Ich kannte viele Schwule, die Angst vor Erpressung hatten

Jürgen Prochnow ist heute stolz auf seine Rolle in «Die Konsequenz»

Foto: Warner Bros
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Heute kennen ihn viele aus «Das Boot». Der Schauspieler Jürgen Prochnow ist aber besonders stolz auf einen Film über Homosexualität, der in der Gesellschaft etwas bewegt hat.

In «Die Konsequenz» (1977) spielte er einen schwulen Schauspieler: Martin Kurath sitzt im Gefängnis. Er hatte eine Beziehung mit einem Jugendlichen. Bei einem Theaterprojekt lernt er den 16-jährigen Sohn eines Gefängnisaufsehers kennen und verliebt sich.

Damals war der Film eine Sensation und für viele ein Affront, wie Prochnow jetzt im Interview mit B.Z. sagte. «Homosexualität war 1976 streng verboten, es gab noch den Paragrafen 175, weshalb dieser Film auch ein grosses Wagnis war. Als der Film im November 1977 im Fernsehen gezeigt wurde, schaltete sich der Bayerische Rundfunk sogar aus und strahlte etwas anderes aus.»



Doch einen Monat später konnte «Die Konsequenz» mit grossem Erfolg im Kino gezeigt werden und hatte eine ungeheure Resonanz, so Prochnow. Mit vielen berührenden Briefen, von denen einige später in einem Buch «Die Resonanz» erschienen sind.

Heute sei er sehr stolz auf den Film, aber damals musste er lange überlegen, bei dem Film mitzumachen. «Ich wusste ja, wie mit Homosexualität in der Gesellschaft umgegangen wurde und kannte viele Kollegen und Freunde, die homosexuell waren und in ständiger Angst lebten, entdeckt oder erpresst zu werden», so Prochnow, der im letzten Jahr seinen 80. Geburtstag feierte (MANNSCHAFT berichtete)

Es musste eine Intimität hergestellt werden, dir mir auf diese Weise nie begegnet ist.

Auch hatte er damals überhaupt keine Erfahrung damit, einen Mann zu küssen. «Es war etwas völlig Neues, auf das man sich erst einlassen musste. Es musste ja eine Intimität hergestellt werden, dir mir auf diese Weise nie begegnet ist. Dazu kam, dass wir in einem echten Knast gedreht haben. Da hat man mit den Häftlingen, die teilweise als Komparsen dabei waren, die Tage verbracht. Einige haben versucht, Beziehungen herzustellen, damit wir ihnen etwas reinschmuggeln.» Das sei nicht einfach gewesen, so Prochnow.

1975 war der Roman von Alex­an­der Ziegler erschienen: «Die Kon­se­quenz» über das Schei­tern einer schwulen Liebe am Wi­der­stand einer ver­ständ­nis­lo­sen Umwelt. Der junge deutsche Film­pro­du­zent Bernd Eichin­ger und der spätere Hol­ly­wood­re­gis­seur Wolfgang Petersen er­kann­ten das fil­mi­sche Po­ten­ti­al: Die Haupt­rol­le besetzte er mit Jürgen Prochnow, der als einer der ersten Star­schau­spie­ler über­haupt im deutsch­spra­chi­gen Raum eine ernste Schwu­len­rol­le übernahm, wie auf schwulengeschichte.ch nachzulesen ist.

«Die Konsequenz» erscheint am 9. Juni erstmals digitalisiert auf DVD und Blu-Ray, mit einem 16-seitigen Booklet.

Rosa von Praunheims Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» feierte vor 50 Jahren bei der Berlinale seine Uraufführung (MANNSCHAFT berichtete).

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