses» hiess es: «Der Oberspielleiter Dr. Buxbaum wurde am 11. März 1933 wegen nichtarischer Abstammung seiner Stellung enthoben.» Somit wurde er vom einen auf den anderen Tag arbeitslos.
In einem deutschsprachigen Theater in Strassburg fand er einen Ausweichort, Zuflucht und eine neue Tätigkeit. Jedoch verliess er Frankreich recht schnell wieder und kehrte 1935 zurück nach Deutschland, weil er glaubte, dass es schon nicht so schlimm werden würde. Dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung handelte, sollte er in letzter Sekunde erkennen.
Seit Mitte der 1930er-Jahre stieg die Anzahl der Strafverfahren wegen homosexueller Kontakte rapide an. Die Gefassten mussten nach ihrer Strafverbüssung oftmals ins KZ. Buxbaum floh 1938 und erlebte den Zweiten Weltkrieg in Grossbritannien. Mit dessen Besatzungsmacht kehrte er zurück ins Täterland – zu seinem Theater. Dieses wurde jedoch durch die Luftangriffe im November 1944 zerstört und war nur noch eine Ruine. Am 24. Juni 1947 starb Buxbaum in London an einem Herzinfarkt im Alter von nur 53 Jahren.
Auf dem Stolperstein ist die Rede von den USA, aber das ist ein Versehen: Der Fehler wird korrigiert: Im Frühjahr 2022 soll der Stolperstein ausgetauscht werden und dann heisst es dort: «Flucht 1938 England».
Bereits im August wurden Stolpersteine in Bochum für ein schwules Liebespaar verlegt (MANNSCHAFT berichtete), während Chemnitz dieses Jahr seinen ersten bekam in Gedenken eines homosexuellen NS-Opfers (MANNSCHAFT berichtete). Und auch in Berlin (MANNSCHAFT berichtete) und Zürich (MANNSCHAFT berichtete) wird in Form der Gedenksteine an Schwule erinnert, die vom NS-Regime ermordet wurden.
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