«Liebe muss über Hass triumphieren»: Tausende feiern Malta Pride
Schon zum 20. Mal
In dieser Woche erstrahlte die Insel wieder in den Farben des Regenbogens. Tausende gingen bei der Malta Pride Parade am Samstag auf die Strasse und sorgten für Sichtbarkeit der queeren Community.
«Wir sind hier alle gemeinsam zusammen gekommen, um Einheit und Liebe zu feiern», erklärte Maria Azzopardi, Co-Präsidentin der Allied Rainbow Community Malta. «Pride ist eine Zeit des Feierns aber auch eine des Reflektierens. Wir kommen zusammen und zelebrieren unsere Identität, doch wir dürfen nicht den Weg vergessen, der uns hier hergeführt hat. Überall in der Welt werden LGBTIQ diskriminiert und angefeindet.»
Zum 20. Mal wurde in diesem Jahr auf der Insel, die katholisch geprägt ist und mehr Kirchen als Kalendertage hat, Pride gefeiert. Hier, wo sich die Besatzungsmächte über Jahrhunderte die Hand gaben und erst 1963 die Unabhängigkeit von Grossbritannien erreicht werden konnte, ist der Ausdruck der eigenen Identität ein besonderes Thema – und das betrifft genauso die Queers.
Selbst wenn die Geschichtsbücher – wie vielerorts – zwischen der Religion und den kirchlichen Orden die queere Historie Maltas vornehmlich verschweigen. Doch da ist der Adlige Jean Baptiste Francia im 19. Jahrhundert, der seine Liebe nicht öffentlich machen konnte und seinen Gefährten kurzerhand adoptierte. Da ist der einstige Stadtherr Jean de la Valette aus dem 16. Jahrhundert, der ständig mit seinem Freund Oliver Starkey gesehen wurde und letztlich auch seine letzte Ruhe neben ihm fand.
Da ist genauso die erste trans Frau, die auf Malta öffentlich bekannt wurde, Rosaria Mifsud, als sie im 18. Jahrhundert als Sexarbeiterin für Aufregung sorgte oder Anne Zammit, die versprach mithilfe eines Hühnchens jegliche Gebrechen heilen zu können – insofern die entsprechenden Personen sich für sie ausziehen und sich ihr hingaben.
Erstaunlicherweise hat sich die queere Seite der Insel über die Zeit auch in der Gesetzgebung niedergeschlagen. Seitdem gleichgeschlechlicher Sex im Jahr 1973 entkriminalisiert wurde, gab es grosse Fortschritte im Bereich LGBTIQ-Rechte. Heute zählt die Mittelmeerinsel zu den fortschrittlichsten Ländern in Bezug auf rechtliche Gleichstellung. Über die Gründe sprachen wir dem ehemaligen LGBTIQ-Aktivisten Clayton Mercieca (MANNSCHAFT+).
Seit der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft 2014 und der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare 2017 (MANNSCHAFT berichtete) hat Malta immer wieder unter Beweis gestellt, dass es sich aktiv für die Rechte von Minderheiten einsetzt – und das dieses Engagement auch zu einer grossen Akzeptanz führen kann.
Dazu beigetragen hat auch die Malta Pride Parade, die erstmals 2004 stattfand. Seitdem hat sich die Veranstaltung stetig weiterentwickelt und ist von einer kleinen Demonstration zu einem der grössten LGBTIQ-Events im Mittelmeerraum geworden. Jedes Jahr ziehen zahlreiche Menschen durch die Strassen Vallettas, um ein Zeichen für Vielfalt, Akzeptanz und Liebe zu setzen. Seit drei Jahren wird zudem auf der Nachbarinsel Gozo eine Parade durchgeführt, die eine Woche vor der in Valetta stattfindet.
Nach einer Woche voller Pride-Veranstaltungen fand die diesjährige Parade in Valetta am Samstag statt. Circa 15’000 Menschen kamen zusammen, tanzten auf den vier Floats, trugen die 20 Meter lange Prideflagge oder nahmen zu Fuss teil – und das überwiegend friedlich.
Es gab zwar einen Hassprediger, der seine homophoben Ansichten vor dem Beginn der Parade äusserte, allerdings liess der Gegenprotest nicht lange auf sich warten. Immer wieder kamen gleichgeschlechtliche Paare zusammen und küssten sich vor dem Mann – unterstützt von dem Jubeln der Masse. Eine Person hielt ein Schild hoch mit der Aufschrift: «Ich muss nicht irgendwo hineinpassen. Ich wurde geboren, um aufzufallen.»
Abgerundet wurde das Event von einem Konzert lokaler Musikgrössen und einigen Dragqueens wie Olivia Lilith und Miss Penny. Abseits der Parade gab es am Abend die «Love Hearts»-Aftershow Party in Marrakech – ebenfalls mit diversen Life-Permormances.
Allerdings wurde in diesem Jahr nicht nur der stetige Verbesserungsprozess gefeiert, sondern genauso auf noch bestehende Probleme hingewiesen. «Wir haben keine Garantie, dass es so weitergeht und müssen weiter kämpfen», sagte Azzopardi. «Wir müssen uns weiter für Gleichheit einsetzen, hier und überall. Liebe muss über Hass triumphieren. Pride hat als Protest angefangen und in gewisser Weise ist es das noch immer.»
Ein Fortschritt den die Community als nächstes anstrebt, ist freie Prep-Medikamentierung. Malta ist das Land mit einer der höchsten Raten an HIV-Diagnosen – 15,9 pro 100’000 Menschen, verglichen mit einem europäischen Durchschnitt von 3,7 pro 100’000. Dennoch ist kein Zugang zu Medikamenten gesichert.
In Österreich ist die Prep seit 1. April kostenfrei – mit Einschränkungen. Die SPÖ fordert rasche Nachbesserungen und den Zugang für 190’000 ausgeschlossene Landesbedienstete (MANNSCHAFT berichtete).
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