Kampf um queere Hochburg Wien läuft
Republik am Scheideweg
Die Wahlen für den Wiener Gemeinderat werden auf den 27. April vorgezogen. Für Queers ist der Urnengang wichtig. Denn Wien gilt als die letzte grosse queere Hochburg in Österreich, die vor der queerfeindlichen FPÖ geschützt werden soll.
In Österreich überschlagen sich die politischen Ereignisse. Zum ersten Mal seit 1945 wird die rechtsextreme und queerfeindliche FPÖ aller Voraussicht nach den nächsten Bundeskanzler stellen (MANNSCHAFT berichtete). Daher hat sich nun die traditionell von der SPÖ regierte Stadt Wien entschlossen, die Gemeinderatswahlen auf den 27. April vorzuziehen.
«Wir sind ein Gegenmodell zu dem, was auf Bundesebene geschieht.»
Bürgermeister Michael Ludwig
Die Republik Österreich stehe an einem Scheideweg, betonte Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig. «Wir sind ein Gegenmodell zu dem, was auf Bundesebene geschieht.» Wien ist mit zwei Millionen Einwohner*innen die grösste Stadt Österreichs. Wien ist Hauptstadt und Bundesland zugleich. Für Queers sind die Wiener Landtagswahlen von enormer Bedeutung. Denn die Metropole gilt als die letzte grosse queere Hochburg Österreichs, die vor der queerfeindlichen FPÖ geschützt werden soll. In Wien gibt es zahlreiche queere Vereine und Organisationen.
Hinzu kommen die grosse Regenbogenparade, das Pride Village, Kongresse und viele andere queere Veranstaltungen. Diese werden von der SPÖ regierten Stadt Wien massgeblich unterstützt. Ein Sieg der FPÖ in Wien hätte für queere Menschen schlimme Auswirkungen. SPÖ-Bürgermeister Ludwig möchte, dass Wien weiterhin eine weltoffene und queerfreundliche Stadt bleibt.
Völlig anders ist die Haltung der queerfeindlichen FPÖ. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp ist für seine queerfeindliche Haltung bekannt (MANNSCHAFT berichtete). Laut Nepp würde der SPÖ-Bürgermeister durch die vorgezogene Wahl selbst eingestehen, «katastrophal gescheitert» zu sein. Die FPÖ ist vergangenen September bei den Parlamentswahlen zur stimmenstärksten Partei aufgestiegen. Die Rechtsextremen verhandeln nun mit der konservativen ÖVP über die Bildung einer neuen Regierung. Neuer Bundeskanzler soll FPÖ-Chef Herbert Kickl werden. Diese möchte Österreich nach dem Vorbild von Ungarn umbauen. Dort sind in den vergangenen Jahren zahlreiche queerfeindliche Gesetze beschlossen werden (MANNSCHAFT berichtete).
Bereits in fünf von neun österreichischen Bundesländern arbeiten FPÖ und ÖVP zusammen. Die FPÖ hofft, auch bei den Gemeinderatswahlen in Wien Nummer eins zu werden. Ursprünglich hätten die Wahlen im Herbst stattfinden sollen. Doch Wiens Bürgermeister Ludwig möchte einen monatelangen Wahlkampf verhindern und hat sich daher entschieden, den Urnengang auf April vorzuziehen. Die neue österreichweite FPÖ-ÖVP-Regierung plant ein milliardenschweres Sparpaket, das auch ärmere Teile der Bevölkerung treffen würde. Die Wiener SPÖ hofft, dass sich aufgrund des Sparpakets viele frustriere Wähler*innen von der FPÖ abwenden werden. Ob dieses Kalkül aufgeht, wird sich im April zeigen.
Für Queers wäre ein möglicher Sieg der FPÖ in Wien eine Katastrophe. Denn FPÖ-Politiker*innen möchten die Unterstützung für queere Vereine und Veranstaltungen einstellen. Wiens FPÖ-Chef Nepp forderte in der Vergangenheit von SPÖ-Bürgermeister Ludwig ein klares Bekenntnis «gegen diese linke Transgender-Propaganda». Es müsse «Schluss damit sein, Kindern und Jugendlichen zu propagieren, dass Transgender bzw. Geschlechtsumwandlungen etwas ganz Normales sind. Denn es gibt nur die biologischen Geschlechter Mann und Frau und sonst nichts. Darüber herrscht wissenschaftlicher Konsens. Daher ist jegliche gegenteilige Indoktrinierung von Kindern fernzuhalten», behauptete der Wiener FPÖ-Obmann.
«Dieser Schwachsinn, dass man sich von heute auf morgen als Manderl, als Weiberl fühlen kann – und in Deutschland geht es so weit, da kommen Schüler und sagen: Ich fühle mich jetzt als siebenmonatiger Fuchs – da kann ich nicht mit», sagte Nepp.
Der FPÖ-Spitzenpolitiker forderte daher, dass die Stadt Wien mit der Genderei aufhören» solle «und zu einer normalen Anrede zurückkehren» möge. Niemand solle zu einer sexuellen Orientierung «gutmenschlich» gedrängt werden. Kinder dürften laut Nepp nicht mit dem «Blödsinn» indoktriniert werden, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe und sie jederzeit ihr Geschlecht ändern könnten. Schützenhilfe erhält Wiens FPÖ-Chef auch von konservativen ÖVP-Kreisen. So haben sich in der Vergangenheit auch konservative ÖVP-Politiker*innen dafür ausgesprochen, dass Förderungen für queere Projekte eingestellt werden
Bei der letzten Gemeinderatswahl in Wien lag die FPÖ im einstelligen Bereich, hinter SPÖ, ÖVP, Grünen und sogar noch hinter den NEOS.
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