Was bringt die Impfung gegen Tripper für MSM?

Der britische Vorstoss gilt als «weltweit einmalig»

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Symbolbild (Bild: Deagreez, Adobe Stock)

Teile Grossbritanniens ermöglichen ab August die Impfung gegen Gonorrhö. Präventionsstellen in der Schweiz und Deutschland beobachten die Entwicklung mit Interesse, aber auch mit einer gewissen Skepsis.

Ab 1. August 2025 können sich Männer, die mit Männern Sex haben (MSM), in England, Schottland und Wales gegen Gonorrhö, auch bekannt als Tripper, impfen lassen. Bei der Krankheit handelt es sich um eine sexuell übertragbare Infektion – eine Ansteckung ist jedoch bereits beim Kontakt mit infektiösen Schleimhäuten und Flüssigkeiten möglich, das heisst bereits beim Küssen.

Der Impfstoff, umgangssprachlich MenB genannt, ist nicht neu und bereits seit 2015 in der EU zugelassen als Präventionsmassnahme gegen Meningitis bei Kindern und Säuglingen. Die Erreger der Hirnhautentzündung sind eng verwandt mit jenen, die Gonorrhö auslösen – weshalb die Impfung auch bei Erwachsenen, etwa MSM, eine gewisse Schutzwirkung entfalten kann. Die britische Gesundheitsbehörde NHS spricht von einer Schutzrate zwischen 31% und 59% über drei Jahre – und rechnet mit weniger Ausgaben für die Behandlung.

Auch wenn es derzeit weder in Deutschland noch in der Schweiz Pläne für eine flächendeckende Einführung der MenB-Impfung gegen Gonorrhö gibt, wird die britische Entscheidung aufmerksam verfolgt. Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe, bezeichnet den Vorstoss auf Anfrage von MANNSCHAFT als «weltweit einmalig». In Deutschland erhalten derzeit nur schwule und bisexuelle Männer mit HIV diese Impfung – jedoch als Schutz vor Meningokokken, nicht gezielt gegen Gonorrhö.

«Wir prüfen zurzeit, für wen und unter welchen Bedingungen die Impfung sinnvoll sein könnte, und werden uns dafür einsetzen, sie auch verfügbar zu machen», so Wicht. Eine Empfehlung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) liegt bislang nicht vor – sie wäre aber Voraussetzung für eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Wer sich dennoch impfen lassen möchte, kann dies bereits jetzt auf eigene Kosten tun – am besten nach ärztlicher Beratung in einer HIV-Schwerpunktpraxis.

Auch in der Schweiz bleibt man vorerst zurückhaltend. Florian Vock von der Aids-Hilfe Schweiz verweist auf die bisher nur mässige Schutzwirkung der Impfung. Während die NHS von bis zu 59 Prozent Wirksamkeit ausgeht, spricht Vock von deutlich niedrigeren Werten zwischen 23% und 47% – und betont, dass unklar ist, wie lange der Schutz anhält. Eine Impfung sei deshalb vor allem für jene sinnvoll, die wiederholt an Gonorrhö erkranken und Symptome haben. «In solchen Fällen kann auch ein eingeschränkter Schutz eine Verbesserung bedeuten», erklärt Vock.

Gleichzeitig betont er die Bedeutung der britischen Entscheidung als Pilotversuch: «Wir sind gespannt, ob die Massnahme in England tatsächlich zu einem Rückgang der Fallzahlen führt.» Vock warnt zudem vor einem anderen Problem: Gonorrhö verlaufe zwar oft harmlos oder symptomfrei, müsse aber dennoch mit Antibiotika behandelt werden – und gerade das sei riskant, da Resistenzen zunähmen und es bereits multiresistente Erreger gebe. «Das Ziel muss sein: weniger Infektionen. Ob eine Impfung die Strategie ‹Testen & Behandeln› sinnvoll ergänzt, werden wir jetzt sehen.»

Mehr: Auch Kanton Schaffhausen will «Konversions­therapien» verbieten (MANNSCHAFT berichtete)

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