LGBTIQ-Weltverband straft israelisches Mitglied ab

Die Entscheidung führt zu Protesten

01.06.2023 in Jerusalem (Foto: Ilia yefimovich/dpa)

In einer Dringlichkeitssitzung am vergangenen Wochenende beschloss der Vorstand von ILGA einstimmig, die nächste Weltkonferenz nicht in Tel Aviv abzuhalten.

The Aguda, ILGA-Mitgliedsorganisation aus Israel, hatte vorgeschlagen, die nächste Weltkonferenz in Tel Aviv auszurichten. Bei der bevorstehenden Weltversammlung in Kapstadt, Südafrika, Mitte November wird darüber nun nicht mehr abgestimmt.

Auf der Sitzung beschloss ILGA ausserdem, die israelische Organisation als Mitglied auszuschliessen. Hintergrund ist offenbar die Eskalation in Nahost, die auf das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 zurückgeht. Der Konflikt spaltet immer mehr die LGBTIQ-Community, auch in Deutschland (MANNSCHAFT berichtete).

Das Schweigen der Mitglieder

MANNSCHAFT hat die ILGA-Mitgliedsorganisationen LSVD+ (Deutschland) und Pink Cross (Schweiz) um ein Statement gebeten, doch beide wollen sich bisher nicht äussern. Man erklärt, ILGA sei frei in den Entscheidungen, wo sie ihre Konferenzen veranstalte – es sei völlig «egal, ob wir das mittragen». Zudem kenne man «die Zusammenhänge nicht». Offenbar ist man von der ILGA-Entscheidung überrascht worden.

Bis vor kurzem war Aguda, der Dachverband der LGBTIQ-Community in Israel, eine Mitgliedsorganisation von ILGA World, wie etwa der LSVD. Aguda konnte also offiziell den Vorschlag unterbreiten, die Weltkonferenz 2026 in Israel stattfinden zu lassen. Das wurde ILGA World nun aber offenbar politisch zu heikel.

Im Vorfeld der bevorstehenden Konferenz in Südafrika erklärte der Verband nun, man habe von verschiedenen Stellen «erhebliche und berechtigte Bedenken hinsichtlich der Bewerbung einer Mitgliedsorganisation um die Ausrichtung der Weltkonferenz in Tel Aviv, Israel, im Jahr 2026 oder 2027» erhalten.

ILGA wolle «sicherstellen, dass wir die universelle Achtung der Menschenrechte uneingeschränkt wahren». Die Bewerbung aus Israel werde nicht angenommen und auch nicht zur Abstimmung gestellt, da festgestellt wurde, dass sie «im Widerspruch zu den in unserer Verfassung festgelegten Zielen und Zielen der ILGA World steht», heisst es in der Erklärung weiter.

Der ILGA-Weltvorstand überprüfe die Einhaltung der eigenen Verfassung durch die Aguda und habe beschlossen, die israelische Organisation aus der Mitgliedschaft auszuschliessen, um dies zu ermöglichen.

ILGA geht sogar soweit, sich dafür zu entschuldigen, Tel Aviv überhaupt als Austragungsort der Konferenz in Erwägung gezogen zu haben. «Wir wissen, dass die Berücksichtigung des Antrags Ärger und Schaden für unsere Communities verursacht hat … Wir erkennen die historische Erfahrung mit Apartheid und Kolonialismus in Südafrika an: Selbst die Möglichkeit, dort über einen solchen Antrag abzustimmen, wäre umstritten gewesen angesichts unserer eindeutigen Solidarität für das palästinensische Volk.»

«Wir fordern ILGA World dringend auf, ihre diskriminierende Entscheidung sofort zurückzuziehen.»

In den Sozialen Medien, wo ILGA die Entscheidung bekanntgab, wurde viel Kritik laut. «Toller Schachzug», schreibt ein User bei Instagram sarkastisch: «Boykottieren wir eines der fortschrittlicheren Länder im Nahen Osten, um ein anderes Land zu unterstützen, in dem die Scharia gelten würde». Ein andere meint: «Gebt es einfach zu: Ihr kapituliert vor dem Antisemitismus.»

«A Wider Bridge», eine pro-israelische US-amerikanische LGBTIQ-Organisation, bezeichnete in einer ersten Reaktion die ILGA-Entscheidung als «empörend und inakzeptabel». ILGA verstosse gegen eigene Grundprinzipien. «Wir fordern ILGA World dringend auf, ihre diskriminierende Entscheidung sofort zurückzuziehen.»

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