«Kinder brauchen rechtliche Absicherung, ohne Umweg der Stiefkindadoption»

LGBTIQ-Verbände kritisieren unzureichenden Schutz in Regenbogenfamilien

Gute Nachricht für Regenbogenfamilien: Die einjährige Wartefrist bei der Stiefkindadoption soll in der Schweiz endlich fallen.

Doch LGBTIQ-Verbände fordern vom Parlament mehr noch Rechte und Sicherheit für Regenbogen-Kinder.

Der Bundesrat hat Mitte September seinen Entwurf zur Änderung des Zivilgesetzbuchs veröffentlicht, mit dem die Stiefkindadoption vereinfacht werden soll. LGBTIQ-Organisationen wie die Lesbenorganisation Schweiz (LOS), der Dachverband Regenbogenfamilien, Pink Cross und Transgender Network Switzerland (TGNS) begrüssen zwar den Schritt – kritisieren jedoch, dass Kinder in Regenbogenfamilien weiterhin ungleich geschützt bleiben.

Der Entwurf sieht vor, die Pflicht zur einjährigen Pflegezeit vor Einreichung des Adoptionsgesuchs zu streichen. Bislang mussten Kinder ein Jahr lang in einem Pflegeverhältnis leben, bevor das zweite Elternteil einen Antrag stellen durfte. In dieser Zeit war das Kind nur rechtlich an eine Person gebunden – eine Phase der Unsicherheit vor allem etwa bei Trennung oder Todesfall. Die Abschaffung dieser Frist gilt als längst überfällige Verbesserung.

Doch aus Sicht der Verbände greift die Reform zu kurz. «Gerade Massnahmen wie eine Verkürzung des Verfahrens auf sechs Monate oder Ausnahmen von der dreijährigen Pflicht zum gemeinsamen Haushalt hätten den Kindern schneller einen vollständigen rechtlichen Schutz ermöglicht», sagt Carmen Skalsky, Interim Co-Präsidentin des Dachverbands Regenbogenfamilien. «Kinder brauchen ab Geburt eine rechtliche Absicherung, ohne den Umweg über eine Stiefkindadoption.»

Auch Muriel Waeger, Co-Geschäftsleiterin der LOS, zeigt sich enttäuscht: «Es ist frustrierend zu sehen, dass der Bundesrat wichtige Vorschläge aus der Vernehmlassung zurücknimmt. Für die Familien bedeutet das weiterhin ein langwieriges und teils demütigendes Verfahren.» In manchen Kantonen müssen bis zu 23 Dokumente eingereicht werden, bevor die Adoption geprüft wird.

Daniel Furter, Geschäftsleiter von Pink Cross, erinnert: «Das Kindeswohl verlangt die Anerkennung von zwei Elternteilen ab Geburt. Eine originäre Elternschaft sollte für alle Wunschkinder vorgesehen sein, deren Eltern zum Zeitpunkt der Geburt zusammenleben.» Nur so seien grundlegende Rechte wie Name, Nationalität, elterliche Sorge, Unterhalt oder Erbansprüche gesichert.

«Ein positives, aber schwaches Signal»

Jann Kraus

Für Jann Kraus vom TGNS sendet der Entwurf «ein positives, aber schwaches Signal». Zwar erkenne der Bundesrat die Notwendigkeit an, die Situation von Regenbogenfamilien zu verbessern, doch eine strukturelle Gleichstellung bleibe aus.

Die Organisationen appellieren deshalb an das Parlament, im weiteren Gesetzgebungsprozess mutiger zu handeln. «Alle Kinder müssen denselben Schutz geniessen – unabhängig von sexueller Orientierung der Eltern oder der Art ihrer Familiengründung», heisst es in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.

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