Bundesrat Jans: «Die Aids-Hilfe Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte»
Am 13. Juni feierte die Aids-Hilfe Schweiz ihr 40-jähriges Jubiläum in Zürich mit einem traditionellen Quilt-Ritual und vielen prominenten Gästen.
«Morgens beerdigen wir unsere Freunde, nachmittags demonstrieren wir und nachts tanzen wir.» Mit diesem Zitat erinnerte Geschäftsleiter Andreas Lehner in seiner Rede an die Geburtsstunde der Aids-Hilfe Schweiz. Beim Ausbruch der Aids-Krise in den Achtzigerjahren sprachen die Medien von einer «Schwulenseuche», homosexuelle Männer wurden massiv stigmatisiert und Unterstützungsstrukturen fehlten. Die Aids-Hilfe Schweiz entstand am 2. Juni 1985 als Initiative aus der Community – angetrieben von Solidarität, Selbsthilfe und dem Bedürfnis, nicht tatenlos zuzusehen (MANNSCHAFT berichtete).
Mit einer interdisziplinären Fachtagung und einem grossen Jubiläumsfest im Landesmuseum Zürich feierte die Organisation am 13. Juni ihr 40-jähriges Bestehen im Beisein von rund 700 Gästen, darunter Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG), und Bundesrat Beat Jans.
Der Abend voller Reden, Musik und Performances startete mit einem traditionellen Quilt-Ritual. Den Auftakt bildete ein berührendes Quilt-Ritual: Mitglieder der Community breiteten Decken mit den eingenähten Namen Verstorbener aus – Namen, die zugleich laut vorgelesen wurden, als Zeichen des Gedenkens.
Bundesrat Jans erinnert sich an die kontroversen Plakatmotiven der Aids-Hilfe Schweiz, die in den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren für heftige Diskussionen sorgten – und für Sichtbarkeit. Persönlich ist das Thema für ihn auch eng verbunden mit dem Verlust eines Freundes an Aids. «Es ist schön, 40 Jahre später hier zu sein und zu sehen, wie weit wir gekommen sind», sagt er im Interview mit MANNSCHAFT. «Die Aids-Hilfe Schweiz ist eine riesige Erfolgsgeschichte.»
Heute ist die Aids-Hilfe Schweiz eine Schnittstelle zwischen Menschen mit HIV und Fachpersonen, Politik und Behörden und ist ein Kompetenzzentrum für HIV und weitere sexuell übertragbare Krankheiten (STI). Die medizinische Betreuung von Menschen mit HIV hat sich seit der Einführung der antiretroviralen Therapie entscheidend verbessert. Dank wirksamer Behandlung kann die Vermehrung des Virus im Körper so weit unterdrückt werden, dass HIV im Blut nicht mehr nachweisbar ist. In diesem Zustand ist das Virus auch sexuell nicht mehr übertragbar. Dieser Fortschritt markiert einen Meilenstein in der HIV-Prävention, der in der Schweiz 2008 als erstes Land weltweit von Behörden und Fachleuten offiziell anerkannt wurde – bekannt als das «Swiss Statement».
Trotz dieser Fortschritte sei HIV nicht überwunden, schreibt die Aids-Hilfe Schweiz in einer Medienmitteilung zu ihrem Jubiläum. Diskriminierung, Unwissen und strukturelle Hürden bestehen fort. Auf diese Herausforderungen geht auch Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit, in ihrer Festrede am Jubiläum ein: «Erfolgreiche Gesundheitspolitik grenzt niemanden aus! Was für die Aids-Krise galt, ist auch heute noch wichtig.» Die Bekämpfung von HIV-Infektionen und Infektionen mit anderen STI – bleibe eine zentrale Aufgabe.
«HIV ist bis heute nicht heilbar – aber mit Therapie leben Menschen mit HIV heute so lang und gesund wie Menschen ohne HIV. Die grösste Herausforderung in der Schweiz bleibt die Diskriminierung. Deshalb dürfen wir nicht nachlassen: im Kampf gegen Stigmatisierung und in der Prävention von HIV und anderen STI», betont Geschäftsleiter Andreas Lehner.
Für Paola Riva Gapany, Präsidentin der Aids-Hilfe Schweiz, war der Tag ein Moment des Ausblicks: «Früher dachte ich: Wenn es uns eines Tages nicht mehr braucht, haben wir alles richtig gemacht. Heute weiss ich, dass sexuelle Gesundheit immer ein Thema bleiben wird», sagte sie in ihrer Rede. «HIV bleibt zentral – aber wir sind inzwischen thematisch breiter aufgestellt, entwickeln uns weiter und bleiben dran.»
Bis 2030 soll die Zahl der Neuinfektionen mit HIV in der Schweiz auf Null gebracht werden. «Die Politik muss Kampagnen und Forschung unterstützen und gemeinsam mit Kantonen und Gemeinden wirksame Präventionsmassnahmen aufgleisen», so Jans. Die Verantwortung liege jedoch nicht allein beim Staat: «Auch jede und jeder Einzelne ist gefragt – durch Aufklärung, Sensibilisierung und das Weitertragen von Wissen.»
Mehr: Hat es die heutige LGBTIQ-Jugend leichter oder schwerer? Um diese Frage dreht sich die Pride-Ausgabe von «Verzaubert» im Rahmen der Zurich Pride (MANNSCHAFT berichtete)
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