«Schwul unterm Hakenkreuz»: Erinnern an Franz Doms
Er wurde im Alter von 21 Jahren hingerichtet
Franz Doms ist eines der vergessenen Opfer der NS-Justiz. Wie tausende andere schwule Männer wurde er verfolgt, inhaftiert und schliesslich zum Tode verurteilt. 1944 starb er im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Wien. An ihn erinnert das Buch «Schwul unterm Hakenkreuz».
Während sich der aktuelle Kinofilm «Grosse Freiheit» mit der Schwulenverfolgung nach 1945 befasst (MANNSCHAFT berichtete), geht das Buch über Franz Doms einen Schritt zurück: in die Nazi-Zeit, in der er verfolgt und ermordet wurde.
Jürgen Pettinger hat sich intensiv mit dem Leidensweg von Franz Doms auseinandergesetzt. Bildhaft erzählt er, was über sein Leben bekannt ist, zitiert aus überlieferten Ermittlungs- und Gerichtsakten und bildet Dialoge anhand von Gesprächsprotokollen nach.
Er ist ein völlig haltloser, seinen widernatürlichen Trieben gegenüber machtloser Verbrecher.
Darin heisst es etwa: «Er ist ein völlig haltloser, seinen widernatürlichen Trieben gegenüber machtloser Verbrecher, bei dem von Freiheitsstrafen kein erzieherischer oder abschreckender Erfolg mehr zu erwarten ist.»
Franz Doms ist eines der vergessenen Opfer der NS-Justiz. Wie tausende andere schwule Männer wurde er verfolgt, diskriminiert, inhaftiert und schliesslich zum Tode verurteilt. 1944 starb er im Alter von 21 Jahren im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Wien. Bis zu seinem Tod blieb er loyal und denunzierte nie andere, um sich selbst zu retten.
In einem ORF-Feature von Pettinger aus dem Jahr 2019 heisst es: «7. Februar 1944. Landgericht Wien. Um 18 Uhr 41 Minuten wird Franz Doms vorgeführt. Um 18 Uhr 41 Minuten 8 Sekunden wird er dem Scharfrichter übergeben. Um 18 Uhr 41 Minuten 18 Sekunden meldet dieser den Vollzug des Todesurteils.»
Pettingers Zugang ist mehr als eine blosse Rekonstruktion der Fakten. Der österreichische Journalist taucht tief in die Welt Franz Doms’ ein und zeichnet dessen letzte Lebensjahre auf intime und packende Weise nach, wodurch sein tragisches Schicksal, das exemplarisch für die systematische Verfolgung Homosexueller während des NS-Regimes steht, nah und spürbar wird.
Der österreichische Regisseur und Autor Jakob M. Ewa («Die Mitte der Welt») empfiehlt das Buch ebenso wie viele Rezensent*innen. «Was dieses beispiellos recherchierte Sachbuch auszeichnet, ist eine Mischung aus journalistischer Objektivität und romanhafter Empathie […] Dieses Buch verhilft zu einer lang überfälligen Auseinandersetzung über diese Vernachlässigung und eignet sich auch gut als Schullektüre. Unbedingt empfohlen!», schrieb Markus Jaeger (ekz).
Im Stadtblatt Innsbruck stand: «Pettinger zeichnet die letzten Lebensjahre des jungen Mannes auf intime und packende Weise nach, wodurch dessen tragisches Schicksal, das exemplarisch für die systematische Verfolgung Homosexueller während des NS-Regimes steht, nah und spürbar wird.»
Jürgen Pettinger «Franz. Schwul unterm Hakenkreuz», 192 Seiten, Kremayr & Scheriau 2021
Erst im Jahr 1971 wurde das Totalverbot gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte unter SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky aufgehoben (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Wien
Auf Luziwuzis Spuren: Conchita Wurst singt in der schwulen Sauna
Eine der berühmtesten schwulen Saunen der Welt geht neue Wege. Im Wiener «Kaiserbründl» werden jetzt auch Konzerte veranstaltet. Conchita Wurst tritt dort auf. Zuvor und danach gibt es exklusive Führungen für alle Konzertgäste.
Von Christian Höller
Schwul
Unterhaltung
News
Lifestyle
Österreich
News
Wegen Pride-Fahne: Mann bei Gemeindefest in Essen verletzt
In Essen wird auf einem katholischen Gemeindefest mindestens ein junger Mann attackiert und verletzt. Der Angreifer störte sich offenbar an einer Regenbogenfahne. Der Bischof verurteilt die Attacke.
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Musik
Unterhaltung per Dekret: Russlands Anti-Eurovision «ohne Perversion»
Schon vier Mal hat Russland wegen seines Kriegs gegen die Ukraine nicht beim Eurovision Song Contest mitsingen dürfen. Nun muss eine Konkurrenzveranstaltung her - mit interessanter Gästeliste.
Von Newsdesk/©DPA
Unterhaltung
Queerfeindlichkeit
Eurovision Song Contest
Grossbritannien
Barleute als «Gender-Polizei»? Widerstand gegen britisches Anti-trans-Gesetz
Die britische Menschenrechtskommission EHRC steht massiv in der Kritik: Ein neuer Code of Practice könnte trans Menschen aus geschlechtsspezifischen Räumen ausschliessen. Hunderte Unternehmen warnen vor Diskriminierung und Konflikten im Alltag.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
TIN
Politik