«Manchmal haben sie in der Schule noch nie von Aids gehört»

Eindrücke vom Welt-Kongress in München

Welt Aids Konferenz in München: Mit kleinen Ringen wird versucht einen Dildo zu treffen. Ein spielender Umgang mit Sexualität. (Foto:  Sabine Dobel/dpa)
Welt Aids Konferenz in München: Mit kleinen Ringen wird versucht einen Dildo zu treffen. Ein spielender Umgang mit Sexualität. (Foto: Sabine Dobel/dpa)

Bunt, lebendig und entschlossen zum Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung: So zeigen sich beim Welt-Aids-Kongress die internationale LGBTIQ-Community.

Gut 200 NGOs, Organisationen und Vertreter*innen unterschiedlicher Communitys präsentieren sich auf der Welt-Aids-Konferenz in München.

Dragqueens laden zu einem Aerobic-Workshop ein, ein Film erzählt die Geschichte eines mit HIV lebenden Kindes, Aktivist*innen werben mit Kondomen zum Mitnehmen für einen offenen Umgang mit Sexualität.

Dieser Part des Kongresses ist frei zugänglich und soll die Menschen, die sich für Anliegen der HIV-Community einsetzen, zusammenbringen. Sie eint der Kampf gegen die Weiterverbreitung des Virus, aber auch gegen Stigmatisierung und Diskriminierung.

In Film und Fernsehen werde HIV oft sehr einseitig dargestellt, so Autor Axel Schock an diesem Dienstag im Interview mit Bremen Zwei anlässlich der Konferenz. «Das neue Leben mit HIV bildet sich kaum in Filmen ab. HIV ist inzwischen eine gut behandelbare chronische Erkrankung, mit der man nicht infektiös ist und niemanden infizieren muss. Diese Art von Film-Plots tauchen nur ganz selten auf.»

Auch deshalb geht es darum auf dem Welt-Aids-Kongress in München einen lebendigen Ort zum Austausch zu schaffen und das Thema erlebbar zu machen. «HIV ist ein globales Problem», sagt Tobias Weismantel, Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe. Es sei nur zu lösen, wenn man weltweit zusammenarbeite. Es reiche nicht zu sagen, Deutschland sei ein Niedrig-Inzidenz-Land (MANNSCHAFT berichtete).

Die Konferenz, zu der gut 10’000 Teilnehmende erwartet werden, schafft Raum für Menschen, die mit HIV leben, für Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft. Am Montagabend zum Auftakt der Konferenz hatten sich die Gäste aus aller Welt bunt und kämpferisch gezeigt. «Trans-rights now» (trans Rechte jetzt), skandierte eine Gruppe am Ende der Eröffnungszeremonie, nach einem Vortrag vom ugandischen trans Mann Jay Mulucha. Er schilderte, wie gefährlich das Leben für HIV-positive trans Personen in Uganda sei. In Uganda, das bisher gute Fortschritte im Kampf gegen HIV gemacht hat, droht seit 2023 bei «schwerer Homosexualität» die Todesstrafe (MANNSCHAFT berichtete).

In einer «Silver Zone» im Global Village geht es speziell um ältere Menschen, die mit HIV leben. Diese Menschen müssten oft viele Medikamente nehmen, manche hätten eine lange HIV-Geschichte hinter sich, teils mit vielen Komplikationen, sagte der örtliche Kongresspräsident Christoph Spinner. Manche hätten noch unter dem 1994 abgeschafften «Schwulen-Paragrafen» 175 gelitten, der seinerzeit Sex zwischen Männern unter Strafe stellte.

Fernanda Galvis, Projektmanagerin von LetsstopAids aus Kanada, berichtet von Schulbesuchen. «Ich gehe in Schulen – und manchmal haben die Schüler noch nie von Aids gehört.» An dem Stand sind provokativ Dildos aufgebaut, auf die Besucher als kleines Gewinnspiel Ringe werfen können. Es gehe darum, den Umgang mit Sexualität nicht zu tabuisieren, sagte Galvis.

Nur Aufklärung und ein offener Umgang ermögliche es jungen Menschen, für sich die richtige Entscheidung zur Prävention zu treffen. Neben Kondomen setzen viele inzwischen auf die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), ein Medikament, das täglich oder gezielt vor Risikokontakten genommen werden kann und eine Ausbreitung des Virus im Körper verhindert.

Kondome, wenngleich in grosser Zahl beim Global Village an die Besucher*innen verteilt, bleiben Expert*innen zufolge eine wirksame und kostengünstige Methode zur HIV-Prävention. Doch sie werden immer weniger genutzt, wie auf der Konferenz von verschiedener Seite zu hören ist.

Noch bis zum 26. Juli kann die Welt-Aids-Konferenz in München besucht werden.

Schweizer Ex-Bundesanwalt Michael Lauber: «Eine lesbische Bundesrätin ist noch tabu». Im Interview kritisiert er die Kündigung des schwulen Lehrers in Pfäffikon (MANNSCHAFT berichtete).

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