«Wiener Erklärung» wendet sich gegen geschlechtliche Vielfalt

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Lindner spricht von einer «Schande!»

Wien: Rosenkranz empfängt Orban
Rosenkranz (re) empfängt Orban in Wien (Bild: Tobias Steinmaurer/APA/dpa)

Die rechte FPÖ ist für ihre Bewunderung Viktor Orbans bekannt. Sie teilt dessen Anti-Migrations-Kurs und die Russland-Nähe. Orbans Besuch im Parlament in Wien erhitzt die Gemüter. Auch die «Wiener Erklärung» hat es in sich.

Die Politiker nennen sich «Allianz der Patrioten»

Ungeachtet der Kritik mehrerer Parteien hat Österreichs frisch gewählter Parlamentspräsident Walter Rosenkranz von der rechten FPÖ als ersten Gast den ungarischen Regierungschef Viktor Orban empfangen. Orban traf sich im Nationalrat mit Rosenkranz und einer grösseren FPÖ-Delegation unter Führung von Parteichef Herbert Kickl. Das Gespräch dauerte nach Angaben des Parlaments etwa eine halbe Stunde. Danach hätten sich Orban und Kickl noch zu einem von der Partei organisierten Treffen zurückgezogen, hiess es.

Das Treffen stiess auf den scharfen Protest von Grünen, Sozialdemokraten und liberalen Neos. Die FPÖ sehe Orban als Vorbild an, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Sigrid Maurer. «Das muss uns ein absolutes Warnsignal sein.»

SPÖ-Chef Andreas Babler meinte: «Der frisch gewählte Nationalratspräsident Rosenkranz macht seiner Eigenbezeichnung als ,Parteisoldat' alle Ehre, wenn er als ersten Gast ausgerechnet jenen Mann empfängt, der unser Nachbarland in eine korrupte Elitenherrschaft umgebaut hat.» Die FPÖ bezeichnete die Reaktionen als «künstliche Aufregung».

Die Rechtspopulisten hatten die jüngste Nationalratswahl gewonnen (MANNSCHAFT berichtete). Da die stimmenstärkste Fraktion laut Gepflogenheiten den Parlamentspräsidenten stellen darf, wurde Rosenkranz vergangene Woche in das zweithöchste Staatsamt gewählt.

Anlass des Besuchs von Orban in Wien ist die Teilnahme an einer von der Schweizer Wochenzeitung Weltwoche organisierten Diskussion zu geopolitischen Fragen. An der Veranstaltung am späten Nachmittag soll auch der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder teilnehmen. Orban und Schröder gelten beide als Freunde des russischen Präsidenten Wladimir Putin

Im Zuge des Zusammentreffens unterzeichneten Viktor Orbán, Vorsitzender von Fidesz und ungarischer Ministerpräsident, und Herbert Kickl, Bundesparteiobmann der FPÖ, in den Räumlichkeiten des Bundespartei- und Klubobmanns im Parlament die «Wiener Erklärung», wie es in einer Pressemitteilung heisst.

Die Erklärung wendet sich gegen «das Ausmass illegaler Migration sowie den organisierten Missbrauch des Asylrechtes» als grösste Bedrohungen für die gewachsene Kultur Europas.

«Wir wenden uns ganz klar dagegen, dass es neben Frau und Mann noch eine absurde Vielzahl anderer Geschlechter geben soll.»

Weiter heisst es: «Wir wenden uns auch ganz klar dagegen, dass es neben Frau und Mann noch eine absurde Vielzahl anderer Geschlechter geben soll und dass Kinder schon in jüngsten Jahren ihrer geschlechtlichen Identität durch linke Erziehungsexperimente verlustig gehen könnten.»

Die «Allianz der Patrioten» will, dass sich das Projekt der Europäischen Union «auf seine tatsächlichen Zielsetzungen fokussiert: Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für möglichst alle Bürger sicherzustellen».

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner kritiisierte die Erklärung: «Die FPÖ träumt von einem Umbau unserer Republik nach ungarischem Vorbild. Kickl will auch in Österreich auf Minderheiten losgehen, die Demokratie abbauen und sich vom europäischen Projekt abwenden. Das ist eine Schande!»

Es sei keine neue Erkenntnis, «dass die FPÖ inzwischen schamlos Orbans zentrale Taktik kopiert haben: Hetze auf Minderheiten und Eliten, um von einer Politik abzulenken, die nur für Großkonzerne und die reichsten Prozent der Bevölkerung arbeitet - Angriffe auf die freie Justiz, Zerschlagung des Sozialstaats und Ruin des Gesundheitswesens inklusive.»

Lindner weiter: «Gerade aus Sicht der LGBTIQ Community wissen wir, welche konkreten Folgen diese Hass-und-Hetze-Ideologie auf unzählige Menschen in unserem Nachbarstaat hat. Wir alle müssen diesem Rechtsaussen-Schulterschluss zur Spaltung unserer Gesellschaft mit voller Kraft entgegentreten!» (mit dpa)

Ein FPÖ-Politiker aus dem niederösterreichischen Bezirk Melk sorgt mit einer Bildcollage für Aufregung: Darin vergleicht er eine Pride-Veranstaltung mit der Hitlerjugend und spricht von Indoktrination (MANNSCHAFT berichtete).

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