«Unser Kaffee schmeckt nach Erdbeeren»
Queere Kaffeerösterei im Porträt
Bei Simone Ernst und Denise Morf dreht sich alles um die Bohne: In der Nähe von Zürich rösten sie exquisiten Kaffee, mit dem sie sich eine (sportliche) Gemeinschaft aufgebaut haben.
Was macht ihr gerade? Aktuell tüfteln wir an neuen Ideen für unsere Events: herausfordernde Velotouren, bei denen es ums Zusammenkommen, Austauschen und einfach eine gute Zeit geht – mit Kaffee als Bindeglied für Begegnungen.
Vertical – Coffee Roasters
Wer: Simone Ernst & Denise Morf Wo: Unterlunkhofen im Reusstal, in der Nähe von Zürich, Schweiz Seit: 2010 Was: Kaffeerösterei & Catering – vertical.coffee
Vor ein paar Tagen traf uns ein Geistesblitz, als wir einen Podcast über ein spezielles Wettkampfformat hörten. Seitdem überlegen wir, wie wir das in unsere Welt übertragen können. Es wird ein Teamformat sein mit Rennen und Velofahren – mehr verraten wir noch nicht.
Wie seid ihr auf den Kaffee gekommen? Es war eine Mischung aus Zufall und Leidenschaft. Wir kommen beide aus dem Ausdauersport, und Kaffee war immer ein Fixpunkt für uns – vor, während oder nach dem Training. Ein Energielieferant, ein Ritual und etwas, das die Leute zusammenbringt.
Als wir 2007 für den Ironman-Triathlon in Hawaii waren, inspirierte uns die dortige Kaffeekultur – wie sich die Menschen vor und nach dem Training auf einen Kaffee trafen. So etwas gab’s bei uns nicht. Zurück in der Schweiz haben wir uns gedacht: Warum eigentlich nicht?
«Als wir 2007 für den Ironman-Triathlon in Hawaii waren, inspirierte uns die dortige Kaffeekultur – wie sich die Menschen vor und nach dem Training auf einen Kaffee trafen.»
Simone & Denise
Kaffee ist für uns mehr als nur ein Getränk – es ist ein soziales Produkt, das Menschen zusammenbringt. Es geht uns nicht nur um den Kaffee, sondern um das, was er ermöglicht: Gespräche, Austausch, Gemeinschaft. Genau das wollen wir fördern – bei unseren Events, in der Rösterei und überall, wo unser Kaffee getrunken wird.
Warum nennt ihr euch Vertical? Am Anfang hiessen wir noch «Gipfelstürmer Café» – das passte zu uns: raus in die Natur, rauf auf den Berg. Aber international war der Name ein Zungenbrecher. Selbst Google-Mitarbeitende sagten: «Euer Kaffee schmeckt super, aber ich kann euch nicht mal googeln!» 2017 haben wir uns dann für ein Rebranding entschieden.
Der Name «Vertical» behält unseren Spirit bei – bergauf, immer weiter. Er ist international verständlich, leicht auszusprechen und steht für unser Ziel, qualitativ hochwertigen Kaffee mit einer klaren Haltung zu verbinden. Das Blau unseres Logos symbolisiert den Himmel an einem klaren Tag – positiv, energiegeladen, aufwärtsgerichtet.
Was ist das Besondere an eurem Kaffee? Wir rösten die Bohnen heller – im Nordic-Roasting-Stil. So bleiben die natürlichen Aromen der Kaffeebohne erhalten: fruchtige und florale Noten wie Jasmin, Cassis oder Erdbeeren. Viele sind überrascht, dass Kaffee so riechen und schmecken kann. Das mag nicht jede*r. Aber unser Kaffee ist ein Nischenprodukt – wir müssen nicht für alle da sein.
«Wir rösten die Bohnen heller – im Nordic-Roasting-Stil. So bleiben die natürlichen Aromen der Kaffeebohne erhalten.»
Simone und Denise
Die Bohne ist der Kern einer Pflanze und trägt die genetische Information des Baumes in sich. Deswegen suchen wir gezielt nach hochwertigen Rohkaffees mit besonderen Aromaprofilen und legen Wert darauf, dass man die Herkunft des Kaffees herausschmeckt – ob er aus Kenia, Äthiopien oder Brasilien kommt.
Kaffee ist das klimaschädlichste Getränk. Was sagt ihr dazu? Das schleckt keine Ziege weg: Kaffee ist ein Luxusprodukt und ist umweltschädlich – klar. Er wächst nur in den Tropen, braucht weite Transporte und wird oft gedankenlos konsumiert. Wir wollen jedoch, dass die Leute ihn bewusster geniessen und seine Qualität wertschätzen.
Bei uns kommt der Kaffee von kleineren, frauengeführten Farmen, die auf Biodiversität und Nachhaltigkeit setzen. Aber am Ende kommt er von weit her, und das darf man nicht vergessen. Klimawandel und steigende Temperaturen machen den Anbau zudem immer schwieriger. Also ja, Kaffee ist ein Genuss, einer, der mit Verantwortung getrunken werden sollte.
Habt ihr einen Spezialtipp für Kaffeetrinkende? Ausprobieren, offen sein und es einfach halten! Lieber einen richtig guten Kaffee auswählen und die Zubereitung simpel halten. Es braucht keine fancy Kaffeemaschine – eine Filterkaffeemaschine oder eine Bialetti, wie sie in der Schweiz beliebt ist, reicht völlig.
Zwei kleine Tipps dazu: Für Filterkaffee eine Waage nutzen, um das perfekte Verhältnis zwischen Kaffee und Wasser hinzubekommen. Und bei der Bialetti brühendes Wasser verwenden, bevor du sie auf den Herd stellst. Mehr Zubereitungstipps für jede Sorte stehen auf unserer Webseite.
Wie schafft ihr es, euch als Liebes- und Geschäftspaar nicht auf die Nerven zu gehen? Zwischendurch gehen wir uns natürlich auf die Nerven – das bleibt nicht aus. Aber das ist okay, weil wir zwei eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Meinungen sind. Was uns hilft, ist, dass wir seit 25 Jahren zusammen sind und gemeinsam in unser Unternehmen hineingewachsen sind.
«Zwischendurch gehen wir uns natürlich auf die Nerven – das bleibt nicht aus. Aber das ist okay, weil wir zwei eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Meinungen sind.»
Simone und Denise
Jede von uns hat ihren eigenen Bereich: Simone kümmert sich ums Rösten und Catering, Denise um Bestellungen, Verpackung, die Webseite und Social Media. Wir sagen gern: Wir arbeiten immer und nie. Was wir machen, ist unsere Leidenschaft. Deshalb fliessen Arbeit und Freizeit von beiden Seiten ganz natürlich ineinander.
Zum Abschluss die Gretchenfrage: Kaffee mit Milch(schaum) oder ohne? Mal so, mal so, nach Lust und Laune.
Im Kostümladen Witte in Wien schlägt jedes Verkleidungsherz Purzelbäume. Inhaber Günther Haas hat den traditionsreichen Laden ohne grossen Plan übernommen und bietet Dinge an, die niemand wirklich braucht, aber allen Spass machen – zum Beispiel zum Pride-Shopping am 23. Mai (Teil 2 der MANNSCHAFT-Story).
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