Lesbische Liebe, Befreiung und Identität - unsere Lesetipps

Neues von Édouard Louis, Asha Thanki und Louise Morel

Zwei blonde junge Frauen lesen ein Buch auf dem Fenstersims, lesbisch
(Bild: Unsplash, Kinga Howard)

Louise Morel ermutigt zur Entdeckung der Sexualität. Édouard Louis erzählt in «Monique bricht aus» eine bewegende Geschichte von weiblicher Befreiung. Asha Thanki verwebt mystische Erbstücke und das Erbe weiblicher Resilienz.

Asha Thanki – Amlas Töchter Der erste Satz: Nadya, als du mir das erste Mal gesagt hast, dass du Kinder willst, war ich wie erstarrt.

Das Genre: Ein Generationenroman der anderen Sorte. Mystisch, zärtlich und lesbisch!

Die Handlung: Ayukta hütet seit sieben Jahren ein Geheimnis vor ihrer Frau Nadya. Die Frage, ob sie Kinder haben sollen, liess sie bisher unbeantwortet, doch nun soll Nadya die Wahrheit erfahren. Und so tauchen wir als Lesende ein ins Pakistan der 40er und durchleben die Geschichte Ayuktas Grossmutter und Mutter. 

Buchcover «Amlas Töchter» von Asha Thanki
Buchcover «Amlas Töchter» von Asha Thanki (Bild: Harper Collins)

Was Ayukta nämlich vor Nadya verheimlichte, war ihr grosses Erbe: Die Erinnerungen von all den Frauen, die vor ihr kamen – ein Ahnengedächtnis, das sich über Jahrtausende erstreckt und sowohl Bürde wie auch Geschenk ist. Denn Ayukta erlebt sowohl die Traumata wie Verlust, Gewalt, Sorgen und Flucht als auch die schönen Momente ihrer Ahninnen: Liebe, Verbindung und Resilienz. Nadya soll als erste aussenstehende von diesem Erbe erfahren. 

Das Fazit: Was wie ein schöner, zärtlicher Liebesroman beginnt, wandelt sich schon nach wenigen Seiten zu einer lehrreichen Zeitreise durch mehrere Jahrzehnte Pakistans. Anhand der Leben der Grossmutter Amla und der Mutter Arni bringt uns die Protagonistin Ayukta die Geschichte und Kultur des Landes näher. Ähnlich wie die Bücher Khaled Husseinis sind wir ganz nah am Geschehen, an den Gesprächen der Frauen, ihren Freuden, Sorgen und Wünschen für die Zukunft.

Besonders gefallen hat mir die Sprache – die Autorin Asha Thanki beschreibt das Leben sehr genau, sodass es sich leicht im Buch verschwinden lässt. Dass die Frauen der Blutlinie ihre Gabe mit einem Teppich überreicht bekommen und diesen auch anklagen und befragen, gibt der Geschichte die Mystik und das Fantastische, was lange nachhallt. – Roman, HarperCollins, 432 Seiten

Louise Morel – Lesbisch werden in zehn Schritten Die Handlung: Louise Morel lebte in bequemen, mittelguten Beziehungen mit Männern – bis sie mit fast 30 entdeckte, dass es eine Alternative gibt. In ihrem Buch ermutigt sie Frauen, ihre Verbindungen zu Frauen zu erkunden, ihr Begehren zu erforschen und sich von den Kämpfen in heterosexuellen Beziehungen zu lösen. Sie stellt unbequeme Fragen, räumt mit Mythen auf und gibt praktische Tipps. Ein Manifest für die Freiheit.

Wir finden: Zuerst spricht Louise Morel den Elefanten im Raum an: Dass ihre Aussage, sie habe sich fürs Lesbischsein entschieden, problematisch ist. Denn genauso argumentieren Homophobe: Man könne sich für die sexuelle Orientierung entscheiden, also auch dagegen.

«Wir verdienen keinen Respekt, ‹weil wir nicht anders können›. Wir verdienen Respekt. Punkt.»

Louise Morel

Für Morel ist nicht die Frage der Wahl das Problem, sondern die Einstellung, Homosexualität nur zu tolerieren, weil sie unausweichlich ist: «Wir verdienen keinen Respekt, ‹weil wir nicht anders können›. Wir verdienen Respekt. Punkt.» Und so schrieb Morel eine Orientierungshilfe, die sie sich selbst gewünscht hätte. – Roman, Ullstein, 224 Seiten

Buchcover «Lesbisch werden in zehn Schritten» von Louise Morel
Buchcover «Lesbisch werden in zehn Schritten» von Louise Morel (Bild: Ullstein)

Édouard Louis – Monique bricht aus Die Handlung: Monique hat ihr Leben lang gekämpft – gegen Armut, Abhängigkeit und die Männer, die sie erniedrigten. Nachdem sie ihren gewalttätigen Ehemann verlassen hat, bringt ihr die neue Beziehung nur neue Unterdrückung. Ihr neuer Partner trinkt, macht sie finanziell abhängig und beleidigt ihren Sohn als Schwuchtel.

Dieser überzeugt sie schliesslich zur Flucht. Mit einem kleinen Rucksack und ihrem Hund entkommt sie aus der Wohnung, ohne genau zu wissen, was die Zukunft bringt – nur mit der Entschlossenheit, sich nie wieder unterdrücken zu lassen.

Buchcover «Monique bricht aus» von Édouard Louis
Buchcover «Monique bricht aus» von Édouard Louis (Bild: S. Fischer)

Wir finden: Das französische Literaturtalent Édouard Louis erzählt mit beeindruckender Wucht eine Geschichte von weiblicher Befreiung. Seine Sprache ist direkt, präzise und mit dem nötigen Tiefgang. Der Roman zeigt, wie schwierig, aber auch wie notwendig es ist, sich aus toxischen Strukturen zu lösen. Besonders eindrücklich ist die liebevolle, manchmal unbeholfene Unterstützung des Sohnes – ein stiller, aber kraftvoller Akt der Solidarität. – Roman, S. Fischer, 160 Seiten 

Anita trifft Mathilde: Lesbische Liebe in einer religiösen Gemeinschaft? Der französische Cartoonist Paul Winck erzählt eine erstaunliche Geschichte über zwei Frauen, die sich in einer Glaubensgemeinschaft kennenlernen und verlieben (MANNSCHAFT berichtete).

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